Dunkler Grund
hatte oder nicht.
Monk fiel keine Antwort ein, mit der er eine brauchbare Reaktion hätte provozieren können. Die Zeit wurde knapp, und bis jetzt hatte er noch nichts erfahren, was Hester helfen könnte. Was hatte er zu verlieren, wenn er es mit riskanteren Methoden versuchte?
»Ich habe viel Neues über Ihre Familie erfahren«, sagte er, und sein Lächeln wirkte eher belustigt als freundlich. »Ein paar Tatsachen, Meinungen, vieles davon interessant.« Das war gelogen, aber mit der Wahrheit kam er nicht weiter.
»Über uns?« fragte Baird schnell. »Ich dachte, Sie stellen über Miss Latterly Ermittlungen an?«
»Ich untersuche die ganze Angelegenheit. Aber Sie werden sich erinnern, daß ich sagte, ich habe Neues erfahren. Das heißt nicht, daß ich mich in erster Linie um solche Informationen bemüht habe.«
»Der Unterschied erscheint mir akademisch.« Dieses eine Mal stand Quinlan auf Bairds Seite. »Und was ist so interessant daran? Hat man Ihnen erzählt, daß ich die bildhübsche Eilish Farraline ihrem vorherigen Bewerber weggeheiratet habe? Einem wohlerzogenen jungen Mann ohne Geld, den ihre Familie abgelehnt hat.«
Bairds Züge verfinsterten sich.
Eilish sah einen Moment lang unglücklich aus. Baird wich ihrem Blick aus, und sie sah feindselig zu Quinlan hinüber.
»Welch ein Glück, daß Sie der Familie genehm waren«, erwiderte Monk ausdruckslos. »War es Ihr Charme, die einflußreiche Familie oder einfach das Geld?«
Oonagh hielt die Luft an, aber in ihren Augen blitzte es amüsiert auf. Er sah es mit großer Befriedigung, und wäre er ehrlich gewesen, hätte er sich sogar Freude darüber eingestehen müssen.
»Das hätten Sie Schwiegermama fragen müssen«, sagte Deirdra schließlich. »Ich glaube, sie war diejenige, deren Zustimmung zählte. Natürlich auch Alastairs… aber in solchen Dingen ließ er sich gerne von ihr leiten. Ich weiß nicht, warum er den anderen jungen Mann nicht mochte. Ich fand ihn sehr angenehm.«
»›Sehr angenehm‹. Was heißt das schon«, sagte Kenneth mit einem Anflug von Bitterkeit. »Und Geld ist auch nicht alles. Es geht doch vor allem um Ehrbarkeit, oder, Oonagh?«
Oonagh sah ihn nachsichtig und äußerst aufmerksam an.
»Nun, sicherlich nicht um Schönheit, Humor oder die Fähigkeit, sich zu amüsieren, mein Lieber – und noch weniger um die Fähigkeit, anderen ihren Spaß zu verschaffen. Auch solche Frauen haben ihren Platz, aber nicht vor dem Traualtar.«
»Jetzt erzähl uns um Himmels willen nicht auch noch, wo dieser Platz ist!« sagte Quinlan mit einem kurzen Blick auf Kenneth. »Das wissen wir auch so.«
»Also, ich bin nicht klüger als zuvor«, meinte Baird und sah dabei Quinlan an. »Du hast kein Vermögen, kein Mensch kennt deine Familie und über persönlichen Charme brauchen wir gar nicht zu reden.«
Oonagh betrachtete ihn mit unergründlichem Blick. »Wir Farralines brauchen weder Geld, noch sind wir auf die Loyalität anderer Familien angewiesen. Wir heiraten, wen wir wollen. Quinlan hat seine Qualitäten. Sie gefallen Eilish, wir haben unsere Zustimmung gegeben, und das allein zählt.« Sie lächelte Eilish zu. »Hab’ ich nicht recht, meine Liebe?«
Eilish zögerte; ein seltsamer Wettkampf der Gefühle fand auf ihrem Gesicht statt, von dem schließlich nur ein entschuldigender Blick übrigblieb. Sie erwiderte das Lächeln.
»Ja, natürlich hast du recht. Damals hab’ ich dich gehaßt, weil du mit Mutter einer Meinung warst. Ich dachte sogar, daß es hauptsächlich deine Schuld ist. Aber inzwischen weiß ich, daß ich mit Robert Crawford nicht glücklich geworden wäre.« Sie warf Baird einen kurzen Blick zu. »Er war bestimmt nicht der richtige Mann für mich.«
Baird errötete und wich ihrem Blick aus.
»Romantische Liebe«, sagte Hector mehr zu sich selbst als zu jemand anderem. »Ein Traum… was für ein schöner Traum.« Erinnerungen klangen in seinen Worten mit, und seine Augen blickten ins Nirgendwo. Die anderen ignorierten ihn geflissentlich.
»Weiß jemand, wann wir mit Alastair rechnen dürfen?« fragte Kenneth und sah von Deirdra zu Oonagh. »Müssen wir mit dem Essen auf ihn warten – wieder einmal?«
»Wenn er zu spät kommt«, erwiderte Oonagh kühl, »dann aus triftigen Gründen, und nicht, weil er gedankenlos wäre oder anderweitig Unterhaltung suchen würde!«
Kenneth zog ein Gesicht wie ein kleiner Junge, aber er sagte nichts. Monk hegte den Verdacht, daß er sich nicht traute, so gerne er auch widersprochen
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