Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Beispiel, die über den Fluß wollten und die nichts mit Drogen zu tun hatten.«
»Sie haben ebenfalls Dreck am Stecken, mein Guter«, sagte ich und ging zum Taxistand auf der anderen Straßenseite.
Ich trat von der Bordsteinkante und ließ ein Auto vorbei.
Dann hörte ich ihre Stimme hinter mir.
»Hey, Billy Bob«, sagte sie.
»Ja?«
Sie zeigte mir den hochgereckten Daumen und lächelte.
Am nächsten Morgen fuhr ich am Zaun meines Anwesens entlang zu einem Stück Land am Fluß, wo Lucas und Vernon Smothers das Erdreich zwischen den in Reih und Glied gepflanzten Melonen harkten. Ich ging hinaus auf das Feld, in die Hitze, die vom Boden aufstieg, auf Vernon Smothers zu, der einen Strohhut trug und mir mit starrem Blick entgegenschaute.
»Ich möchte Lucas ein, zwei Stunden entführen«, sagte ich.
»Wozu?« fragte er.
»Rate mal.«
Er stützte den Unterarm auf den Harkengriff und roch an seiner Achselhöhle. Er schaute über das Steilufer und das milchig grüne Wasser des Flusses hinweg zu den Weiden auf der anderen Seite.
»Ich will nicht, daß mir die Waschbären dieses Jahr wieder die Melonen wegfressen. Ich hab vor, Fangeisen entlang dem Graben da drüben aufzustellen. Da kommen sie nämlich raus«, sagte er.
»Lucas muß mir bei dem Fall helfen, Vernon. Auf meinem Grund und Boden wirst du keine Fangeisen aufstellen, und Gift kannst du dir ebenfalls abschminken.«
»Hast du schon mal gesehn, wie ein Waschbär eine Melone frißt? Er bohrt ein kleines Loch rein, nicht größer als n Vierteldollar. Dann steckt er die Pfote rein und räumt alles raus. Er braucht bloß die Pfote in das Loch zu kriegen, dann bleibt nix übrig als die leere Schale.«
Er hatte die Lippen zusammengekniffen, die Mundwinkel nach unten gezogen und stierte mich wütend und voller Mißtrauen an.
»Komm mit, wir schaun uns einen Film an, Lucas«, sagte ich.
Lucas setzte sich auf die Hintertreppe und zog seine Stiefel aus.
»Das brauchst du nicht«, sagte ich.
»Ich mach Ihnen sonst alles dreckig.«
Wir gingen in die Bibliothek, und ich schaltete den Videorecorder ein, in dem die Kassette mit der tanzenden Roseanne Hazlitt steckte. Lucas Gesicht wurde grau, als ihm klarwurde, was er da sah.
»Mister Holland, ich bin da nicht scharf drauf«, sagte er.
»Wer sind die anderen jungen Leute?«
»Kids aus dem East End, die sich austoben. Ich kenn sie nicht näher.«
»Ich glaube dir nicht.«
»Wieso reden Sie so mit mir?«
»Weil wir diese Sache aus der Welt schaffen wollen und weil das nicht von selbst geht. Du hast im Shorty’s in der Band gespielt. Du kennst die gleichen Leute wie Roseanne Hazlitt. Aber du hilfst mir kein bißchen.«
Er schluckte, hatte die Hände um die Knie geschlungen.
»Ich bin im West End aufgewachsen. Ich mag diese Typen nicht.«
»Gut. Dann nenn mir die Namen der anderen Jungs, mit denen sie gegangen ist.«
Er zupfte an dem Baumwollstoff an seinem Schenkel herum, hatte den Blick zu Boden gerichtet, und seine Knie hüpften auf und ab.
»Mit jedem. Wenn sie voll war. Dann war ihr alles egal. Auch mit drei, vier Typen auf einmal. Denselben Typen, die ihren Namen an die Wand im Klo geschmiert haben.« Er blinzelte und rieb sich mit dem Handballen über die Stirn.
Wir fuhren nach Deaf Smith, parkten am Rathausplatz und gingen durch eine Nebenstraße auf eine aus Ziegeln gebaute Kirche mit einem weißen Turm, einem Zierrasen und einer verglasten Anzeigentafel zu, auf der die Anfangszeiten der Abendgottesdienste am Sonntag und Mittwoch angegeben waren.
»Wieso gehn wir zu der Baptistenkirche?« fragte Lucas.
»Tun wir nicht«, erwiderte ich.
Unmittelbar neben der Kirche befand sich der Laden der Gemeinde, in dem man allerlei Gebrauchtwaren kaufen konnte. An der einen Seite führte eine Gasse vorbei, an deren Ende eine überquellende Tonne für die gespendeten Gegenstände stand. Der Boden ringsum lag voller Matratzen und schimmliger Kleidung, über die Autos hinweggefahren waren. Sobald der Laden abends schloß, durchwühlten Arme und Obdachlose die Tonne und die danebenliegenden Kleiderhaufen.
Lucas schaute wie gebannt auf einen Wagen, der vor dem Laden stand, einen tiefgelegten 1932er Ford mit frisch gewachstem kirschrotem Lack, weißer Lederpolsterung und einem verchromten, aus der Haube ragenden Motor.
»Weißt du, wem der Wagen gehört?« fragte ich.
»Darl Vanzandt.«
»Ganz recht«, sagte ich und deutete durch das Fenster.
Darl kramte in einem Karton voller gespendeter Bücher herum
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