Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
mir damit nur eine Menge zusätzlicher Arbeit beschert, ehe er seine Frau schließlich mit einer Astschere erledigte. Eine wahrhaft widerliche Sauerei, und es geschah ihm nur recht, dass sie ihn am Flughafen schnappten.
    Eine ordentliche Zerstückelung ist vor allen Dingen
sauber,
das sage zumindest ich immer. Keine Blutlachen und kein festgetrocknetes Fleisch an den Wänden. Das beweist einen Mangel an Klasse.
    Ich beendete meine Arbeit am Tatort rechtzeitig, um in mein kleines Kabuff im forensischen Labor zurückzukehren und meine Notizen auf den Schreibtisch zu legen. Ich würde sie am Montag abtippen und den Bericht erstellen, es eilte nicht. Weder Mörder noch Opfer würden in der Zwischenzeit irgendwo hingehen.
    Und dann durch die Tür zum Parkplatz und in meinen Wagen, frei, durchs Land zu streifen, wie es mir gefiel. Niemand, der mir folgte oder mir Bier einflößte oder mich zwang, Dinge zu tun, die ich lieber unterlassen hätte. Niemand, der sein unwillkommenes Licht auf Dexters Schatten richtete. Ich konnte wieder ich sein, Dexter Entfesselt, und der Gedanke war wesentlich berauschender als Ritas Bier und Mitgefühl. Ich hatte dieses Gefühl schon viel zu lange nicht mehr erlebt, und ich gelobte mir, es niemals wieder für selbstverständlich zu halten.
    An der Ecke Douglas und Grand brannte ein Auto, und eine kleine begeisterte Menge hatte sich zum Gaffen versammelt. Ich teilte ihre gute Laune, während ich mir einen Weg durch den von Rettungswagen verursachten Stau bahnte und nach Hause fuhr.
    Zu Hause bestellte ich mir eine Pizza und machte mir einige sorgfältige Notizen zu Reiker; wo nach Beweisen zu suchen war, welche Art Beweis reichen würde – ein Paar roter Cowboystiefel wären sicherlich ein guter Anfang. Ich war mir beinahe hundertprozentig sicher, dass er derjenige war; pädophile Raubtiere neigen dazu, Geschäft und Vergnügen zu verbinden, und Kinderfotografie war ein perfektes Beispiel. Aber »beinahe hundertprozentig« war nicht sicher genug. Und so ordnete ich meine Gedanken in einer sauberen kleinen Akte – nichts Belastendes natürlich, und alles würde noch vor der Vorführung vollständig vernichtet werden. Montagmorgen würde kein einziger Hinweis mehr auf das existieren, was ich getan hatte, abgesehen von einem neuen Objektträger in dem Kasten auf meinem Regal. Ich verbrachte eine glückliche Stunde mit der Planung und einer riesigen Anchovispizza, und dann, als der fast volle Mond durch die Fenster zu murmeln begann, wurde ich ruhelos. Ich spürte, wie die eisigen Finger des Mondlichts mich liebkosten, an meinem Rückgrat kitzelten, mich hinaus in die Nacht drängten, um die Muskeln des Raubtiers zu dehnen, die viel zu lange untätig gewesen waren.
    Und warum nicht? Es konnte nichts schaden, hinaus in den kichernden Abend zu gleiten und ein oder zwei Blicke zu riskieren. Zu beschatten, ungesehen zu beobachten, sich auf Katzenpfoten über Reikers Wildpfade zu schleichen und Witterung aufzunehmen – es wäre ebenso klug wie lustig. Der Dunkle Pfadfinder Dexter musste bereit sein. Außerdem war Freitagabend. Gut möglich, dass Reiker das Haus verließ, um sich irgendeiner geselligen Aktivität hinzugeben – zum Beispiel dem Besuch eines Spielzeugladens. Wenn es so war, konnte ich mich ins Haus schleichen und mich umsehen.
    Und so zog ich meine beste dunkle Nachtjägerkleidung an und nahm die Abkürzung von meiner Wohnung über den Main Highway und durch den Grove zur Tigertail Avenue und hinunter zu dem bescheidenen Haus, in dem Reiker wohnte. Das Viertel bestand größtenteils aus kleinen Betonquaderhäusern, und seines schien sich nicht von den anderen zu unterscheiden; etwas zurückgesetzt, was gerade noch Platz für eine kurze Einfahrt ließ. Sein Wagen stand darauf, ein kleiner roter Kia, was mir Hoffnung machte. Rot wie die Stiefel; es war seine Farbe, ein Zeichen, dass ich mich auf der richtigen Spur befand.
    Ich fuhr zweimal am Haus vorbei. Beim zweiten Mal brannte die Innenbeleuchtung seines Wagens, und ich kam gerade rechtzeitig, um einen kurzen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, während er in das Auto stieg. Es war kein besonders beeindruckendes Gesicht; mager, fast kinnlos und zum Teil von langen Koteletten und einer großen Brille verdeckt. Ich konnte nicht sehen, was er an den Füßen trug, aber soweit ich es angesichts des Rests von ihm beurteilen konnte, mochten es sehr wohl Cowboystiefel sein, um ihn etwas größer wirken zu lassen. Er stieg ein und zog

Weitere Kostenlose Bücher