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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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wurde heute morgen aufgenommen. Wenn wir ihn zurechtgestutzt haben, passen seine Einzelteile in Ihren Briefkasten.«
    Ich rief die Rektorin der Schule an. Sie war die klassische Bürokratenseele; sie wollte nichts von irgendwelchen Schwierigkeiten wissen und betrachtete jeden, der sie damit konfrontierte, als Störenfried, der ihr nur das Leben schwermachen wollte.
    »Ich habe Pete grade gesehen. Er ist im Speisesaal«, sagte sie.
    »Ich hole ihn um drei ab. Lassen Sie ihn nicht nach Hause gehen«, erwiderte ich.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Möglicherweise will ihm jemand was antun.«
    »Was geht hier eigentlich vor, Mister Holland?«
    »Ich weiß es nicht genau.«
    »Ich weiß sehr wohl, daß Sie das Schulgeld für ihn bezahlen und auch anderweitig für sein Wohlergehen sorgen, aber wir haben hier auch noch andere Kinder. Das klingt ja so, als ginge es um irgend etwas Persönliches.«
    »Ich melde mich wieder«, sagte ich. Ich legte auf und wählte Temple Carrols Nummer.
    »Wir müssen uns Roy Devins vornehmen«, sagte ich.
    »Was ist passiert?«
    Ich berichte ihr von den drei Männern, die mich am Abend zuvor zu Hause aufgesucht hatten.
    »Die wußten, daß ich Devins mit dem Lasso aus einer Bar geschleift habe. Devins war mit Petes Mutter in der Kiste. Sie trinkt und läßt sich gelegentlich mit Bikern und Kiffern ein.«
    »Hast du das Marvin erzählt?«
    »Was soll der denn unternehmen? Fünfzig Prozent der Cops in diesem Bezirk sind gekauft. Der kann von Glück reden, daß ihn noch niemand ermordet hat.«
    »Hör zu, rühr diesen Brief nicht an. Wenn wir darauf Fingerabdrücke finden, kann Marvin sie über AFIS laufen lassen. Ich melde mich wieder.«
    Ich schloß die Jalousien, saß im Dämmerlicht da und versuchte nachzudenken. Es mußte sich um dieselben Männer handeln, die gemeint hatten, sie könnten Moon terrorisieren und ihn aus der Stadt vertreiben. Nur daß die Sache anders ausgegangen war und er Roy Devins verstümmelt hatte. Aber warum wollten sie Druck auf Moon ausüben? Weil er draußen auf der Hart-Ranch gewesen war? Und wer waren sie?
    L. Q. Navarro saß in dem hirschledernen Lehnsessel in der Ecke, hatte einen Fuß auf den Papierkorb gelegt. Er warf ein ums andere Mal seinen Hut auf die Stiefelspitze, nahm ihn wieder in die Hand und warf ihn erneut.
    »Wird Zeit, daß du zur Bank gehst«, meinte er.
    »Ich dachte mir schon, daß du das sagst.«
    »Willst du dir weiter bloß den Kopf zerbrechen?«
    »Ich hob es aufgegeben, L. Q. Es hat dich das Leben gekostet.«
    »Diejenigen, die ihr Heim und ihre Familie nicht beschützen, haben weder das eine noch das andere verdient. Das hast du immer zu mir gesagt.«
    »Vielleicht will ich sehen, ob ich sie beschwichtigen kann. Vielleicht geht’s mir eher darum.«
    »Komm schon, mein Guter, du kannst den Jungen nicht im Regen stehenlassen, nicht nach einem Brief, in dem dir irgendwelches Geschmeiß damit droht, daß sie ihn umbringen. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würd ich dem Kerl die Leber wegballern und nebenbei eine eiskalte Carta Bianca trinken ... Tut mir leid, meine Ausdrucksweise ist manchmal ein bißchen unbedacht.«
    Ich ging hinunter zur Bank und dann in den Tresorraum, in dem sich die Schließfächer befanden. Ich trug meine gemietete Box in einen Besucherraum, stellte sie auf den Tisch und klappte den Deckel auf. Zwischen der Münzsammlung aus meiner Kindheit und der aus Illinois stammenden Taschenuhr meines Vaters lag L. Q. Navarros im Holster steckender Revolver. Der Stahl schimmerte glatt und glänzend wie Lakritze; die Griffschalen aus Elfenbein wirkten wie eingegossen, nicht wie angeschraubt, und im Laufe der Zeit hatten sie eine gelbliche Tönung angenommen, so als ob die Schwielen an L. Q. Navarros Hand abgefärbt hätten.
    Ich zog den Hahn halb zurück, öffnete die Ladeklappe und drehte die Trommel, so daß ich die Lichtkringel sah, die sich in den leeren Patronenkammern spiegelten. Dann steckte ich die Waffe wieder ins Holster, packte sie in eine Papiertüte und kehrte in meine Kanzlei zurück.
    Temple Carrol hatte angerufen und bei meiner Sekretärin eine Nachricht hinterlassen – Roy Devins, der Mann, den Garland T. Moon verstümmelt hatte, hatte sich aus dem Krankenhaus abgesetzt, ohne seine Rechnung zu bezahlen, und vermutlich mit einem Greyhound-Bus die Stadt verlassen.
    Ich nahm L. Q.s Revolver an diesem Nachmittag mit nach Hause, legte ihn in die Schreibtischschublade in der Bibliothek und las dann in Urgroßpapa Sams

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