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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ihnen ließ jemand mit lautem Knall ein Gesangbuch fallen. Niemand hob den Blick.
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie die Familie kennen.« Die Stimme der Frau, die vor Hester saß, verriet Interesse, und sie wandte ein wenig den Kopf, um besser verstehen zu können, falls ihre Nachbarin ins Detail gehen sollte.
    »O doch, sehr gut sogar.« Die Nachbarin nickte, die Fasanenfedern an ihrem Hut zitterten. »Ein stattlicher Mann. Ganz anders als dieser armselige Bruder. Der trinkt doch wie ein Loch, und Talent hat er für gar nichts. Der Oberst war ein richtiger Künstler, wissen Sie?«
    Ein älterer Herr warf ihnen einen finsteren Blick zu, aber sie ließen sich nicht stören.
    »Ein Künstler? Das wußte ich gar nicht! Er hat doch die Druckerei aufgebaut.«
    »O ja, das hat er auch! Aber er war auch ein Künstler. Hat wunderbar gezeichnet mit seiner Feder. Karikaturen, wissen Sie? Was ist der arme Major doch für eine erbärmliche Gestalt daneben. Gar kein Talent, außer dafür, sich bei der Familie durchzufressen, seit der Oberst tot ist.«
    Hester beugte sich vor und tippte ihr auf die Schulter.
    Sie drehte sich erschrocken um, rechnete mit einer erneuten Ermahnung, nicht in der Kirche zu reden.
    »Soll ich Ihnen einen Stein geben?« bot Hester ihr an.
    »Wie bitte?«
    »Einen Stein«, wiederholte Hester klar und deutlich.
    »Wozu?«
    »Um damit zu werfen«, erwiderte Hester. Und für den Fall, daß sie immer noch nicht verstanden hatte: »Auf Hector Farraline.«
    Das Gesicht der Frau lief dunkelrot an. »Also hören Sie mal!« Der Gottesdienst begann. Er war ausgesprochen feierlich und fromm, mit einer langen Predigt über die Sünden der Fahrlässigkeit und der Leichtfertigkeit.
    Das sonntägliche Mahl am Ainslie Place war nicht so üppig, wie es das in einer wohlhabenden Londoner Familie gewesen wäre. Auch das Personal war in der Kirche gewesen, und so gab es zwar genug, aber nur Kaltes zu essen. Niemand fühlte sich zu einem Kommentar bemüßigt. Alastair sprach als Familienvorstand ein kurzes Gebet, dann wurde zum kalten Fleisch kaltes Gemüse gereicht. Eine Zeitlang verlor niemand ein Wort über Marys Bauernhof und die Pacht, über Arkwright und die Frage von Bairds Schuld in dieser oder einer anderen Sache.
    Baird selber schien seinen Verstand und seine Gefühle abgeschaltet zu haben, wie ein Mann, der seinen Tod bereits akzeptiert hatte.
    Eilish sah trostlos aus. Doch sie war immer noch schön. Keine Verzweiflung konnte daran etwas ändern, aber das Licht, in dem sie erstrahlt war, schien für immer erloschen zu sein.
    Deirdra hatte tiefe Ringe der Schlaflosigkeit unter den Augen. Ständig blickte sie vom einen zum anderen, als suchte sie Erleichterung in ihren Gesichtern und konnte sie nicht finden.
    Oonagh war kreidebleich. Alastair machte einen zutiefst unglücklichen Eindruck, und Hector griff so häufig wie immer nach seinem Weinglas, aber er schien hartnäckig nüchtern bleiben zu wollen. Nur Quinlan konnte dem allen offensichtlich noch eine gewisse Befriedigung abgewinnen.
    »Wir können es nicht länger vor uns herschieben«, sagte er schließlich. »Es müssen Entscheidungen getroffen werden.« Er sah Monk an. »Ich nehme an, Sie fahren nach London zurück? Wenn nicht morgen, dann doch die nächsten Tage. Sie werden sicher nicht in Edinburgh bleiben wollen. Wir haben keine Bauernhöfe mehr, um uns Ihr Schweigen zu erkaufen.«
    »Quinlan!« fuhr Alastair wütend dazwischen und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ein bißchen mehr Anstand, wenn ich bitten darf!«
    Quinlan hob die Augenbrauen. »Ist es denn eine anständige Angelegenheit? Da gehen unsere Vorstellungen ein bißchen auseinander, Prokurator! Ich halte die Sache für höchst unanständig. Was schlägst du vor? Daß wir uns darauf einigen, Stillschweigen zu bewahren, damit der Verdacht für immer auf Miss Latterly lastet?« Er wandte sich an Hester. »Wäre Ihnen das recht, Miss Latterly? Sie würden kaum wieder eine Stelle finden. Außer bei jemandem, dem das baldige Ableben eines Patienten am Herzen liegt.«
    »Natürlich möchte ich gerne, daß der Fall geklärt wird«, erklärte Hester, während der Rest der Gesellschaft in entgeistertem Schweigen verharrte. »Aber ich will keinesfalls, daß jemand auf der Anklagebank sitzt, der genauso unschuldig ist wie ich. Es gibt gewisse Verdachtsmomente gegen Mr. McIvor, aber ich finde sie nicht sehr zwingend.« Sie wandte sich an Alastair. »Oder sind sie zwingend, Herr Staatsanwalt? Würden Sie

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