Dunkler Spiegel
und wartete darauf, daß die Doppeltür sich wieder öffnete.
Als sie hinaustrat, hörte sie die Geräusche fast sofort: Schluchzen, das Weinen einer Männerstimme, jener Stimme, die immer voller Humor gewesen war. Sie setzte ein barsches Gesicht auf, wie es ihrer Stimmung entsprach, und ging zu dem Agoniesimulator. »Sehr gut«, sagte sie zu dem dort zurückgebliebenen Sicherheitswächter. »Die andere Angelegenheit ist geklärt. Stellen Sie das Ding da aus – ich nehme ihn zu einem kleinen Besuch mit. Der Captain will ihn sehen.«
»O je«, sagte der Wächter und machte sich an die Arbeit.
»Schön langsam«, sagte Deanna, obwohl alles in ihr schrie: Schnell! Sie spürte, wie es um seine Nerven stand, und befürchtete, daß er in einen Schockzustand fallen würde, wenn sie ihn zu abrupt von dieser Qual erlöste. »Gut«, sagte sie, als das Feld vollständig erlosch und er wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren, auf dem Boden der Kabine zusammenbrach.
Sie zog ihren Phaser. »Helfen Sie ihm auf. Er wird die Herrschaft über seine Beine bald zurückgewinnen.«
Der Wächter zerrte ihn unsanft hoch. Geordi stützte sich halb auf Troi, halb sank er auf ihr zusammen, und sie grub ihm den Phaser bedeutungsvoll in die Rippen. »Der Captain will Sie sehen, Mister«, sagte sie und legte in die Worte allen Grimm, den sie gegen die Leute hegte, die ihm das angetan hatten. »Gehen wir.«
»Brauchen Sie keine Hilfe, Counselor? Vielleicht wird er ja...«
Sie bedachte den Wächter mit einem kalten Blick. »Er wird gar nichts... aber ich danke Ihnen für Ihre Besorgnis, Harrison.« Sie wandte ihm den Rücken zu.
Gemeinsam mit Geordi ging sie den Korridor entlang; er taumelte, sie zerrte ihn voran und bemühte sich, sich ihre Eile nicht anmerken zu lassen. »Kommen Sie, Geordi«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »unsere Arbeit ist noch nicht beendet.«
Unter den zuckenden, fest geschlossenen Lidern war eine konvulsivische Überraschung auszumachen, die das gewaltige Aufbranden der verzweifelten Freude und Furcht bestätigte, das in ihm stattfand. Seine Schritte wurden etwas kräftiger, sein Atem ging etwas weniger gequält. Deanna wurde sich der Blicke des Wächters auf ihrem Rücken bewußt und hielt sich ebenfalls gerade, schritt langsamer aus. Es ziemte sich für eine Tochter des fünften Hauses nicht, durch die Gänge zu spurten, selbst wenn es um Leben und Tod ging. Sie schritt hochmütig wie eine Königin durch die Gänge, und die Leute, denen sie begegneten, sahen Geordi an, schüttelten den Kopf oder grinsten schwach. Ihre Emotionen verrieten ganz deutlich: Sie wußten, daß Geordi verloren war. Deanna ignorierte sie. Sie würde ihn in sein Quartier schaffen und versuchen, ihn wieder auf die Beine zu bringen, und danach...
Das wußte nur der Himmel. Oder vielleicht der Captain.
14
P icard nahm seinen Phaser, überprüfte die Einstellung und stürmte hinaus.
Er hatte es nie ausstehen können, die Kontrolle über eine Situation zu verlieren. Jetzt verabscheute er es mehr denn je. Die Wahrheit sah so aus, daß er seinen Offizieren vertrauen konnte – sie wußten, was sie taten – und es sich für denjenigen, der das Kommando hatte, normalerweise lohnte, dort zu stehen und zu warten, daß seine Befehle ausgeführt wurden. Wenn er sich davon abhalten konnte, sich in Dinge einzumischen, von denen er nichts verstand.
»Kommen Sie, Barclay«, sagte er zu der ständigen Präsenz vor seiner Tür, und sie gingen den Korridor entlang. Dann blieb er stehen. »Ich dachte, Sie wollten sich aufs Ohr legen.«
Barclay zuckte mit den Achseln, während er ihm folgte. »Ich konnte nicht schlafen. Captain, worum geht es? Brauchen wir mehr Leute?«
»Nein. Wir beide werden damit klarkommen.«
»Wohin gehen wir, Sir?« Picard nannte ihm schnell die Koordinaten. Barclay runzelte die Stirn. »In einen Lagerraum? Was ist da unten?«
Der Lift kam; Barclay überprüfte ihn, und sie stiegen ein. »Mr. Barclay«, sagte Picard, als sie unterwegs waren, »was wissen Sie über unsere derzeitige Mission?«
»Nicht allzuviel«, sagte Barclay sachlich. »Aber das sind wir ja gewöhnt.« Eine uninformierte Crew , dachte Picard; die beste Verteidigung einer Tyrannei . »Sie hat etwas zu tun mit... einer anderen Enterprise , einem anderen Raumschiff. Aus irgendeinem anderen Universum.« Er schüttelte den Kopf. »Als wir es hörten, haben die meisten von uns es für ein Märchen gehalten. Aber wir sind hier, und es scheint
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