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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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einer Mischung aus Pfirsich und Wassermelone schmeckt.
    Mein Leben war genauso prima wie das ihre, deshalb bestellte ich dasselbe. Da wir Stammgäste waren und den größten Teil unseres Lebens hier verbrachten, entriss uns der alternde, unrasierte Kellner die Speisekarten mit einer Miene, die als Vorbild für Deborah hätte dienen können, und stapfte wie Godzilla auf dem Weg nach Tokio in die Küche.
    »Alle sind so glücklich und zufrieden«, bemerkte ich.
    »Wir sind hier nicht in der Sesamstraße, Dex. Das hier ist Miami. Hier sind nur die bösen Jungs glücklich.« Sie sah mich ausdruckslos an, der perfekte Cop-Blick. »Wie kommt’s, dass du nicht lachst und singst?«
    »Unfreundlich, Deb. Sehr unfreundlich. Ich bin schon seit Monaten artig.«
    Sie trank einen Schluck Wasser. »Mhm. Und es macht dich wahnsinnig.«
    »Viel schlimmer als das«, sagte ich schaudernd. »Ich glaube, es macht mich normal.«
    »Du willst mich veräppeln«, sagte sie.
    »Traurig, aber wahr. Ich bin zum Stubenhocker geworden.«
    Ich zögerte, dann platzte ich damit heraus. Wenn ein Junge seine Probleme nicht mit seiner Familie besprechen kann, wem soll er sich dann anvertrauen? »Es ist Sergeant Doakes«, sagte ich.
    Sie nickte. »Der hat dich echt auf dem Kieker«, sagte sie. »Du solltest ihm lieber aus dem Weg gehen.«
    »Das würde ich ja gerne«, beteuerte ich. »Aber er geht MIR nicht aus dem Weg.«
    Ihr Cop-Blick wurde härter. »Was willst du dagegen unternehmen?«
    Ich klappte den Mund auf, um alles zu leugnen, was ich mir ausgedacht hatte, aber zum Glück für meine unsterbliche Seele wurden wir von Debs Funkgerät unterbrochen, ehe ich sie anlügen konnte. Sie legte den Kopf auf die Seite, schnappte sich das Gerät und meldete, sie sei unterwegs. »Komm schon«, knurrte sie und wandte sich zum Ausgang. Lammfromm zockelte ich hinter ihr her und blieb nur stehen, um ein wenig Geld auf den Tisch zu werfen.
    Als ich aus dem Relampago trat, setzte Deb bereits den Wagen aus der Parklücke. Ich eilte hinüber und hechtete zur Tür. Sie fuhr los und vom Parkplatz hinunter, bevor ich mit beiden Beinen drin war. »Wirklich, Deb«, mahnte ich. »Ich hätte beinahe einen Schuh verloren. Was ist denn so wichtig?«
    Deborah runzelte die Stirn, während sie durch eine kleine Lücke im Verkehr beschleunigte, die nur ein Fahrer aus Miami zu nutzen gewagt hätte. »Weiß ich nicht«, antwortete sie, während sie die Sirene einschaltete.
    Ich zwinkerte und hob meine Stimme über den Lärm. »Hat dir die Zentrale nichts gesagt?«
    »Hast du das Gestammel aus der Leitzentrale schon mal gehört, Dexter?«
    »Nein, wieso, Deb? Stottert der?«
    Deb kurvte um einen Schulbus und donnerte auf die 836. »Ja«, erwiderte sie. Sie riss das Steuer herum, um einem BMW voller junger Männer auszuweichen, die ihr alle den Mittelfinger zeigten. »Ich glaube, es ist ein Mord.«
    »Glaubst du«, sagte ich.
    »Ja«, antwortete sie, und dann konzentrierte sie sich aufs Fahren, und ich ließ sie. Hohe Geschwindigkeit gemahnt mich stets an meine Sterblichkeit, zumal auf den Straßen Miamis. Und was den Fall des Stotterers in der Leitzentrale anging – nun, Sergeant Nancy Drew und ich würden bald genug mehr wissen, besonders bei dieser Geschwindigkeit, und ein wenig Aufregung ist immer erfreulich.
    Deborah schaffte uns ohne größere Verluste an Menschenleben innerhalb äußerst kurzer Zeit hinüber zur Orange Bowl, und wir fuhren über ein paar Nebenstraßen und bogen einige Male ab, bevor wir in die Einfahrt eines kleinen Hauses an der NW 4th Street schleuderten. Die Straße war gesäumt von ähnlichen Häusern, alle klein und dicht nebeneinander, jedes mit einer eigenen Mauer oder einem Maschendrahtzaun. Viele waren leuchtend bunt gestrichen und hatten gepflasterte Höfe.
    Vor dem Haus parkten bereits zwei Streifenwagen mit flackernden Lichtern. Zwei Polizisten in Uniform waren dabei, das gelbe Absperrband um den Tatort zu spannen. Als wir ausstiegen, sah ich, dass ein dritter Polizist auf dem Vordersitz eines Wagens saß und den Kopf in den Händen verbarg. Der vierte stand auf der Veranda des Hauses neben einer alten Dame. Zwei kleine Stufen führten auf die Veranda, und sie saß auf der oberen. Sie schien abwechselnd zu weinen und sich zu erbrechen. Irgendwo in der Nähe heulte ein Hund, den gleichen Ton, wieder und wieder.
    Deborah marschierte hinüber zum nächststehenden Beamten, einem untersetzten Mann mittleren Alters mit dunklen Haaren und einem

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