Dunkler Engel
weiß, dass ich mit Hunden Gassi gehen soll, aber mit Katzen ... ja, ich verstehe. Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästigt habe. Auf Wiederhören.«
Er konnte Mike beauftragen, das zu tun. Derek war schließlich an diesem Abend nicht im Dienst. Mike würde es möglicherweise sogar gerne machen, weil er dadurch die Gelegenheit hätte, eine Zigarette zu rauchen. Derek traute Mike allerdings nicht über den Weg. Wenn Rachel ihre neue Katze direkt wieder verlor, würde sie ihn dafür verantwortlich machen.
Mit einem tiefen Seufzer steckte Derek ihren Schlüssel in seine Tasche.
Später an diesem Abend schlich Derek sich zu seinem neuen Job und ging hinauf in Rachels Apartment. Er schloss die Tür auf. Das Erste, was ihm auffiel, waren das Durcheinander und die Unordnung. Er selber lebte in der spartanischen Einfachheit eines Soldaten. Alles an seinem Platz. Rachel lebte nach einer völlig anderen Philosophie -
alles überall.
Ihre Klamotten waren im ganzen Wohnzimmer verteilt, unter und über Charts, Zeitungen, Büchern und leeren Wasserflaschen. Das Geschirr war zwar abgewaschen, aber es stapelte sich noch in der Spüle. Als er so dastand und sich umsah, hatte er das Gefühl, dass irgendetwas fehlte. Er wusste zuerst nicht was, aber dann wurde ihm klar, dass es hier nichts von Rachel gab. Nichts Persönliches. Keine Bilder, die die Wände schmückten - nur eine alte, hässliche Korkpinnwand. Keine Blumen in der Vase. Keine gemütlichen Kissen auf dem Sofa. Auf ihre Art und Weise lebte sie ähnlich wie er. Sie lebte hier gar nicht. Sie arbeitete hier. Was bedeutete, dass sie nirgendwo »lebte«. Ihr Leben war ihre Arbeit. Genau wie sein früheres Leben es gewesen war.
Er schüttelte die Gedanken ab, die bittersüße Erinnerungen mit sich brachten. Er wollte das hier hinter sich bringen. Es wurde Zeit, die verfluchte Katze zu finden. Er fand die Leine und das, was er für das Geschirr hielt, auf der Anrichte in der Küche. Ungläubig betrachtete er die Vorrichtung und schüttelte den Kopf. Was war nur aus der Welt geworden?
»Hey, Katze«, rief Derek gereizt.
Keine Antwort.
Vor Wut kochend schaute Derek hinter Stühle und unter Möbel, wobei er in immer gereizterem Ton immer wieder »Katze!« rief.
Dann warf er einen Blick ins Schlafzimmer, und da war die Katze. Sie lag eingerollt auf Rachels Bett und schlief.
Derek hatte Katzen noch nie leiden können. Die Leute zu seiner Zeit glaubten, dass Katzen niederträchtige Tiere waren, die mit Hexen unter einer Decke steckten und für schwarzmagische Riten benutzt wurden. Er hatte solchen abergläubischen Unsinn niemals geglaubt, aber er mochte es nicht, wie Katzen einen ansahen, so als wüssten sie etwas über einen, das man nicht wusste.
Gerade als er das dachte, wachte die Katze auf und schaute ihn mit nervtötender Klugheit an. Derek blickte auf die Kreatur. Er hatte nicht die geringste Idee, wie er ihr das Geschirr anlegen sollte. Dann fiel ihm ein, wie er früher Pferden das Geschirr angelegt hatte. Sicher würde er es auch bei diesem Pelzball schaffen.
Derek hielt das Geschirr in der rechten und die Katze mit der linken Hand fest. So könnte es gehen. (Er wünschte sich eigentlich, dass die Katze weglaufen würde, dann könnte er Rachel erzählen, dass er es nicht geschafft hatte, sie zu fangen). Die Katze hingegen blieb auf dem Bett, und Derek packte sie am Genick. Er beäugte erst die Katze, dann das Geschirr und fing an, ihr das Geschirr über den Kopf zu ziehen.
»Sie ziehen es mir falsch herum an, Sir.« Er hörte die Stimme nicht laut. Er hörte sie in seinem Kopf. Die Stimme hatte einen vertrauten Klang. Derek starrte auf die Katze. Die Katze starrte zurück.
»Ich bin es, Gebieter.« Die Stimme klang betrübt. »Erkennen Sie mich nicht? Natürlich nicht, so wie ich aussehe. Aber meine Stimme.
Meine Stimme müssten Sie eigentlich erkennen, Sir.«
Derek sah die Katze an.
»Verdammt, ich werd verrückt! Sampson!«
»Was für eine Aus drucks weise, Sir. Und Sie nennen sich selber einen Engel. Ich bin Ihr Partner«, fügte die Katze aufgeregt hinzu.
»Engel William hat die Anfrage eingereicht, und Erzengel Michael hat mich geschickt, um Ihnen zu helfen.«
Einen Cherub! Und dazu noch einen, der in den ganzen himmlischen Hallen als schusselig und unzuverlässig bekannt war.
Ehrgeizig und begeisterungsfähig, vielleicht, aber unzuverlässig.
Derek war stinksauer.
Sein neuer Partner, der sich jetzt bequem in Rachels Apartment verstecken konnte,
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