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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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die Tür zu, und ich fuhr weiter um den Block.
    Als ich wiederkam, war sein Wagen fort. Ich parkte einige Blocks weiter in einer schmalen Nebenstraße und ging zurück, glitt unterwegs langsam in meine nächtliche Haut. Im Nachbarhaus brannte kein Licht, und ich nahm die Abkürzung durch den Garten. Hinter Reikers Zuhause stand ein kleines Gästehaus, und der Dunkle Passagier flüsterte
Studio
in mein inneres Ohr. In der Tat war es die ideale Umgebung für einen Fotografen, und ein Studio war exakt der richtige Ort, um belastendes Material zu finden. Und weil sich der Passagier in diesen Dingen selten irrt, knackte ich das Schloss und trat ein.
    Alle Fenster waren von innen verhängt, aber im dämmrigen Schein der offenen Tür konnte ich eine Dunkelkammereinrichtung erkennen. Der Passagier hatte Recht behalten. Ich schloss die Tür und drückte auf den Lichtschalter. Ein gedämpftes rotes Licht durchflutete den Raum, gerade hell genug, um etwas erkennen zu können. Die üblichen Schalen und Flaschen mit Chemikalien standen neben einer kleinen Spüle, und links befand sich ein sehr netter Arbeitsplatz mit PC und einer Ausrüstung für digitale Bildbearbeitung. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Aktenschrank mit vier Schubladen, und ich beschloss, dort zu beginnen.
    Nach zehnminütigem Durchblättern von Fotos und Negativen hatte ich nichts Belastenderes als ein paar Dutzend Fotos von nackten Babys auf einem weißen Fell gefunden, Bilder, die gemeinhin als »süß« bezeichnet werden, selbst von Menschen, die Pat Robertson für zu liberal halten. Soweit ich das beurteilen konnte, barg der Aktenschrank keine Geheimfächer, und mir fiel keine andere Stelle auf, an der man Fotos verstecken konnte.
    Mir blieb nur wenig Zeit; ich konnte nicht riskieren, dass Reiker nur kurz zum Laden gefahren war, um einen Viertelliter Milch zu kaufen. Er konnte jeden Moment zurück sein und beschließen, in seinen Akten zu blättern und sich an den Bildern der lieben kleinen Elfen zu erfreuen, die er auf Film eingefangen hatte. Ich ging zum PC .
    Neben dem Bildschirm stand ein CD -Regal, und ich prüfte die Scheiben eine nach der anderen. Nach einer Hand voll mit Programmen und weiteren handbeschrifteten, auf denen GREENFIELD oder LOPEZ stand, fand ich es.
    »Es« war ein leuchtend rosa Schmuckkästchen. Auf der Vorderseite des Kastens stand in sauberen Buchstaben NAMBLA 9/04.
    Es ist durchaus möglich, dass es sich bei NAMBLA um einen seltenen lateinamerikanischen Familiennamen handelt. Doch außerdem steht es für North American Man Boy Love Association, eine warmherzige und kuschelige Unterstützerorganisation, die Pädophilen dabei behilflich ist, sich ein positives Selbstbild zu bewahren, indem sie ihnen versichert, dass das, was sie tun, vollkommen natürlich ist. Nun, selbstverständlich ist es das – ebenso wie Kannibalismus und Vergewaltigung, also ehrlich. Man darf das nicht. Ich steckte die CD ein, schaltete das Licht aus und glitt zurück in die Nacht.
    Daheim in meiner Wohnung benötigte ich nur wenige Minuten, um herauszufinden, dass die CD eine Verkaufshilfe war, die vermutlich zu NAMBLA -Versammlungen mitgenommen und dort einer Reihe ausgewählter anspruchsvoller Oger angeboten wurde. Die Bilder darauf waren zu so genannten Daumenkinos arrangiert, Miniaturserien von Schnappschüssen, ganz ähnlich den alten Bildkarten, die schmutzige alte Männer im Viktorianischen Zeitalter durchzublättern pflegten. Jedes der Fotos war absichtlich verschwommen, so dass man sich die Einzelheiten vorstellen, sie aber nicht deutlich erkennen konnte.
    Und o ja: Einige der Bilder waren professionell beschnittene und bearbeitete Versionen derjenigen, die ich auf MacGregors Boot entdeckt hatte. Obgleich ich die roten Cowboystiefel nicht gefunden hatte, hatte ich doch genug entdeckt, um dem Harry-Code zu genügen. Reiker hatte es auf die A-Liste geschafft. Mit einem Lied im Herzen und einem Lächeln auf den Lippen trollte ich mich ins Bett, wo ich glücklich darüber nachdachte, was Reiker und ich morgen Nacht tun würden.
     
    Am nächsten Morgen, Samstag, stand ich ein wenig spät auf und machte einen Dauerlauf durch das Viertel. Nach einer Dusche und einem herzhaften Frühstück ging ich einige notwendige Dinge einkaufen – eine frische Rolle Paketband, ein rasiermesserscharfes Filetiermesser, nur das Nötigste. Und da sich der Passagier reckte und streckte, um hellwach zu werden, besuchte ich ein Steakhaus zu einem späten

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