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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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fragte er.
    »Ins Autokino?«
    »Es muß nicht das Autokino sein.«
    »Ich überleg’s mir.«
    »Du überlegst es dir?«
    »Ich arbeite in dem Milchladen. Ich hab um sechs frei. Ich sag dir dann Bescheid.«
    Er schaute ihr hinterher, als sie in ihrem karierten Rock den betonierten Gang entlanglief, kokett die Hüften schwang, den abgetretenen Rasen überquerte und zur Bushaltestelle vor der Schule ging. Er blickte wieder zu dem Trainingsplatz, so als ob ihn jemand beobachtete, war verwirrt und ärgerte sich zugleich über seine Gedanken.
    Um halb sechs war er beim Milchladen.
    Eine Woche später schliefen sie miteinander – umgeben vom Zirpen der Zikaden, auf dem Rücksitz des alten Plymouth seines Onkels, dessen Polster nach Staub und Nikotin rochen –, und ihm war augenblicklich klar, daß sie gelogen hatte, daß sie noch Jungfrau war und daß er ihr weh tat, mehr als sie zugeben mochte, als sie kurz und erstickt aufkeuchte. Aber er konnte nicht aufhören, wußte nicht, daß er vorsichtig sein mußte, und konnte andererseits nicht zugeben, daß er seine sexuellen Erfahrungen bislang hauptsächlich mexikanischen Prostituierten und den Fabrikarbeiterinnen verdankte, die sein Vater mit nach Hause brachte, wenn er betrunken war.
    Er war erschrocken, als er sah, wie sehr sie blutete, und fragte, ob er sie in ein Krankenhaus im benachbarten Bezirk bringen sollte.
    »Hast du etwa Angst, mich in eins in der Nähe zu bringen?« fragte sie.
    »Ich möchte nicht, daß du Ärger mit deinen Leuten kriegst, das is alles«, log er.
    »Ich brauch sowieso keinen Doktor. Hat’s dir gefallen?« fragte sie.
    »Na klar.«
    »Nein, hat es nicht. Aber beim nächsten Mal wird’s dir gefallen«, sagte sie und küßte ihn auf die Wange.
    Sie tastete nach seiner Hand. Die dunklen Bäume draußen, die von Glühwürmchen umschwärmt wurden, erinnerten ihn an steinerne Säulen, aber er wußte nicht, warum.
    Zwei Tage später sah er sie in der Stadt und spendierte ihr an dem kleinen Limonadenausschank hinten in dem mexikanischen Lebensmittelgeschäft eine Cola mit Zitronensaft. Er sagte, er werde sie an diesem Abend anrufen, tat es aber nicht.
    Zwei Wochen vergingen, ehe ihm klarwurde, daß er ihr gar nicht aus dem Weg ging; sie war diejenige, die nicht angerufen hatte und nicht auf den Trainingsplatz gekommen war, obwohl er fest damit gerechnet hatte. Er hatte niemandem, den er kannte, von ihrem ersten Beisammensein erzählt.
    Er saß in seinem Wagen auf der anderen Straßenseite und beobachtete sie bei der Arbeit in dem Molkereigeschäft. Eines Abends sah er dann, wie sie kurz vor Dienstschluß in ihrer Arbeitskluft nach hinten ging und kurz darauf aus der Seitentür kam. Sie trug Wildlederstiefel und enge Jeans, große Ohrringe und eine schwarze Plastikjacke, hatte die Lippen frisch geschminkt und setzte sich hinter einem Mexikanerjungen, der protzig und breitbeinig auf sie gewartet hatte, aufs Motorrad.
    Eine halbe Stunde später entdeckte er die beiden in einem Drive-in-Restaurant im Norden der Stadt.
    »Komm mit in mein Auto, Roseanne«, sagte er. Dann wandte er sich an den jungen Mexikaner. »Hör mal zu, du Schmalzkopf. Du schwingst dich jetzt entweder auf deinen Bock, fährst heim und holst dir einen runter, oder ich brech dir die Knochen.«
    »Oje, sie hat mir von dir erzählt ... Vogel, der wilde Germane, stimmt’s?« erwiderte der Mexikaner. »Ich sag dir mal was, du Sack. Bei der hat der Staatsanwalt noch die Finger drauf. Hoffentlich landest du hinter Gittern, und jemand hält dir ne Kettensäge an die Backe.«
    Eine Stunde später schliefen Bunny und Roseanne auf einer blanken Matratze im dunklen Hinterzimmer der Tankstelle miteinander, in der er am Wochenende immer arbeitete.
    Bis zum Ende des letzten Schuljahrs war sie immer für ihn da, wenn er Lust auf sie hatte. Sie stellte so gut wie keine Ansprüche, bekam selten einen Wutanfall, und es machte ihr anscheinend auch nichts aus, daß er sie nicht zu Partys und in die Lokale mitnahm, wo seine Freunde verkehrten. Aber ihm wurde auch klar – zu spät, wie üblich –, daß er nicht begriff, worauf das Ganze hinauslief. Während er sich noch Sorgen machte, daß seine Klassenkameraden ihn wegen ihres Alters hänseln könnten (bis er feststellte, daß man von ihm, einem Jungen aus dem West End, diesbezüglich sowieso nichts Tolles erwartete), wurde ihm bewußt, daß sie sich überhaupt nicht um sein Dasein und seine Freunde scherte, weil sie ihn längst in ihre Kreise

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