Dunkler Highlander: Sie waren unendlich weit entfernt – aber ihre Liebe überwand alles (German Edition)
dachte Mary sich bloß?, fragte er sich im Geiste.
Dem stummen Gezeter der Mädchen nach zu urteilen, hatte jedenfalls keines von ihnen vor, wieder abzureisen, bevor es sich nicht den berühmten Egan MacDonald, einen gutaussehenden Burgherrn, geangelt hatte.
Die Damen hatten ja keine Ahnung, wie gut er aussah! Aus dem Gespräch nämlich schloss Zarabeth, dass keine von ihnen ihm bisher persönlich begegnet war. Sie hoffte, dass sie ihre Gedanken nicht lesen konnten, denn die schweiften mehrmals zu dem Bild von Egan ab, wie er sich nass aus dem Bad erhoben und der Spiegel ihr alles gezeigt hatte, was es an ihm zu sehen gab.
Jeden Zentimeter.
Wenn sie nicht aufpasste, würde sie noch idiotisch vor sich hin grinsen. Egan machte alles zunichte, was sie an Selbstbeherrschung besaß.
Mary verwickelte die Gäste aus Edinburgh in ein lebhaftes Gespräch. Adam nippte derweil an seinem Tee und wünschte sich die Templetons und Bartons weit, weit weg. Sein Bruder Piers war nach Glasgow geflohen. Der Feigling!
Als es daran ging, das Pianoforte zu spielen, ließ Olympia überraschenderweise Faith den Vortritt. Mrs. Templeton war erfreut, weil sie glaubte, dass Olympias Geste ihr großzügiges Wesen bewies. Olympias Gedanken indessen waren: Ich spiele sehr viel besser als sie und werde umso begabter wirken, wenn sie mich nach ihrem ungeschickten Geklimper hören.
Faith begann ihr Stück, eine recht holprige Version einer Mozart-Melodie. Mary lauschte dem Lied mit leuchtenden Augen und leicht geröteten Wangen. Adam hingegen litt sehr, verbarg es jedoch, indem er umso schneller seinen Tee trank. Die Bartons waren ungemein stolz, die Templetons voller Verachtung für Faiths Spiel.
Als Faith sich am Ende verbeugte, klatschten alle. Danach schwebte Olympia hocherhobenen Hauptes zum Pianoforte, schlug ihre Noten auf und begann zu spielen.
Sie spielte kaum besser als Faith, ruinierte die Wirkung jedoch durch ihren zusätzlichen Gesang. Ihr schräger Sopran trillerte hinauf und hinunter, während sie versuchte, Töne zu treffen, die selbst geübte Opernsängerinnen nur mit einiger Mühe erreichten. Adam sprang abrupt auf und schritt ans Fenster.
Er ist gerührt, dachte Mrs. Templeton überglücklich.
Ein seltsamer Laut hallte von draußen durch die Diele bis in den Salon. Mary richtete sich erschrocken auf, wobei sie beinahe ihren Tee verschüttete. Währenddessen erstarrte Adam, dessen Gedanke für Zarabeth glockenklar war: Oh nein, das macht er doch wohl nicht!
Da erklang wieder dieses Geräusch – wie das Brüllen eines Bären. Am Pianoforte verstummte Olympia kurz, bevor sie entschlossen weiterspielte.
Plötzlich flogen die Türen zum Salon auf, und Hamish MacDonald erschien in einem Reitkilt und schlammverschmierten Stiefeln. Er blieb kurz stehen, bevor er rief: »Gegrüßt sei Egan, Herr der MacDonald-Burg!«
5
Der verrückte Highlander
Olympia brach mit einem ziemlich atonalen Akkord ab. Mary stand wie versteinert da, eine Hand an ihrem Hals, und die übrigen Gäste blickten neugierig auf. Hamish trat zur Seite, worauf Egan in das Zimmer gestürmt kam, Ian MacDonalds Schwert schwingend, das gewöhnlich an der Wand in der großen Halle der MacDonald-Burg hing. Zarabeth erblickte ihn und sank auf das Sofa, beide Hände auf ihren Mund gepresst. Ihr Lachen bemerkte ohnedies niemand, denn alle starrten Egan an.
Er trug seinen dunklen Jagdkilt, ein grobes Leinenhemd und schlammverkrustete Stiefel. Das Haar hing ihm offen und wirr herunter, und er hatte sich das Gesicht und den Hals mattblau angemalt.
Nein!, stöhnte Mary in Gedanken. Oh nein!
Egan warf das Schwert beiseite, das klirrend hinter Adams edlem chinesischen Teppich landete.
»Binnich z’ spät, Mary?«, rief er mit dröhnender Stimme. »Wir ha’m Banditen über’n Berg gescheucht und gannich’ auf die Zeit geguckt.«
Er sprach mit einem solch heftigen schottischen Akzent, dass er beinahe nicht zu verstehen war. Dann drehte er sich so schwungvoll um, dass sein Kilt aufflog, und wandte sich an die Gäste. »Na, wen ha’m wir ’n hier?«
Er sah erst zu Faith, die sich mit weit aufgerissenen Augen an ihre Mutter drängte, und dann zu der wie erstarrt am Pianoforte sitzenden Olympia.
»Spielst du ’n Lied, Mädchen? Da mach mal weiter. Ich mag Lieder, wenn ich ’n Takt mitklopfen kann.«
»Egan«, wies Mary ihn schwach zurecht.
»Na los!«, forderte er Olympia auf und beugte sein blaues Gesicht direkt zu ihrem kreidebleichen. »Is’ es ’ne
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