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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Sara, Jacob, Robert und alles, was passierte. Aber das Leben war im Grunde nicht schlecht. Der Rotwein hatte das Seine getan, das mußte er zugeben. Er hatte, was er brauchte, und noch etwas mehr. Und das mit Sara würde sich auch noch klären. Später. Er starrte Elises Bild an. Nun, da es still im Haus war und niemand ihn sehen konnte, ließ er sie endlich näher an sich heran.
     
    Auch Ingrid Sejer war noch wach. Sie hatte Matteus um acht ins Bett gebracht, hatte ihm etwas vorgesungen und die Decke gut um ihn festgesteckt. Später griff sie sich seine Schultasche. Wollte nachsehen, ob alles da war. Bücher und Turnsachen. Die Tasche war fest verschlossen, die Riemen im äußersten Loch festgeschnallt. Sie nahm sie mit ins Wohnzimmer. Öffnete sie. Sah die Hefte durch, überzeugte sich davon, daß der Bleistift gespitzt war, daß Radiergummi, Klebestift und Schere an Ort und Stelle lagen. Das blaue Papier war ihr unbekannt. Vielleicht war das eine Mitteilung aus der Schule, die Matteus nicht an sie weitergereicht hatte.
    ICH SCHNEIT DIR DREI ROOTE LÖCHER INNEN RÜCKN UND DANN STRÄU ICH DA SALTZ REIN DAMIZ WEHTUT: SCHEISS NIGGER!

 
    W ie gesagt, Andreas war hübsch. Seine Haut war makellos. Hell und glatt, die Wangen gerötet. Und er war sauber. Mir war immer schon klar, wie wichtig Sauberkeit ist, das habe ich früh gelernt. Bei mir liegt auch nie etwas herum, nicht im Haus und nicht im Garten. Abends sehe ich extra noch einmal nach. Die Nachbarn nehmen das nicht so genau, auf deren Tisch habe ich schon alles mögliche gesehen, von Bikinioberteilen bis zu schmutzigen Kaffeetassen. Natürlich halte ich das nicht für eine Katastrophe, aber ich verstehe es nicht. Daß sie am Fenster stehen und die schmutzigen Kaffeetassen sehen und dann trotzdem einschlafen können. Ich selbst nehme immer Rücksicht, ich halte das für notwendig. Wir sind schließlich nicht allein auf der Welt.
    Ich sitze im roten Sessel und horche in die Dunkelheit hinaus. Obwohl es still ist, meine ich ab und zu jemanden zu hören. Eine Vorahnung dessen, das noch kommen wird. Ein stiller Strom von Menschen, die sich verwundert meinem Haus nähern. Ingemar wird mich nicht vermissen, aber er wird seine Pflicht tun. Eine Anzeige aufgeben. Bescheid sagen. Meinen beiden Schwestern, die weit weg von hier leben. Zu Weihnachten schreiben sie immer. Bei uns ist alles in Ordnung. Wir halten Kontakt wie alle anderen.
    Im Grunde fürchten wir uns nicht vor dem Tod. Wir fürchten uns nur davor, vergessen zu werden. Wir wissen, daß wir vergessen werden, und diese Vorstellung ist unerträglich, finden Sie nicht? Die Zeit vergeht, und wir werden zu seltenen Gästen in den Gedanken der Hinterbliebenen. Jener Personen, die nach unserem Tod unser Haus ausräumen und die Dinge unter sich aufteilen. Die den Rest wegwerfen. Und vergessen. Wenn wir wüßten, daß irgendwer jeden Abend eine Kerze anzündet und ein wenig an uns denkt. Sich einige kurze Sekunden lang an uns erinnert. Dann könnten wir die Erde in Frieden verlassen. Für mich wird niemand eine Kerze anzünden. Wer sollte das auch sein? Habe ich doch selbst dafür gesorgt, daß man mich mit Grausen und Erstaunen erwähnen wird. Ich werde zur Moritat. Vielleicht kommt mein Bild in die Zeitung. Die Fotos habe ich alle weggeworfen, mit einer Ausnahme; auf dem Bild bin ich fast noch jung, vierzig vielleicht. Das schlimmste am Sterben sind nicht Tod und Begrabensein. Das ist doch ganz in der Ordnung, eine erledigte Aufgabe: Tod und Begraben. Aber die Stunden davor, wenn wir in die Hände der Lebenden fallen. Sie sind schließlich nur Menschen. Ich kann mir vorstellen, was sie sagen werden. Ich will das hier nicht wiedergeben, aber sie werden es sagen. Ich kenne sie doch.
     
    Andreas schlenderte auf seinen langen Beinen dahin, Zipp bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten. Sie steuerten den Fluß an. Ob es am gleichmäßigen Rauschen lag oder an den Lichtern, die im schwarzen Wasser flimmerten, überlegten sie sich nicht. Tatsache war, daß das Wasser sie anzog. Die Luft war rauh, Zipp wärmte sich die Hände in den Jackentaschen. Sie fanden eine Bank. Setzten sich und schwiegen. Wenn Wasser an unseren Augen vorüberfließt, brauchen wir nicht zu reden. Sie saßen da, jeder für sich, und stellten sich vor, wie sie ins Wasser fielen und gegen Strömung und Kälte ankämpften. Ein tiefer Ernst überkam sie. Zipp dachte voller Sehnsucht an das Mädchen mit dem gestreiften Pullover und kratzte sich ärgerlich

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