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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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mit dem Eimer. Dann fügte er mit tieferer Stimme hinzu: »Ich mach da nicht mit. Ich hab meine Scheißprinzipien.«
    »Soll ich dir den Arsch aufreißen?« erwiderte Bunny.
    »Du mußt ja nicht dabeisein. Mach den Kofferraum auf«, sagte Darl.
    Zwei von Darls Freunden zogen Lucas an den Armen vom Rücksitz und hielten ihn wie einen Gekreuzigten. Bunny schniefte laut und zog dann den Hebel unter dem Armaturenbrett. Darl griff in den Kofferraum, holte den Koffer mit Lucas’ zwölfsaitiger Gitarre heraus und schlug den Deckel wieder zu.
    »Danke fürs Herschaffen. Ich nehm’s dir nicht übel. Du hast keinen Zoff mit ihm. Ich schon«, sagte Darl.
    Bunny ließ seinen Wagen an und setzte auf dem Rasen in Richtung Auffahrt zurück. Er hatte die Scheinwerfer ausgeschaltet, konnte aber dennoch die schattenhaften Gestalten von Darl und seinen Freunden sehen, die Lucas die Kleidung auszogen. Sie wirkten wie mittelalterliche Grabräuber, die einen Leichnam plündern. Das Mädchen, das neben Bunny im Wagen saß, schaltete das Radio ein, drehte den Ton lauter und fing an, frisches Make-up aufzulegen.
    »Er gibt dir Geld, damit du dir einen blasen läßt. Das ist ja widerlich«, sagte sie.
    »Stell dich nicht so blöd an«, sagte er; dann packte ihn eine ohnmächtige Wut, und er ergriff das Lenkrad so fest, daß ihm die Hände brannten.
    »Los, fahren wir zurück zum Drive-in. Ich muß mal pinkeln«, sagte ein Mädchen auf dem Rücksitz.
    Bunny hätte am liebsten das Gaspedal durchgedrückt und wäre mit dem Chevy quer über den Rasen, durch die Hecken und Blumenbeete zur Auffahrt gerast. Doch er starrte immer noch wie benommen auf das, was sich vor seinen Augen abspielte, fragte sich auch jetzt noch, wie er hinterher dazu stehen sollte, und womöglich auch, wer oder was er überhaupt war.
    Lucas saß jetzt auf dem Hintern, ohne Hemd und mit heruntergezogener Hose. Darl, die drei Jungs, die bei ihm gewesen waren, und die Kids aus den anderen Autos, umringten ihn. Doch Bunnys Blick fiel auf eine weitere Gestalt, einen älteren Mann, dessen blasse Haut fahl schimmerte, wie mit einer Glyzerinschicht überzogen. Abseits von den anderen, unter den Ästen einer Sumpfkiefer, so daß sein Gesicht im Halbschatten lag, stand Garland T. Moon, hatte eine Zigarette in der hohlen Hand wie ein Soldat, der beim Wacheschieben heimlich raucht. Er hatte die Mundwinkel verzogen, so als würde er grinsen.
    Zwei der Jungs mit den nach hinten geschobenen Mützenschirmen zerrten Lucas hoch. Darl hängte ihm die Gitarre um den Hals, während ein anderer Junge ihm seinen Gürtel um die Knöchel schlang. Dann zogen sie den Gummibund seiner Boxershorts weit auf, kippten ihm eine Mischung aus Matsch, Stroh und Gülle über Hintern und Unterleib und schleiften ihn zu der Terrasse.
    Die beiden Jungs, die Lucas hielten, zögerten, blieben unschlüssig stehen, als die Blechbläser und Saxophone loslegten.
    »Nein, nein, meine Hübschen, auf geht’s«, sagte Darl.
    Seine Worte, der Zynismus, der darin mitschwang, der teils fordernde, teils verächtliche Unterton, den er anschlug, schienen die Jungs wieder aufzumuntern, die einen Moment lang gezaudert hatten wie Motten, ehe sie sich in die Flamme stürzen. Sie schleppten Lucas, dessen Füße über die Steinplatten schleiften, der kaum mehr den Kopf geradehalten konnte, kreidebleich war und aussah, als sei er seiner Sinne nicht mehr mächtig, auf die Terrasse, zwischen Tanzfläche und Orchesterpodium.
    Er versuchte sich aufzurappeln, als sie losließen und davonrannten. Doch er geriet ins Straucheln, schlug mitsamt seiner Gitarre auf die Steinplatten. Seine Haut war schweißnaß und voller Schmutz, so feucht, daß sie im Schein der Strahler förmlich flimmerte, das Gesicht teigig und verquollen, der Mund verständnislos aufgesperrt. Er stützte sich auf die Ellbogen und stierte zu den tanzenden Paaren.
    Doch so leicht ließen sich das Management und die Mitglieder des Post Oaks Country Clubs nicht aus der Ruhe bringen. Die Band spielte weiter, als sei nichts geschehen, die Leute auf der Tanzfläche warfen allenfalls einen beiläufigen Blick auf Lucas, und ein Wachmann, begleitet von einem Kellner, hüllte ihn in ein Tischtuch und brachte ihn weg wie einen Sack Müll.
    Aber später, als Lucas auf einer Bank in dem Aluminiumschuppen saß, in dem die Gartengeräte des Clubs aufbewahrt wurden, und sich in einen Sack übergab, in dem einst Unkrautvertilger gewesen war, lernte er das Management von einer anderen Seite

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