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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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antwortete er, und seine dunklen Augen hielten ihrem Blick stand. »Für so etwas war Mary nicht der Mensch.«
    »Und ob sie das war!« erwiderte Alastair und sah Oonagh sogleich reumütig an, weil er genau wußte, was er da gesagt hatte.
    »Ich denke, das müssen wir jetzt nicht erörtern«, entschied Oonagh. »Wir kennen die Wahrheit nicht…« Zum erstenmal meldete sich Hester zu Wort.
    »Mrs. Farraline hat während der Reise ein paarmal von Mr.
    McIvor gesprochen, und jedesmal mit großer Zuneigung«, sagte sie sehr ruhig. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Erpressungsgelder gezahlt hat, nur um die Familie vor einem Skandal zu bewahren. Wenn sie das getan hätte, dann hätte sie ihn doch verachten, vielleicht sogar bitten müssen, Edinburgh zu verlassen…«
    »Vielen Dank für Ihren Kommentar, Miss Latterly«, bemerkte Alastair trocken, »aber ich glaube wirklich nicht, daß Sie über ausreichend Informationen verfügen, um…«
    »Doch, das tut sie!« fiel Deirdra ihm ins Wort, aber bevor sie etwas hinzufügen konnte, fuhr Alastair ihr über den Mund und wandte sich an Monk.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, Mr. Monk. Haben Sie Beweise für das, was Sie uns erzählt haben?«
    »Nein.«
    »In dem Fall würde ich vorschlagen, daß Sie über die Sache Stillschweigen bewahren, bis wir entschieden haben, was zu tun ist. Morgen ist Sonntag. Nach der Kirche erwarten wir Sie zum Essen. Bei der Gelegenheit können wir die Angelegenheit zu Ende diskutieren. Guten Tag, Mr. Monk, Miss Latterly.«
    Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Entlassung zu akzeptieren. Monk und Hester gingen durch die Halle, vorbei an dem großen Porträt von Hamish und traten hinaus in den stetig fallenden Regen.

12
    Monk und Hester einigten sich schnell darauf, am Sonntagmorgen ebenfalls zur Kirche zu gehen. Monk ging es nicht um den Gottesdienst. Mit religiösen Dingen befaßte er sich nicht, aber es war eine weitere Gelegenheit, die Farralines zu beobachten. Hester fragte er nicht nach ihren Gründen.
    Sie waren zu Fuß vom Grassmarket heraufgekommen. Die Gemeinde versammelte sich gerade, als sie ankamen.
    Sie reihten sich hinter einer stämmigen Matrone ein, die ein ausgesprochen schlichtes Kleid trug und sich auf den Arm eines grimmig dreinblickenden Mannes stützte.
    Hester schaute sich um. Es war nicht leicht, die Frauen der Familie Farralme zu erkennen, denn die Damen trugen natürlich Hüte oder Hauben. Die Männer waren leichter auseinanderzuhalten. Es dauerte nicht lange, da hatte Hester Alastairs blondes Haar mit der kahler werdenden Stelle am Hinterkopf entdeckt. Als spürte er ihre Blicke im Rücken, drehte er sich halb zu ihnen um, aber er wollte nur dem Ehepaar zunicken, das vor ihnen ging. »Guten Morgen, Herr Prokurator«, bemerkte die Frau steif. »Ein schöner Tag heute, nicht wahr?« Es war eine förmliche Feststellung. Es war merklich kühler geworden, und eben fielen die ersten Tropfen.
    »In der Tat, Mrs. Bain«, antwortete er. »Sehr angenehm. Guten Morgen, Mr. Bain.«
    »Guten Morgen, Herr Prokurator.« Der Mann neigte respektvoll den Kopf und ging weiter.
    »Der arme Mann«, sagte die Frau, sobald sie außer Hörweite waren. »Was für eine schreckliche Geschichte!«
    »Bitte, halte dich zurück, Martha«, entgegnete der Mann spitz. »Mußt du ausgerechnet hier zu tratschen anfangen? Dazu noch am heiligen Sonntag. In der Kirche sollte man den Mund halten!«
    Sie errötete, verzichtete aber auf eine Rechtfertigung.
    Monk nahm Hesters Arm und führte sie zu einer Bank zwei Reihen hinter den Farralines. Ihm fiel auf, wie viele Leute Alastair zunickten oder ihm auf andere Weise ihren Respekt zollten. Diejenigen, die ihn ansprachen, flüsterten und nannten ihn bei seinem Titel.
    »Was für ein kluger Mann«, raunte eine Frau direkt vor Monk ihrer Nachbarin zu. »Ich bin froh, daß er Mr. Galbraith nicht angeklagt hat. Ich hab’ ihn immer für unschuldig gehalten. Ich glaube nicht, daß ein Gentleman wie er zu so etwas fähig wäre.«
    »Genauso wie der Sohn von Mrs. Forbes«, erwiderte ihre Nachbarin. »Das war doch wohl eher eine Tragödie als ein Verbrechen.«
    »Genau. Das ist dem Mädchen doch ganz recht geschehen. Ich kenne die Sorte.«
    »Die kennen wir alle, meine Liebe. Ich hatte auch mal so ein Hausmädchen. Ich mußte mich natürlich von ihr trennen.«
    »Sein Vater war auch so ein feiner Mann.« Ihr Blick war zu Alastair zurückgekehrt. »Was für ein Jammer.«
    Orgelmusik erklang. Links von

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