Dunkler Rausch der Sinne
prasselte. »Du
hast gesagt, dass ich gehen darf.«
»Aber von Weglaufen habe ich nichts gesagt. Bei uns wird es immer nur
die Wahrheit geben, mein Kleines, ob sie schwierig ist oder nicht. Du bist eine
starke Frau. Ich werde nichts vor dir verbergen.«
»Und dafür soll ich dir dankbar sein?« Sie fuhr sich mit einer
zitternden Hand durch ihr Haar. »Ich will das nicht.«
»Doch«,
widersprach Lucian so freundlich wie immer.
Waren seine Augen bisher dunkel und undurchdringlich gewesen, entdeckte
sie jetzt Hunger in seinem Blick. Ihre Hand tastete nach dem tröstenden Griff
ihrer Pistole. Wie sollte sie diesen hungrigen Augen widerstehen? »Warum tust
du das? Ich habe auch ohne dich und deine Erwartung, Vampire und Gott weiß was
zu akzeptieren, schon genug Ärger in meinem Leben. Ich kann es nicht, Lucian.«
»Doch, du kannst es.« Er sagte es ruhig. »Hol tief Luft und entspann
dich. Setz dich, bevor du umkippst.«
Ihre dunklen Augen blitzten ihn an. »Glaubst du wirklich, ich bin so
verzweifelt, dass ich das bisschen Selbstachtung, das mir geblieben ist,
aufgebe, nur um mit jemandem zusammen zu sein? Ich kann den Unterschied
körperlich fühlen. Ich kann viel besser hören und im Dunkeln besser sehen als
am Tag. Ich spüre dich ständig, spüre, dass du bei mir bist, dass du mich
brauchst, nach mir rufst.« Wieder rieb sie sich die Schläfen. »Wie kannst du
mit mir reden, ohne laut zu sprechen? Und was noch wichtiger ist, wieso kann
ich auf diese Weise mit dir reden?«
»Mein Blut fließt in deinen Adern, so wie dein Blut in meinen fließt.
Wir teilen dasselbe Herz, dieselbe Seele. Unser Denken versucht eins zu werden,
ebenso wie unsere Körper nach einander verlangen.«
»Mein Körper verlangt nicht nach deinem«, protestierte sie, eher
verängstigt als zornig.
»Kleine
Schwindlerin.«
»Zurück zu dieser Sache mit dem Blut. Wie genau ist dein Blut in meine
Adern gekommen und umgekehrt? Hast du mir eine Transfusion oder so etwas
gegeben ... ?« Sie brach ab, als Bilder eines dunklen, erotischen Traums auf
sie einstürmten. Ihre Hand legte sich schützend an ihre Kehle. »Du hast nicht
mein Blut getrunken! O Gott, sag mir, dass du nicht mein Blut getrunken hast.
Nein, sag mir zuerst, dass ich nicht deins getrunken habe.« Jetzt drohten ihre
Beine tatsächlich unter ihr nachzugeben. Sie starrte sogar auf den Boden und
stellte sich darauf ein, im nächsten Moment hinzufallen. Nur der Gedanke, dann
noch verletzlicher zu sein, als sie ohnehin schon war, verhinderte, dass sie
zusammenbrach.
Lucian machte rasch ein paar Schritte in ihre Richtung, um sie zu
stützen, aber Jaxon war so verängstigt, dass sie ihre Pistole zog. Das alles
war ein Albtraum, reiner Wahnsinn! Sie hatte nicht genug Phantasie, um sich so
etwas auszudenken. Der Lauf ihrer Pistole zielte direkt auf Lucians Herz.
»Geh bitte von der Tür weg, Lucian. Ich will dich nicht verletzen,
wirklich nicht. Ich will einfach weg von hier, damit ich wieder frei atmen
kann.« Sie musste ihn tatsächlich bitten, schaffte es nicht wie sonst, eine
Situation zu beherrschen. Sie wünschte sich, sie könnte bei ihm bleiben,
wünschte es sich so sehr. Er war groß und sexy und schrecklich allein, genau
wie sie. Diese Facette an ihm verstand sie sehr gut. Insgeheim sehnte sie sich
danach, alles für ihn gut zu machen, ihn von diesem schrecklichen Hunger zu
befreien. Aber dass ein Mann wie Lucian mit seinem Hunger, seiner Leidenschaft
und seinem Verlangen ständig in ihrer Nähe sein könnte, war ein Traum, den sie
nicht akzeptieren konnte. Lucian war nicht wirklich ein Mann. Er war etwas
anderes, etwas, das sie lieber nicht identifizieren wollte.
»Jaxon, leg die Waffe weg, bevor du aus Versehen jemanden anschießt.«
Seine Stimme war völlig unbewegt.
»Es wäre kein Versehen, Lucian. Ich bitte dich nur noch ein einziges
Mal. Geh aus dem Weg und lass mich von hier fort.«
»Mein Volk empfindet die menschliche Gewohnheit, Fleisch zu essen, als
ebenso widerwärtig, wie es dir scheint, Blut als Nahrung zu sich zu nehmen.«
Sie machte vorsichtig einen Schritt in seine Richtung, versuchte,
seine Worte und deren Bedeutung zu ignorieren. In der Hoffnung, er würde den
Weg räumen, schob sie sich rechts von ihm zur Tün Lucian blieb regungslos
stehen. »Wenn ich mir nur vorstelle, was du mir zu sagen versuchst, wird mir
schlecht. Ich glaube nicht, dass wir zusammenpassen.« Es war ihr ernst. Wenn er
nicht auswich, würde sie sich irgendwie an ihm vorbeimogeln
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