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Dunkler Spiegel

Titel: Dunkler Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Duane
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Krankenstation betreten hatte. Er blieb neben Stewarts Bett stehen. Rawlings kümmerte sich um ihn, zog gerade eine silberne »Raumdecke« höher bis zu seinen Schultern. Der Pfleger bedachte Picard mit einem ratlosen Blick. Picard nickte Rawlings zu und ging zu Beverlys Büro.
    Als die Tür sich hinter ihm schloß, schaute sie besorgt zu Jean-Luc hoch. »Haben Sie genug Schlaf bekommen?«
    Er tat die Frage mit einer Handbewegung ab, wenn auch nicht so gereizt, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre, und setzte sich. »Wie ich gehört habe, ist die Prognose nicht gut.«
    Sie schüttelte den Kopf und schaute durch die Glaswand des Büros hinaus. »Die Behandlung, die wir ihm angedeihen lassen, ist zur Zeit im Prinzip palliativ. Wir könnten ihn natürlich auf ewig an die Lebenserhaltung anschließen, aber es wäre sinnlos: Sein Nervensystem löst sich auf.«
    Picard kniff die Augen zusammen. »Ist das eine Nebenwirkung der Nervenschäden, die Sie erwähnt haben?«
    »Nein, aber das wird ihn schneller umbringen.« Sie drehte den Monitor, damit auch der Captain ihn betrachten konnte. »Sehen Sie selbst.«
    Picard betrachtete die abgebildete schematische Darstellung: die vertraute Hülle eines Virus und der spiralförmige DNS-Strang darin. »Daran ist er erkrankt?«
    »Damit wurde er vorsätzlich infiziert«, sagte Beverly und spürte erneut, wie ihre Gedärme sich bei dem Gedanken daran vor Abscheu verkrampften. »Dieses Virus wurde eigens auf seine genetische Struktur zugeschnitten. Stewart trug es schon in sich, als er an Bord kam. Es hat sich in ihm verborgen, wie eines der alten ›langsamen‹ Viren. Das hier wurde so angelegt, daß es sich verkapselt und im Inneren weißer Blutkörperchen verbirgt, damit es weder die Immunreaktion des Körpers auslöst noch bei unseren Scans wahrnehmbar ist.«
    »Eine häßliche Technik«, warf Picard ein.
    Beverly nickte. »Noch schlimmer ist, daß das Ding darauf programmiert wurde, zu einer bestimmten Zeit aktiv zu werden. Das ist kein großes Problem – man programmiert ein sekundäres Proteingehäuse um das Virus, das die Reproduktionsversuche des Virus unterbindet, und sagt dem Gehäuse einfach, wann es zerfallen und die kleinen Ungeheuer freilassen soll. Im Prinzip handelt es sich dabei um die Variante einer Technik, die bei den unterschiedlichsten Spezies als Therapie gegen hartnäckige Krebsarten eingesetzt wird. Oder besser gesagt, um eine Perversion davon.«
    »Ich muß also davon ausgehen«, sagte Picard und schaute kurz über die Schulter, »daß Stewarts Zeit abläuft?«
    Beverly nickte müde. »Als die Sicherheitswächter feststellten, daß mit ihm etwas nicht in Ordnung war, war der Schaden schon irreparabel. Das Virus wurde so geschneidert, daß es die Myelinumhüllungen seiner Nerven angreift – womit die weiße Gehirnmasse genauso gemeint ist wie die großen myelinisierten Kanäle in seinem Rückenmark. Funktionsstörungen des Kleinhirns sind die Folge, dazu kommen Störungen des Atemsystems und koronare Insuffizienz, vom Gehirnschaden ganz zu schweigen – sein Corpus callosum ist fast durchgebrannt.«
    »Also wird er sterben.«
    »Ja.« Einen Augenblick lang schwiegen sie beide. »Am schlimmsten daran ist«, sagte Beverly, »daß sie nie vorgehabt haben, ihn wieder abzuholen. Wahrscheinlich sind sie davon ausgegangen, daß er sich, falls wir ihn nicht vorher finden, auf einmal schlecht fühlt und irgendwo verkriecht – und dann leise in einer dunklen Ecke stirbt.«
    Picards Gesicht war ganz ruhig; doch er schaute zu ihr auf, ohne mehr von dem auszudrücken, was er tatsächlich empfand. »Wie ich Sie kenne«, sagte er sehr sanft, »ist das nicht das schlimmste daran.«
    Sie sah ihn an und seufzte, weil er bei solchen Gelegenheiten meistens in ihr lesen konnte wie in einem offenen Buch. »Nein«, sagte Beverly schließlich, »das ist es nicht. Das schlimmste daran ist, daß wahrscheinlich mein Gegenstück auf der anderen Enterprise dafür verantwortlich ist.«
    Der schockierte Ausdruck auf Jean-Lucs Gesicht verriet ihr, daß er das Problem verstand.
    »Die Arbeit weist meine Handschrift auf. Die Struktur der Außenhülle um das Virus, sogar das spiralförmige Flagellum, mit dem es sich in den Lymphknoten verankert – das alles sind Techniken, mit denen ich schon Krebs kuriert habe.« Beverly schluckte. »Was für ein Universum ist das, in dem praktische Ärzte die Medizin mißbrauchen dürfen, um so etwas zu tun? Was ist dort ein Arzt? Oder noch

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