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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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dem Weg in den Abgrund. Wie es hin und her geschüttelt wurde und dann kippte, heftig gegen einen Stein schlug und stürzte. Die hilflos fuchtelnden Händchen. Ein leerer Kiosk, ein verlassenes Auto, Scheiße, das war doch nichts. Aber ein lebendiger Mensch!
    »Wenn etwas passiert ist, steht es morgen in der Zeitung.«
    »Halt die Klappe, Zipp. Jetzt trinken wir!«
    Andreas starrte immer noch den Ventilator an, der sich bewegte, mit dem Rauch aber nicht fertig wurde. Die Bewegung gefiel ihm, die langsame Umdrehung, die großen Rotorblätter unter der Decke. Bei dem Anblick mußte er leise ein vertrautes Stück von den Doors summen: »I will never see you again, my friend.«
    Zipp räusperte sich. »Nachher sehen wir uns ein Video an. Bei mir zu Hause, okay?«
    Er blickte Andreas flehend an. Er mußte die Episode am Strand vergessen. Drei oder vier Halbe und ein Actionfilm. Und dann ins Bett. Bald würden sie es hinter sich haben. Und von nun an würden sie um Kioske einen Bogen machen.
    »›Bladerunner‹«, sagte Andreas kurz. »Wenn er nicht ausgeliehen ist.«
    »Nein, den nicht. Nicht schon wieder!«
    »Du hast doch keine Ahnung. ›Bladerunner‹ ist erste Sahne.« Andreas wedelte mit der Hand.
    »Den habe ich schon so oft gesehen«, klagte Zipp. »Ich weiß immer schon vorher, was passiert.«
    »Heute abend passiert was anderes«, sagte Andreas. »Dieser Film lebt sein eigenes Leben. Hat ganz viele Schichten. So schnell kriegst du die nicht alle mit.«
    Zipp wurde traurig. Er leerte sein Glas.
    »Du bist doch entwicklungsfähig, oder nicht? Das ist dein großer Fehler«, sagte Andreas und wischte den feuchten Ring, den sein Glas hinterlassen hatte, vom Tisch. »Du kapierst nicht, daß die Zeit vergeht.«
    Zipp schnitt eine Grimasse. Andreas fuhr einfach total auf den Film ab. Er hatte ihn schon hundertmal gesehen und bekam nie genug davon. Dauernd zitierte er daraus. Zipp musterte die anderen Gäste. In der Regel fand sich eine Frau, deren Blick er auf sich ziehen konnte. Dann spürte er sofort ein Kribbeln im Unterleib. Er liebte dieses Kribbeln, es brachte sein Blut in Schwung und machte den Kopf leicht. Ein Mädchen starrte in seine Richtung. Andreas folgte Zipps Blick und verdrehte die Augen. Eine kleine Nuß in engen Klamotten. Gestreifter Pullover, zu kurz, damit der Bauch zu sehen war. Und der winzige Ring im Nabel. Die Brüste prall wie Gummibälle.
    »Gelee«, sagte Andreas. »Was die Frauen im Moment für einen Scheiß unter ihren Klamotten haben!«
    »Mir doch egal, was das ist«, Zipp grinste, »wenn ich bloß die Finger drauflegen kann. Du merkst doch keinen Unterschied zwischen echten und unechten, nicht bei den Jungen. Diese Frau da von dir«, fügte er hinzu, »ich gehe jede Wette ein, daß die Hängetitten hat. Du hast doch keine Ahnung, wie der Busen von einem jungen Mädchen aussieht. Höchste Zeit, daß du dir das mal anschaust! Sie ist mit einer Freundin hier. Da, da kommt sie. War auf dem Klo und hat ihre Slipeinlage gewechselt, tippe ich. Ich kenne solche Weiber. Die werden schon feucht, wenn du sie nur ansiehst.«
    Andreas betrachtete die Freundin mit totem Blick. Zipp konnte das nicht sehen, die Freundin dagegen sehr wohl. Den Mangel an Interesse in den hellen Augen. Sie drehte den beiden den Rücken zu. Entmutigt, weil sie keinen Eindruck gemacht hatte.
    »Die hängen hier rum wie die Schneehühner«, murmelte Andreas. »Die werden nie irgendwie aktiv; die machen die Beine breit, noch ehe die Schrotladung abgefeuert wird.«
    »Die Frauen haben garantiert keine Lust auf ›Bladerunner‹«, sagte Zipp traurig. »Wie wär’s mit ›Independence Day‹?«
    »Nur über meine Leiche.«
    Andreas ging zum Tresen. Zog einen von Ginas Geldscheinen aus der Hemdentasche. Die beiden Mädchen würdigte er keines Blickes. Komm, nimm uns, komm, nimm uns, bettelten ihre runden Schultern. Daß so etwas möglich war! Er gab reichlich Trinkgeld und brachte die Gläser an den Tisch.
    »Was paßt dir denn nicht an der Freundin?« fragte Zipp.
    »Alles«, sagte Andreas. »In ihrer Birne passiert doch bloß eins.«
    »Meine Fresse, was du alles weißt.«
    »Da oben läuft ein Band ab, das sich dauernd wiederholt. Das wiederholt sich seit der Zeit, als die Frau pflaumengroße Titten hatte. Es sagt: ›Hab mich gern, hab mich gern, um Gottes willen, hab mich gern!‹ Und wenn das mal nicht klappt, fällt sie vor Überraschung aus allen Wolken. Nicht zu fassen!«
    »Du auch nicht«, murmelte Zipp. »Und was

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