Dunkler Schnee (German Edition)
Laurens kommt zurück?“
„Wenn er wirklich so jähzornig ist, dann wird er sich rächen wollen.“
„Du meine Güte, Marisa, wenn du in Gefahr bist, dann solltest du vielleicht eine Weile woanders wohnen. Oder am besten erst mal in Urlaub fahren.“
Marisa grinste schief. „Urlaub? Ts, nur wenn du mitkommst.“
„Ich würde, wenn ich könnte, glaub mir.“
„Ich habe überlegt umzuziehen, aber ich glaube nicht, dass er mich nicht finden würde.“
„Und du meinst, er steckt noch immer mit diesem Volker unter einer Decke?“
„Ist anzunehmen, oder? Dass der Typ den Mut hat, noch mal bei mir anzurufen …“
„Ist Volker auch vorbestraft?“
„Nein, ein völlig unbeschriebenes Blatt, ein Unschuldslamm.“ Marisa zuckte mit den Schultern und zog die Freundin in ein Geschäft.
Am frühen Abend traf sie wieder zu Hause ein.
Sie fand die Wohnungstür aufgebrochen und die gesamte Einrichtung in ein Chaos verwandelt …
Leise Stimmen drangen an ihr Ohr, die ihre Konzentration fesselten. Unwillkürlich hielt sie sich mit einer Hand am Rand der Couch fest, sie meinte, sonst fallen zu müssen. Den Kopf hielt sie ans Kissen gepresst, die Augen geschlossen, ganz fest geschlossen.
„Wir müssen sie von hier fortbringen, sie ist hier nicht sicher.“
„Glaubst du, er kommt zurück?“
„Sieh dich um, er war schon hier! Nur gut, dass Marisa mit Yvonne in der Stadt war. Nicht auszudenken, wenn sie zu Hause gewesen wäre! Und er wird wiederkommen.“
„Aber, Claus, er kann es nicht gewesen sein, wenn er in Untersuchungshaft sitzt!“
„Dann haben sie ihn halt schon wieder laufen lassen. Wenn ich den erwische, dieses Schwein!“
Marisa öffnete mühsam die Augen, als wären sie mit Tesafilm zugeklebt und sie müsste erst den Streifen abreißen. Sie sah ihre Eltern. Ihr Vater hatte die Fäuste geballt.
„Papa?“, fragte sie leise. „Ich denke, du bist im Krankenhaus?“
Die Eltern kamen rasch zu ihr und setzten sich auf den Rand der Couch.
„Liebes“, sagte die Mutter, „du kommst mit zu uns. Papa geht es wieder ganz gut, aber er muss sich schonen. Und du, du musst auch was für dich tun.“
Marisa rieb sich die Stirn. Warum nur tat ihr Kopf schon wieder so weh? Sie blickte sich um, setzte sich auf. „Oh, das … ich erinnere mich wieder – dieses Arschloch war hier. Seht euch das an!“
Gudrun nickte. „Ja, ist nicht zu übersehen, was er angerichtet hat.“
„Hast du schon wieder so viel getrunken?“, fragte Claus dazwischen. Er hielt ein leeres Glas in der Hand und roch daran. „Großer Gott, war das Whiskey?“
„Ich fürchte ja“, gab Marisa zerknirscht zu. „Als ich das Chaos gesehen habe, brauchte ich erst mal was.“
„Du hättest besser die Polizei gerufen, statt dich zu betrinken!“
„Claus, bitte, reg dich nicht auf.“ Gudruns sanfte Stimme beruhigte ihren Mann.
Leiser sagte er: „Fahrt ihr zwei schon nach Hause, ich kümmere mich um alles hier und komme dann mit dem Taxi nach.“
Marisa stolperte ins Schlafzimmer, froh der Befragung zu entkommen. Sie hatte sich gehen lassen, hatte erst mal die Flasche aus dem Schrank geholt und auf den Schrecken einen genommen. Dann waren es wohl mehrere Gläser geworden – sie erinnerte sich nicht. Suchend blickte sie um sich. Alle Kleidungsstücke waren aus dem Schrank gerissen, alle Schubladen aufgezogen und deren Inhalte wild im Raum verteilt worden. Ihre Schmuckschatulle lag leer am Boden, vom Schmuck keine Spur. Marisa presste die Lippen aufeinander. Dieses Schwein!
Ihr Blick wanderte zu ihren Handtaschen, die vor dem Schrank lagen. In einer dieser ausrangierten Taschen bewahrte sie immer einen Notgroschen auf. Sie war leer. Müde ließ sie die Tasche wieder fallen und kickte sie mit dem Fuß zu den anderen. Laurens hatte nicht nur seine Wut ausgelassen, sondern auch alles an Wert mitgenommen, was ihm unter die Finger gekommen war. Warum hatte sie nicht alles fortgebracht? Sie hatte gedacht, ein neues Schloss an der Tür würde ihn aufhalten. Ihre Eltern kamen herein. „Kommst du zurecht?“ Gudrun sah besorgt aus. Ihr Gesicht verriet den ganzen Kummer, dagegen konnte auch ihre sanfte Stimme nicht an. Claus strich sich übers Kinn. „Er muss einen Höllenlärm veranstaltet haben, um die Tür aufzukriegen. Er hat mit der Kettensäge und Stemmeisen das komplette Schlosssystem ausgehebelt. Es muss doch jemandem aufgefallen sein.“
„Er weiß doch genau, wann die Nachbarn weg sind“, gab Marisa zur Antwort. „Mama,
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