Dunkler Rausch der Sinne
plötzlich wieder die
Verbindung zu ihrem Gefährten spürte, die völlige Einheit, die Kraft, die sie
durchströmte. Sie empfing Bilder von einem schrecklichen Kampf, der noch frisch
in seinem Gedächtnis war, und doch war er es gewesen, der die Fangarme, die
nach ihr langten, ausgeschaltet hatte, er, der ihr geholfen hatte, die Visionen
zu schaffen, obwohl er gleichzeitig um sein Leben kämpfen musste.
Jaxon breitete beide Arme weit aus. »Können Sie seine Gegenwart nicht
spüren? Können Sie ihn nicht fühlen? Er ist überall zugleich. Es ist
ausgeschlossenen, einen Jäger wie Lucian zu schlagen.« Sie schwenkte die
Hände, und wieder tauchten Bilder von Lucian auf, in allen Richtungen,
aufgereiht wie Papierpuppen, hoch und aufrecht stehend, an den Felsen lehnend,
nach den Wolken langend.
»Genug davon!«, zischte der Vampir mit schnarrender Stimme. »Deine
kindischen Spielchen machen keinen Eindruck auf mich. Wiederholungen sind
langweilig. Ich finde das nicht amüsant.«
»Ich wollte nicht amüsant sein«, sagte Jaxon leise. »Ich habe versucht,
eine Warnung auszusprechen. Das ist etwas anderes.«
Die Bilder von Lucian fingen an sich zubewegen. Erst schwankten sie
nur leicht im Wind hin und her, dann drehten sie sich im Kreis, wobei die Füße
einem besonderen Rhythmus folgten. Der Vampir starrte Jaxon an und fletschte
die Zähne. »Wie kannst du es wagen, mir solche Tricks vorzuführen!« Seine
Stimme klang rau und geborsten. Speichel spritzte durch die Luft, als er die
Worte ausspie.
Der Vampir musterte sie aus schmalen Augen. Sein Blick verharrte auf
ihrer Kehle, und sein Gesicht wurde böse und hasserfüllt, als er versuchte,
ihr die Luft aus den Lungen zu pressen.
Es blieb bei dem Versuch. Jaxon spürte nur den Hauch seiner bösartigen
Hände, als er sich mühte, sie aus der Entfernung zu erwürgen, aber dann löste
sich sein Griff unvermittelt, und Jaxon sah, wie sich die Augen des Vampirs vor
Entsetzen weiteten und seine Hände in die Höhe flogen, um seinen eigenen Hals
zu schützen.
Sämtliche Klone von Lucian fingen leise an zu lachen. »Du solltest es
besser wissen, als Hand an die Gefährtin eines anderen zu legen. Das Gesetz
ist klar und eindeutig und so alt wie die
Zeit selbst. Jetzt erinnere ich
mich an dich, Matias. Du hast in der Schlacht gegen die Türken gekämpft, aber
du bist desertiert, als die Sonne aufging. Du hast die Erde viel zu früh aufgesucht.
Damals wusste ich, dass ich dir eines Tages auf deinem eigenen Schlachtfeld
gegenüberstehen würde.«
Der Vampir rang darum, die unsichtbaren Hände abzuschütteln, die sich
um seinen Hals gelegt hatten. Sein Gesicht verfärbte sich violett. Plötzlich
löste er sich auf, um gleich darauf hinter Jaxon aufzutauchen und zu versuchen,
seine Arme um sie zu schlingen, die spitzen Fingernägel wie Messerspitzen auf
ihre Kehle gerichtet. Die Klauen stießen an eine unsichtbare Barriere und prallten
ab. Seine Arme griffen ins Leere.
Lucian sprach weiter. »Du kannst es versuchen, aber du weißt, dass es
vergeblich ist. Ich würde nie zulassen, dass meine Gefährtin von einem wie dir
berührt wird.«
Noch während der Klon sprach, wurde der Vampir von hinten angegriffen.
Der Schlag wurde mit ungeheurer Kraft geführt, sodass die Hand durch seine
Rippen drang, Muskeln und Sehnen zerriss und direkt an das verwundbare Herz
langte. Der Vampir brüllte vor Schmerz und Wut, gab die Hoffnung auf, Jaxon als
Geisel zu benutzen, und fuhr herum, um sich dem Jäger zu stellen. Eine
undurchdringliche Kraft schirmte die Frau ab, und er hatte keine Zeit, diesen
Schutzschild nach Schwachstellen zu untersuchen. In diesem Moment stand sein
Leben auf dem Spiel. Als er sich umdrehte, schlug er mit seinen giftigen
Krallen zu, ohne sich darum zu kümmern, was er traf, nur darauf bedacht, Gift
in seinen Gegner zu jagen.
Lucian war nicht hinter ihm. Dort standen Klone, oder Abbilder von
Klonen, zehn von ihnen, regungslos wie Statuen, ohne einen Ausdruck auf ihrem
Gesicht, ohne eine Bewegung, die verraten hätte, ob einer von ihnen echt war.
Blut strömte aus der klaffenden
Wunde. Der Vampir wusste, dass der Jäger mühelos seine Spur aufnehmen könnte,
wenn er jetzt versuchte, sich in die Lüfte zu erheben. Er hatte keine andere
Wahl, als zu bleiben und sich den Fluchtweg zu erkämpfen.
Er trat ein Stück von der Frau weg, fort von dem Mitleid und der
Anteilnahme in ihren großen Augen. Sie anzuschauen, tat ihm weh, schwächte ihn.
Für sie war er bereits der
Weitere Kostenlose Bücher