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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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in seinen eigenen Garten. Astor rannte auf mich zu und umarmte mich, und Cody zockelte hinterher, beobachtete, ohne jeden Gefühlsausdruck. »Hi«, sagte er mit seiner leisen Stimme.
    »Seid gegrüßt und heil euch, Bürger«, rief ich. »Lasst uns unsere offiziellen Togen überstreifen. Cäsar ruft in den Senat.«
    Astor legte den Kopf schief und betrachtete mich, als hätte ich gerade vor ihren Augen eine rohe Katze verspeist. Cody sagte nur: »Was?«, sehr leise.
    »Dexter?«, fragte Astor.
»Warum
dürfen wir nicht mit dir auf die Party gehen?«
    »Also erstens«, erklärte ich, »müsst ihr morgen zur Schule. Und zweitens handelt es sich um eine Erwachsenenparty, fürchte ich.«
    »Willst du damit sagen, dass nackte Mädchen dort sein werden?«, fragte sie.
    »Für was hältst du mich eigentlich?«, sagte ich und schaute sie finster an. »Glaubst du, ich würde jemals auf eine Party
ohne
nackte Mädchen gehen?«
    »Iiiiiiiih«, kreischte sie, und Cody flüsterte: »Ha.«
    »Aber noch wichtiger ist, dass die Leute dort albern tanzen und abscheuliche Hemden tragen werden, und das solltet ihr nicht mit ansehen. Ihr würdet euren ganzen Respekt vor den Erwachsenen verlieren.«
    »Welchen Respekt?«, fragte Cody, und ich schüttelte ihm die Hand.
    »Gut gesagt«, lobte ich. »Jetzt geh in dein Zimmer.«
    Endlich kicherte Astor. »Aber wir möchten auf die Party«, sagte sie.
    »Ich fürchte, das geht nicht«, sagte ich. »Aber ich habe euch etwas mitgebracht, damit ihr nicht davonlauft.« Ich reichte ihr eine Rolle Necco Wafers, unsere Geheimwährung. Sie würde sie später gerecht mit Cody teilen, versteckt vor allen neugierigen Blicken. »Nun denn, junges Gemüse«, sagte ich. Sie sahen mich erwartungsvoll an. Aber dann blieb ich stecken, bebend vor Neugier auf die Antwort, aber nicht im Geringsten sicher, ob und wie ich überhaupt fragen sollte. Ich konnte ja nicht gut sagen: »Ach übrigens, Cody, ich habe mich gefragt, ob du gerne tötest?« Selbstverständlich war es genau das, was ich wissen wollte, aber es schien nichts zu sein, was man zu einem Kind sagen konnte – besonders nicht zu Cody, der im Allgemeinen so gesprächig wie eine Kokosnuss war.
    Aber seine Schwester Astor schien häufig für ihn zu sprechen. Die Zwänge ihrer mit einem gewalttätigen Oger als Vater verbrachten frühen Kindheit hatten zwischen ihnen eine symbiotische Beziehung geschaffen, die so eng war, dass sie aufstieß, wenn er Soda trank. Was immer in Cody vorgehen mochte, Astor würde in der Lage sein, es auszusprechen.
    »Kann ich eine sehr ernste Frage stellen?«, sagte ich, und sie wechselten einen Blick, der ein ganzes Gespräch ersetzte, sagten aber kein Wort. Dann nickten sie mir zu, beinahe als säßen ihre Köpfe auf derselben Tischfußballstange.
    »Der Nachbarshund«, begann ich.
    »Hab ich doch gesagt«, erwiderte Cody.
    »Er hat ewig die Mülltonnen umgeworfen«, sagte Astor. »Und in unseren Garten gekackt. Und Nicky wollte immer, dass er uns beißt.«
    »Und deshalb hat sich Cody um ihn gekümmert?«, fragte ich.
    »Er ist der Junge«, erklärte Astor. »Er tut so was gern. Ich schau nur zu. Wirst du es Mom erzählen?«
    Da war es.
Er tut so was gern
. Ich musterte die beiden, die mich so sorglos ansahen, als hätten sie mir gerade anvertraut, dass sie lieber Vanille- als Erdbeereis aßen. »Ich werde eurer Mom nichts sagen«, versicherte ich. »Aber ihr dürft es nie jemandem erzählen. Niemals. Nur wir drei, kein anderer, verstanden?«
    »Okay«, sagte Astor mit einem kurzen Blick auf ihren Bruder. »Aber warum, Dexter?«
    »Die meisten Menschen würden es nicht verstehen«, erklärte ich. »Nicht mal eure Mom.«
    »Du schon«, flüsterte Cody fast hauchend.
    »Ja«, bestätigte ich. »Und ich kann helfen.« Ich atmete tief ein und spürte das Echo, das durch meinen Körper hallte, von den Jahren damals mit Harry herüber zu mir im Hier und Heute. Wir hatten unter dem gleichen Abendhimmel Miamis gestanden, Harry und ich, als er dieselben Worte zu mir sagte. »Wir müssen dich in den Griff kriegen«, sagte ich, und Cody sah mich mit seinen großen Augen unverwandt an und nickte.
    »Okay«, sagte er.

[home]
    23
    V ince Masuoka besaß ein kleines Haus in North Miami, am Ende einer Sackgasse jenseits der 125th Street. Es war hellgelb gestrichen, mit blassvioletten Rahmen, was mich ernsthaft an meinem Geschmack in puncto Kollegen zweifeln ließ. Im Vorgarten standen ein paar außerordentlich gut frisierte Sträucher, und

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