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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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anderen.«
    »Ich würde mir von Herzen wünschen, daß es Quinlan war«, sagte Hester mit Nachdruck, als sie die Straße überquert hatten und über den Rasen gingen. »Ein wahrhaft widerwärtiger Mann! Warum, in aller Welt, hat Eilish den Kerl geheiratet? Jeder Idiot kann sehen, wie sehr sie ihn verabscheut – und das ist kein Wunder! Meinen Sie, daß Hector betrunken war?«
    »Natürlich war er betrunken. Der ist immer betrunken, der arme Kerl.«
    »Ich möchte wissen warum«, sagte sie nachdenklich und beschleunigte den Schritt, um mit ihm mithalten zu können.
    »Was ist mit ihm passiert? Mary hat gesagt, er war genauso schneidig wie Hamish und sogar der bessere Soldat.«
    »Neid, vermute ich«, antwortete er nicht besonders interessiert. »Jüngerer Bruder, niedrigerer Dienstgrad, Hamish war der Erbe und scheint außerdem mehr Köpfchen, mehr Talent gehabt zu haben.«
    Sie hatten die gegenüberliegende Seite des Platzes erreicht und bogen in die Glenfinlas Street.
    »Ich meine, glauben Sie, er war so betrunken, daß er Unsinn geredet hat?« ließ sie nicht locker.
    »Was meinen Sie?«
    »Das Geheimzimmer natürlich«, antwortete sie ungeduldig. Wieder hatte sie Mühe, mit ihm Schritt zu halten, und streifte dabei eine Frau mit einem Einkaufskorb. »Warum hätte Hamish in der Druckerei ein Geheimzimmer einrichten sollen?«
    »Was weiß ich? Um illegale Bücher zu verstecken!«
    »Was für Bücher könnten das sein?« fragte sie atemlos. »Sie meinen gestohlene Bücher? Das ergibt keinen Sinn.«
    »Natürlich keine gestohlenen Bücher. Staatsgefährdende, blasphemische Bücher, höchstwahrscheinlich pornographische Bücher.«
    »Oh… oh, ja, ich verstehe.«
    »Nein, ich glaube nicht, daß Sie verstehen.«
    Sie ignorierte seine Bemerkung. »Bringt man deshalb jemanden um?«
    »Wenn’s recht anschaulich ist, und es genug Bücher sind«, antwortete er. »Das Zeug kann eine Menge wert sein.«
    Zwei Herren überquerten vor ihnen die Straße, einer der beiden schwenkte einen Spazierstock.
    »Sie meinen, man könnte es für viel Geld verkaufen?« Sie konnte ganz schön hartnäckig sein. »Das glaube ich nicht.«
    Er verzog das Gesicht. »Ich muß mich wundern, daß Sie überhaupt wissen, was das ist.«
    »Ich war immerhin Krankenschwester bei der Armee«, entgegnete sie beleidigt.
    »Aha.« Einen Moment lang war er verwirrt, aus dem Gleichgewicht gebracht. Er wollte sich nicht vorstellen, daß sie von solchen Dingen wußte oder so etwas schon einmal gesehen hatte. Frauen, insbesondere anständige Frauen, sollten niemals mit den obszönen Ausgeburten der finstersten menschlichen Phantasien konfrontiert werden. Ganz unbewußt beschleunigte er den Schritt, beinahe wäre er mit einem Ehepaar zusammengestoßen. Der Mann blickte ihn böse an und brummte etwas in seinen Bart.
    Hester trabte im Laufschritt neben ihm her.
    »Wollen wir danach suchen?« fragte sie, nach Luft schnappend. »Bitte gehen Sie doch langsamer. In dem Tempo kann ich weder reden noch zuhören.«
    Er kam ihrer Aufforderung ziemlich abrupt nach.
    »Ich werde danach suchen«, sagte er und blieb stehen. »Sie nicht.«
    »Doch.« Es war eine simple, renitente, störrische Äußerung, weder eine Frage noch eine Bitte.
    »Nein. Es könnte gefährlich werden…«
    »Warum. Morgen ist niemand dort und heute erst recht nicht! Der Sonntag ist ihnen heilig.«
    »Ich gehe heute abend, wenn es dunkel ist.«
    »Natürlich. Es wäre absurd, wenn wir bei Tageslicht gehen würden, wo jeder uns sehen könnte.«
    »Sie gehen nicht mit!«
    Sie verursachten mittlerweile einen kleinen Stau auf dem Gehsteig.
    »Und ob ich mitgehe. Sie brauchen meine Hilfe. Wenn es wirklich ein Geheimzimmer ist, dann dürfte es nicht so leicht zu finden sein. Wir müssen die Wände nach Hohlräumen abklopfen oder Schränke zur Seite…«
    »Also gut!« fauchte er. »Aber Sie tun, was ich Ihnen sage!«
    »Natürlich.«
    Er schnaubte und ging noch eiligeren Schrittes weiter.
    Es war kurz vor elf und stockdunkel – abgesehen von dem Licht der Laterne, die Hester trug –, als sie und Monk endlich in der großen Druckerei standen und sich an ihre Aufgabe machten. Da sie keinen Schlüssel hatten, hatten sie einbrechen müssen. Es hatte eine Weile gedauert, aber Monk besaß einige Fähigkeiten auf diesem Gebiet, wie Hester fassungslos feststellen mußte, zumal er mit keinem Wort erwähnte, wo er sie sich angeeignet hatte. Wahrscheinlich konnte er sich daran nicht erinnern.
    Über eine Stunde lang

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