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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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habe dir nicht viel gebracht, was?«
    »Aber klar doch.«
    »Ich muß über einiges nachdenken. Diesmal rufe ich bestimmt an«, sagte sie.
    Dann geschah etwas Seltsames, so als wäre ich ein halbwüchsiger Junge, der sich in sexuellen Phantasien erging. Ich legte meine Hände auf ihre Schultern, umarmte sie leicht, so daß meine Wange kaum ihr Gesicht berührte, doch vor meinem inneren Auge sah ich sie nackt, roch die Hitze auf ihrer Haut und den Parfümduft, der von ihren Brüsten aufstieg, spürte, wie sich ihr bloßer Bauch an meinen Unterleib preßte. Es war keine Lust. Es war eine ungestillte Sehnsucht, die in mir loderte wie eine Flamme, die sich nicht ersticken ließ, und ich kam mir vor, als wäre ich völlig allein. Einen Moment lang verstand ich, warum Menschen tranken und Gewalttaten begingen.
    »Bis dann«, sagte sie.
    »Wiedersehen, Mary Beth.«
    »Paß auf dich auf.«
    »Bestimmt.«
    Ich sah zu, wie das Flugzeug im Regen abhob, immer höher stieg und auf ein blaues Stück Himmel im Westen zuflog. Ich setzte mich in meinen Wagen und fuhr in die Stadt zurück. Die Hügel wirkten schwammig und sattgrün, und die Wolken waberten darüber hinweg wie schlierige Qualmschwaden über brennenden Öltanks.
    L. Q. Navarro wartete auf mich, als ich nach Hause kam. Er stützte die Hände auf das Fensterbrett in der Bibliothek und schaute hinaus auf einen Streifen kalten Sonnenlichts, der im Westen am Horizont stand.
    »Ist ein ganz schön nasser Frühling gewesen«, sagte er.
    »Ich habe heute womöglich den Prozeß verpatzt, L. Q.«
    »Weißt du, worauf du bauen kannst? Auf den Charakter von dem Jungen. Er hat Mumm. Und weißt du, warum?«
    »Sag’s mir.«
    »Er ist dein Sohn.«
    »Du hast immer auf mich aufgepaßt, L. Q.«
    »Weißt du, wie ich es anpacken würde? Hol den Jungen in den Zeugenstand und zeig den Geschworenen, aus welchem Holz er geschnitzt ist.«
    Ich hatte immer noch meinen Hut auf. Ich setzte mich in den ledernen Polstersessel in der Ecke und zog die Krempe herunter. Ich hörte L. Q.s Sporen auf dem Teppich klirren.
    »Bist du wegen der DEA-Frau so geknickt?« fragte er.
    »Weißt du noch, wie wir mal in dem Biergarten in Monterrey gewesen sind? Die Mariachi-Kapellen haben gespielt, und du hast mit der Frau mit den Kastagnetten Flamenco getanzt. Nachts war es immer kühl, und wir konnten die Feuer draußen auf den Hügeln sehen, wenn die Sonne untergegangen war. Das war ein schönes Leben damals, nicht wahr?«
    »Was diese – wie heißt sie gleich? – Mary Beth angeht ... Ich bin nach wie vor der Meinung, daß sie ein tüchtiges Mädchen ist. Manchmal muß man ner Stute ihren Witten lassen.«
    »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, L. Q., aber wie wär’s, wenn du den Mund hältst?« sagte ich.
    »Lies das Tagebuch von deinem Urgroßvater. Den Frommen und Gerechten wird nur Gutes widerfahren.
    Mitten im Grollen des Donners in der Ferne schlief ich ein. Als ich eine halbe Stunde später wieder aufwachte, war L. Q. weg, und Bunny Vogel hämmerte an meine Tür.
    Er saß an meinem Küchentisch, hatte eine Tasse Kaffee in der Hand, und die bronzefarbenen Haare hingen ihm feucht um den Nacken.
    »Noch mal von vorne«, sagte ich.
    »Mein alter Herr ist mit der Frau, die in der Fabrik arbeitet, in der Kiste gewesen. Er sagt, er hat die Fliegengittertür eingehängt. Er glaubt, daß Moon ein Streichholzbriefchen reingeschoben und den Haken hochgestoßen hat. Die Braut, Geraldine heißt sie, hat ihn zuerst gesehen. ›Herbert‹, hat sie gesagt, ›da is ein Mann an der Tür. Er schaut uns zu‹, und sie rollt den alten Herrn von sich runter und versucht das Laken über sich zu ziehen.
    Moon hat am Türpfosten gelehnt, eine Zigarette geraucht und die Asche in seiner Hand abgestreift. ›Hau ab, du Sack‹, hat mein alter Herr gesagt.
    Sagt Moon: ›So was würd ich nicht in mein Bett lassen, jedenfalls nicht ohne Terpentinbad und Rizinuskur.‹
    Mein alter Herr sagt: ›Ich hab eine Knarre im Nachtkasten.‹ Moon lacht und sagt: ›Ein fetter alter Knacker wie du muß sich doch erst die Finger einfetten, damit er an den Abzug kommt.‹
    Dann nimmt er Geraldines Kleidung, wirft sie ihr zu und sagt: ›Verzieh dich, Frau. Von dir will ich nichts.‹
    Mein alter Herr versucht aufzustehen, aber Moon schubst ihn mit drei Fingern zurück. Müssen Sie sich mal vorstellen ˗ ein großer, fetter, nackter Typ, dem bei jedem Atemzug die Lunge pfeift, wenn er sich von der Matratze hochstemmen will, während ihn

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