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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Längsstreifen am Bein. Feixend verzog er das Gesicht, als er mich sah.
    »Haben Sie sich also von Ihrem Balg losgerissen. Ich glaube, Sie beschäftigen sich mehr mit mir, als Sie zugeben wollen«, sagte er.
    »Kommen Sie mit in mein Büro«, sagte ich.
    Er rappelte sich träge auf, kreiste mit dem Hals, reckte die Schulter. Auf dem Weg zu meinem Büro riß er am Türstock ein Streichholz an, um sich damit eine Zigarette anzuzünden.
    »Billy Bob, ich kann bloß hoffen, daß den bald jemand umbringt«, sagte Kate, meine Sekretärin.
    Ich ging in mein Büro und zog die Tür hinter mir zu. Moon stand am Fenster, bog mit einem Finger die Jalousie auf und schaute hinab auf die regennasse Straße, auf die Menschen, die dort entlanggingen, ohne zu ahnen, daß sie von einem Paar blauer Augen beobachtet wurden.
    »Jemand mit viel Geld hat mir ein Angebot gemacht. Eine Arbeit, die jemand wie ich hinkriegt«, sagte er.
    »Kommen Sie zur Sache, Moon.«
    »Geld nützt mir nichts. Ich will das Land, das mir zusteht. Wenigstens einen Teil davon.«
    »Was wollen Sie?«
    »Fünf Hektar hinter Ihrem Anwesen drunten am Fluß. Ich will mir ein Haus baun, eine Art Blockhütte. Mit nem Gemüsegarten und ein bißchen Geflügel, damit bin ich bestens bedient.«
    »Was bekomme ich dafür?«
    »Ich knöpf mir jeden, den Sie wollen, mit ner Holzraspel vor. Ich hab mit Leuten Sachen gemacht, da kommen Sie gar nicht drauf.«
    »Ich glaube, Ihr reicher Wohltäter benutzt Sie nur, Moon.«
    Ich sah, wie er vom Hals aufwärts rot anlief.
    »Hier gibt’s einen Bengel, der sich für den größten Macker hält, weil er mit nem Football umgehn kann –« Dann hatte Moon sich wieder im Griff und grinste mich an.
    »Sie haben seinerzeit ein Negermädchen geschändet. Deswegen hat mein Vater Sie gefeuert«, sagte ich.
    Er ging zu meinem Schreibtisch und drückte seine Zigarette aus. Das Regenwasser glitzerte auf seinen Armen, und wenn er die Muskeln anspannte, wirkten sie, als wären sie aus weißem Gummi gemacht.
    »Die Kleine hat gelogen. Ihr Onkel isses gewesen«, sagte er.
    »Sie waren 1965 an der Matagorda Bay, zur gleichen Zeit, als mein Vater ums Leben kam.«
    Seine Augen funkelten kurz, dann feixte er mich wieder an.
    »Das hängt Ihnen nach, was?« sagte er.
    »Nein, es wird bloß höchste Zeit, daß Sie sich eine andere Suhle suchen. Setzen Sie sich lieber mit dem Dreckszeug auseinander, das Sie innerlich auffrißt.«
    Er saugte an seinen Zähnen, kratzte sich mit dem Fingernagel in der Nase, ließ sich ansonsten aber keinerlei Regung anmerken. »Sie haben einen schweren Schlag weg, meine Junge, aber ich weiß, wie sich so was wieder einrenken läßt«, sagte er.
    Er schlenderte durch das Vorzimmer hinaus in den Flur, strich mit dem Finger über den Schreibtisch der Sekretärin.
    Ich öffnete die Fenster, ohne mich um den Regen zu scheren, der auf den Teppich tropfte, und sagte meiner Sekretärin, daß sie beim nächsten Mal die Polizei rufen sollte.
    Als ich ins Foyer kam, wartete er auf mich. Der Regen prasselte auf das Pflaster und spritzte durch den Torbogen herein.
    »Ihre Mutter hat Ihnen wahrscheinlich erzählt, daß Ihr Vater tapfer in den Tod gegangen is«, sagte er. »Er hat sich am Boden gewunden, geschrien wie ein angestochenes Schwein, hat gebetet und gebettelt, daß ihn jemand ins Krankenhaus bringt, und sein Pimmel hat aus der Hose gehangen wie ein weißer Wurm. Ich hab mich hinter den Geräteschuppen verzogen und gelacht, bis ich keine Luft mehr gekriegt hab.«
    Ich zog ein vergilbtes Anzeigenblatt aus einem offenen Briefkasten, schlug es auf und drückte den Falz durch. Ich ging auf ihn zu, blieb unmittelbar vor ihm stehen und sah, wie ein Nerv unter seinem eingesunkenen Auge zuckte.
    »Hier, Garland, halten Sie sich das über den Kopf, damit Sie nicht naß werden. Da draußen gießt es wie aus Kübeln«, sagte ich und ging mitten durch den Verkehr über die Straße.

30
    Virgil Morales, das Mitglied der Purple Hearts aus San Antonio, war mein nächster Zeuge. Er trug eine weiße Hose mit messerscharfen Bügelfalten, Slipper mit Bommeln, einen dunkelroten Wildledergürtel und ein kurzärmliges, mit grünen und roten Blumen besticktes Hemd. Seine frisch gekämmten Haare rollten sich im Nacken wie ein nasser Entenschwanz. Locker und gelassen ging er zum Zeugenstuhl, warf den Geschworenen einen ehrerbietigen, beinahe unterwürfigen Blick zu – kurzum, er hatte eine geradezu wundersame Verwandlung vom nichtsnutzigen Biker zum

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