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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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letzter Auftritt«, sagte ich. »Ich hätte darauf kommen müssen.«
    »Da komm ich nicht mit.«
    »Er hat zu mir gesagt, daß er nicht trinkt. Dann hat er mir erzählt, daß er wegen Alkohol am Steuer vorbestraft ist.«
    »Nächstes Mal lassen Sie ihn auf der Toilette liegen.«
    Ich weiß nicht, inwieweit Garland T. Moon all das eingefädelt hatte, was sich am darauffolgenden Abend ereignete. Die Niedertracht, die Rachsucht und Grausamkeit, die dabei im Spiel waren, deuteten auf ihn hin. Aber sie waren auch bezeichnend für Darl Vanzandt. Die beiden hatten einander gefunden, und ich vermutete, daß sie sich auf Anhieb verstanden, genau wußten, was der andere plante und worum es ihm ging – so wie im Gefängnis, wo die krankhaften Triebtäter unter Hunderten von Mithäftlingen ihresgleichen auf den ersten Blick erkennen.
    Ich erfuhr die Geschichte von verschiedenen Seiten, von Mary Beth, die auf den Notruf hin zuerst beim Country Club eingetroffen war, von Vernon Smothers und Bunny Vogel. Wenn man sich die ganze Geschichte anhörte, ging es einem so ähnlich wie Urgroßpapa Sam, als er einst geschrieben hatte, er schäme sich, der weißen Rasse anzugehören. Darl Vanzandt und Moon waren abartig. Aber was war mit den anderen los, die Bescheid wußten und trotzdem begeistert mitmachten?
    Lucas hatte an diesem Tag mit seinem Vater auf dem Feld gearbeitet und ihm erklärt, daß er an diesem Abend vor einem Baseballspiel draußen auf dem alten Trainingsgelände der Cardinals mit der Band spielen wolle. Vernon Smothers glaubte ihm nicht, war aber sowieso längst davon überzeugt, daß sein Sohn ihm nie die Wahrheit sagte. Er hatte sich längst damit abgefunden, daß ihr Zusammenleben von gegenseitigem Mißtrauen geprägt war, daher sagte er nichts, als Lucas um vier Uhr nachmittags staubig und verschwitzt vom Feld nach Hause ging, sich neben der Scheune bis auf die Unterhose auszog und in einer von der Windmühle gespeisten Wasserrinne die Holzböcke von der Haut zupfte.
    Lucas ging hinein, duschte, zog eine frische Hose, ein Paar glänzende gelbe Stiefel und ein eng auf Taille geschnittenes Sportsakko an. Als er auf die Veranda trat, wehte ihm ein frischer, kühler Wind ums Gesicht, und der Spätnachmittag ließ sich verheißungsvoll an. Er setzte sich mit seiner zwölfsaitigen Gitarre auf die Treppe und wartete darauf, daß Bunny Vogel ihn abholte.
    Bunny hatte ein paar Mädchen dabei, Mädchen, die Vernon Smothers noch nie gesehen hatte. Sie hatten sich schmale goldene Ringe durch Augenbrauen und Nasenflügel gestochen, waren zu dürr, zu unreif und alles andere als attraktiv, aber sie taten so, als wären sie es, trugen keine BHs, hatten die Blusen halb aufgeknöpft und redeten schrill und aufgeregt durcheinander, so als ob sie eine wilde Fete feierten.
    Vernon verstand sie nicht. Aber wie sollte ich auch, dachte er, wenn ich nicht mal begreife, was in meinem eigenen Leben falschläuft. Vielleicht ist mit dem ganzen Land irgendwas faul, dachte er. Seinerzeit, in den sechziger Jahren, war alles zum Teufel gegangen. Es mußte an dem verfluchten Krieg liegen und an den Leuten, die ihn nicht mitmachen mußten.
    Ein paar Minuten fand er diesen Gedanken ganz tröstlich. Er sah vom Fenster aus zu, wie sein Sohn in Bunnys Wagen wegfuhr.
    Bunny, Lucas und die Mädchen fuhren zunächst zu einem Restaurant, das Bunnys Cousin gehörte. Sie saßen auf der überdachten Veranda hinter dem Haus, aßen Barbecuesandwiches und tranken Wodka-Collins mit zerstoßenem Eis, Kirschen und Orangenscheiben. Es hatte abgekühlt, und die Wiesen standen voller leuchtender Blumen und frischem Frühlingsgras. Der Inhaber goß ihnen Doppelstöckige ein, berechnete aber nur Einfache, und Lucas sah mit einemmal alles mit anderen Augen. Er hatte das Gefühl, als ob er Bunny und die Mädchen seit jeher kannte, so als ob sie alte Freunde wären, mehr miteinander gemein hätten, als er gedacht hatte. Und er genoß die Abendstimmung und freute sich seines Lebens.
    »Du bist auf der Uni richtig klasse gewesen, Bunny«, sagte Lucas. »Ich meine, daß du immer noch Profi werden könntest. Garantiert.«
    »Schnee von gestern, mein Junge«, sagte Bunny.
    »Er ist kein Junge. Er ist ein ... Er ist ein ... Ich weiß nicht, was er ist«, sagte eins der Mädchen und kicherte vor sich hin. Sie trank einen Schluck aus dem Collins-Glas. Ihre Lippen wirkten rot und kühl, wie eine dunkle Kirsche, die jeden Moment zwischen den Zähnen zerplatzen könnte. »Du bist der

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