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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Tagebuch.
     
    14. August 1891
    Letzte Woche sind die Rose vom Cimarron und ich mit der Santa Fe Railroad nach Denver gefahren und haben uns als Eheleute im Brown Palace Hotel eingemietet, einem Bauwerk, das selbst für diese moderne Zeit ein wahres Wunder ist. Jennie mochte sich gar nicht mehr beruhigen, als wir mit dem Aufzug zehn Stockwerke hochgefahren sind, und ich ehrlich gestanden auch nicht. Im Foyer standen lauter Topffarne, rote Samtsessel und kleine Sofas, die man aus England hergeschafft hat. Zum Abendessen gab es mit Reis gefülltes Präriehuhn. Man hat uns kleine Schalen zum Händewaschen gebracht, aber Jennie dachte, die wären für die Suppe. Später tranken wir Limonade mit Minzblättern, aßen Austern aus silbernen Eiskühlern und sahen uns den Auftritt der Sängerin Luhe Langtry an. Die Gäste waren allem Anschein nach größtenteils republikanische Geschäftsleute. Aber trotzdem waren es ganz ordentliche Kerle.
    Wyatt und Morgan Earp, Dallas Stoudenmire, Johnny Ringo, Joe Lefores und dieser schwindsüchtige Trunkenbold namens Doc Holliday haben hier verkehrt und sind entweder hier gestorben oder in andere Städte weitergezogen, wo ihresgleichen noch gelitten wird. Die Straßen von Denver sind mit Gaslaternen beleuchtet, und Revolvermänner, Indianer oder räudige Goldsucher sind hier nicht willkommen. Ich glaube aber nicht, daß Jennie das einsieht. Denver stellt nicht die Zukunft dar. Es ist nur so, daß der Cherokee Strip und ihre Leute, vielleicht sogar meinesgleichen, für die Vergangenheit stehen.
    Auf der Rückreise habe ich eine schreckliche Lektion gelernt. Die Brücke über eine Schlucht war bei einem Buschfeuer abgebrannt, so daß wir zwei Tage lang festsaßen. Wir gingen zu einem Lager der Tonkawa-Indianer, die im Winter fast verhungert wären, weil der Agent das Geld für ihre Lebensmittel unterschlagen hat. Jennie hat einen Karton Einmachgläser aus dem Zug besorgt und den Squaws gezeigt, wie man Konserven zubereitet. Sie sah richtig elegant aus in ihrem langen Kleid, während sie die Tomaten auf einem Steinofen gekocht und in die Gläser gegossen hat, in denen ein Löffel steckte, damit sie durch die Hitze nicht zerspringen. Ich dachte mir, daß wir vielleicht doch ein normales Leben führen könnten, droben in Wyoming oder Montana vielleicht, wo noch niemand von der Dalton- und der Doolin-Gang gehört hat.
    Als wir zum Zug zurückkamen, fiel mir ein dunkler Fleck am Boden neben dem Holzofen auf. Allem Anschein nach hatte jemand versucht, ihn mit Sand von den Dielen zu schrubben. Ich fragte den Zugführer, wer da so geblutet habe. Er sagte, es sei die Frau von einem Vorstandsmitglied der Eisenbahngesellschaft gewesen, die tödlich getroffen wurde, als Eisenbahnräuber vor drei Wochen durch das Glasfenster geschossen hatten.
    Später fragte mich Jennie, weshalb ich so nachdenklich sei. Das Geschmeiß, die Horde von Halbblöden, die unterhalb von unserem Haus wohnt, ist losgezogen und hat eine unschuldige Frau erschossen, sagte ich.
    Sie schaute schmollend aus dem Fenster und sagte dann zu mir: Die Eisenbahn hat den Indianern das Land geraubt, deshalb tut sie mir überhaupt nicht leid.
    Wenn der Herr mir damit die Augen öffnen wollte, so hat das Licht der Erkenntnis mir altem Mann doch zugleich auch tiefes Herzeleid zugefügt.
    Ein Motorrad bog knatternd in meine Auffahrt. Ich schaltete das Licht auf der Veranda ein und trat hinaus. Lucas Smothers hockte auf einer alten, tiefliegenden Indian mit verbeulten roten Schutzblechen. Sein T-Shirt und die Jeans waren voller Öl und Schmierflecken. Er stellte den Motor ab und grinste mich an.
    »Haben Sie so eins schon mal gesehen?« fragte er.
    »Klar, das sind Sammlerstücke.«
    »Ich will es restaurieren. Es hat einen Riß im Rahmen, aber den kann ich schweißen. Der Lehrer auf der High-School hat gesagt, ich darf nachmittags die Geräte in der Schulwerkstatt benutzen, wenn dort saubergemacht wird.«
    »Wo hast du es her?«
    »Von Darl Vanzandt.«
    »Von Darl?«
    Lucas wandte den Blick ab.
    »Er hat gesagt, daß er in der Kirche gewesen ist und die schlimmen Sachen, die er getrieben hat, wiedergutmachen will. Was hätt ich denn sagen sollen? ›Ich will nichts mit dir zu tunhaben‹?«
    »Meiner Meinung nach will er dir nur schaden.«
    »Indem er mir eine alte Maschine schenkt?«
    »Jimmy Cole wurde draußen auf der alten Hart-Ranch ermordet. Du hast wahrscheinlich von Anfang an recht gehabt. Darl und seine Freunde sind auf ihn gestoßen,

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