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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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überzeugt, daß er verurteilt werden würde, aber dann hatte der oberste Staatsanwalt die Beweise für nicht ausreichend befunden und das Verfahren eingestellt. Galbraith war das Gefängnis erspart geblieben, aber nicht die Schande – zumindest nicht in der öffentlichen Meinung. Aber was konnte der Staatsanwalt dafür?
    Und Mrs. Farraline?
    Sie war eine wirkliche Dame gewesen! Jede ihrer Eigenschaften hatte Bewunderung verdient – ihre Würde, ihre Höflichkeit allen Menschen gegenüber; jegliche Arroganz lag ihr fern, ob arm oder reich, jeder hatte mit ihrer Liebenswürdigkeit rechnen dürfen. Wenn das keine guten Eigenschaften waren. Immer elegant, niemals protzig.
    Und ihr persönlicher Ruf?
    Machen Sie keine Witze! Wem käme in Verbindung mit Mrs. Farraline solch eine Frage in den Sinn? Charmant, der Familie treu ergeben. Nun ja, in jungen Jahren war sie eine bildhübsche Frau gewesen, und natürlich hatte sie Bewunderer gehabt! Ihr fehlte es nicht an Temperament und Lebensfreude, aber das hatte nichts mit unschicklichem oder gar skandalösem Benehmen zu tun!
    Natürlich nicht. Und die jetzige Generation?
    Nicht übel, aber nicht diese Qualität, bis auf Miss Oonagh. Sie war auch eine Dame. Wie ihre Mutter: Ruhig, stark, loyal zu ihrer Familie stehend – und obendrein noch klug. Manche sagten, sie habe mit der Leitung der Firma mindestens soviel zu tun wie ihr Mann. Da könnte was dran sein. Und wenn es so wäre – wen ginge das etwas an?
    Bewaffnet mit seinem ganzen Wissen über den gesellschaftlichen Status der Familie und ihren guten Ruf kehrte Monk zum Ainslie Place zurück, aber nichts davon brachte ihn einer Antwort auf die Frage nach Mary Farralines Mörder näher.
    McTeer empfing ihn höflich. Er betrachtete ihn jetzt mit diskretem Interesse, wenn auch immer noch mit sichtlichem Mißfallen. Wie bei früheren Gelegenheiten wurde er in den Salon geführt, wo sich der größte Teil der Familie bereits versammelt hatte. Nur Alastair schien zu fehlen.
    Oonagh begrüßte ihn mit dem Anflug eines Lächelns um die Lippen.
    »Guten Abend, Mr. Monk.« Sie trat ihm mit ruhigem Blick entgegen, viel zu offen und intelligent, um schmeichlerisch im herkömmlichen Sinn zu sein, aber die Tatsache, daß sie interessiert genug an ihm war, um ihm mehr als nur höfliche Aufmerksamkeit zu schenken, wog in seinen Augen mehr als das herausfordernde Getändel manch anderer Frauen. »Wie geht es Ihnen?«
    »Danke, sehr gut. Edinburgh ist wirklich eine bemerkenswerte Stadt«, erwiderte er und fand dabei eine ausgewogene Mischung aus Wärme im Blick und Artigkeit auf den Lippen.
    Sie wandte sich um, und er folgte ihr, um mit den anderen höfliche Floskeln über Gesundheit und Wetter und andere Trivialitäten auszutauschen, mit denen die Menschen sich behelfen, wenn sie sich nichts Wichtiges zu sagen wissen.
    An diesem Abend war auch Hector Farraline anwesend. Er sah abstoßend aus. Sein Gesicht war so bleich, daß die Sommersprossen sich beinahe plastisch von den Wangen abhoben, und die Augen hatten rote Ränder. Jemand, der so krank aussieht, trinkt mindestens eine Flasche Whisky am Tag, dachte Monk. Bei einem solchen Quantum würde er sich bald zu Tode getrunken haben. Er saß mit leicht gespreizten Beinen auf dem größten Sofa und beobachtete Monk mit mißtrauischem Interesse, als versuche er, dessen Rolle in dem Spiel einzuschätzen.
    Monk betrachtete Deirdra mit demselben Vergnügen wie beim letztenmal. Sie war wirklich eine höchst bemerkenswerte Frau, aber selbst ihr bester Freund hätte ihr Kleid nicht als elegant bezeichnen können. Monk akzeptierte diese Extravaganz, aber sein eigener tadelloser Geschmack erkannte ein modisches Kleid, wenn er eines sah, und ihres war mit Sicherheit keins. Es war aus sehr gutem Stoff, das Oberteil sorgfältig bestickt, aber der Rock war von erbärmlichem Schnitt. Außerdem war er zu kurz, was gerade für eine kleinere Frau unvorteilhaft war. Die Ärmel sahen aus, als wären sie an den Schultern angehoben, und warfen dort Falten, wo keine hingehörten.
    Aber das war alles nicht wichtig, betrachtete man die ganze Person; allenfalls ließ es sie verletzlich erscheinen, eine Eigenschaft, die ihn bei Frauen schon immer angezogen hatte.
    Er ließ sich ein Glas Wein servieren und stellte sich ein wenig näher an den Kamin.
    »Haben Sie Ihre Zeit gut genutzt?« wollte Quinlan wissen und sah über den Rand seines Glases zu ihm hinüber. Unmöglich zu sagen, ob er die Frage ironisch gemeint

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