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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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den Sand von den Füßen und zog seine Gummilatschen an. Die langen bronzefarbenen Haare hingen über den entstellten Unterkiefer herab.
    »Ich stoße bei meinen Prozeßvorbereitungen immer wieder auf Ihren Namen«, sagte ich.
    »Interessiert mich nicht«, entgegnete er.
    Ich schaute zu dem Mädchen und wartete, daß er mich vorstellte. Als er es nicht machte, wurde mir klar, daß er nicht deshalb rot angelaufen war, weil ich ihn dabei ertappt hatte, wie er bei einem Mädchen Eindruck schinden wollte.
    »Ich heiße Billy Bob Holland. Wie geht’s Ihnen?« fragte ich.
    »Schön, Sie kennenzulernen«, sagte sie. Eine Goldkrone blinkte hinten in ihrem Mund.
    »Oh, entschuldigen Sie, das ist Naomi. Wir wollten grade schwimmen gehen«, sagte er und deutete ins Leere, so als schulde er mir eine Erklärung.
    »Genau das mach ich jetzt auch«, sagte sie und nahm ihr Handtuch.
    »Du mußt nicht weggehn, Naomi«, sagte Bunny.
    Sie lächelte und ging ins Wasser. Hinten an den Schenkeln, unter dem Beinansatz des Badeanzugs, hatte sie leichte Speckwülste. Sie beugte sich vornüber und spritzte sich eine Handvoll Wasser über Schultern und Arme. Bunny betrachtete sie mit verkniffenem Mund, und ich sah ihm an, daß er am liebsten hinaus in die Sonne wollte, weg von dem Gespräch, das ihm bevorstand.
    »Ich werde Sie beim Prozeß gegen Lucas als Zeugen aufrufen«, sagte ich.
    »O Mann, sagen Sie mir so was nicht.«
    »Sie werden jede Menge Gesellschaft haben – Darl Vanzandt, Virgil Morales, eine Motorradbraut namens Jamie Lake, ein alter Schwarzer, der gesehen hat, wie Roseanne Hazlitt Ihnen eine Ohrfeige gegeben hat.«
    »Morales? Der Pfefferfre ... der Junge von den Purple Hearts? Was hat der denn damit zu tun?«
    »Warum hat Roseanne Sie geschlagen? Warum hat Morales Sie als Zuhälter bezeichnet, Bunny?«
    Bunny legte die Fingerspitzen an die Schläfen.
    »Sie haben keine Ahnung, was Sie da machen. Sie machen mir das ganze Leben kaputt, Mister Holland.«
    » Ihr Leben? Was ist mit dem Mädchen, das jetzt auf dem Friedhof liegt? Was ist mit Lucas Smothers’ Leben?«
    Über seiner linken Brustwarze war ein kleines Herz auftätowiert.
    »Ich hab das alles nicht gewollt. Wer will denn schon, daß so ein Zeug passiert«, sagte er.
    »Emma Vanzandt hat mich gestern als Dummkopf bezeichnet. Als ich sie gefragt habe, warum, hat sie Ihren Namen erwähnt. So als ob Sie ein Schlüssel wären, mit dem ich nichts anzufangen weiß.«
    »Emma hat das gemacht?« Er drehte sich um und starrte mich hitzig an. »Das Miststück hat das wirklich gemacht?«
    »Das paßt nicht zu Ihnen, Bunny.«
    »Ja, was denn? Menschlicher Dildo etwa?«
    Er schaute mich an, als warte er darauf, daß ich es endlich kapierte. Ich ließ mir keine Regung anmerken.
    »Reiche Frau erwischt ihren Mann beim Fremdgehn, und wie zahlt sie’s ihm heim? Sie schnappt sich einen jungen Kerl, der’s ihr tüchtig besorgt.«
    »Sie und Emma?«
    »Es war eine einmalige Sache. Sie ist hundert Meilen weit zu nem Motel gefahren, das genau zwischen zwei Ölbohrtürmen liegt. Die Wände haben gewackelt, als ob sie jeden Moment einfallen. Ich glaube, sie war mit Speed zugedröhnt. Sie wollte ihn mitten drin anrufen, in einem bestimmten Moment. Ich mußt’s ihr ausreden.«
    Er schaute auf den Fluß, zu der jungen Mexikanerin, die mitten im gleißenden Sonnenschein stand, der sich auf dem Wasser spiegelte. Nach einer Weile sagte er: »Sie ist ein nettes Mädchen. Naomi, mein ich. Sie weiß nichts davon. Sie hält mich für einen scharfen Typ, weil ich auf der Uni Football gespielt habe.«
    »Vielleicht sind Sie besser, als Sie meinen«, sagte ich.
    »Nein, ich weiß genau, was ich bin. Ich schiebe die Schuld immer auf die Vanzandts, aber die haben genau gewußt, nach was für einem Mensch sie Ausschau halten müssen.«
    »Sie sind noch jung. Sie haben nichts getan, was sich nicht ungeschehen machen ließe.« Als er nicht antwortete, sagte ich: »Oder doch?«
    Er schaute auf seine Füße, hatte die Finger in die bronzefarbenen Haare geschoben, so daß sie wie weiße Schlangen wirkten. Als ich zum Wagen ging, fiel mir ein, daß ich vergessen hatte, ihm die Nachricht von seinem Vater auszurichten. Aber ich hatte das Gefühl, daß Bunny heute nicht noch mal daran erinnert werden wollte, wer oder was er war.
    Ich erkannte sie fast nicht, als sie mittags in meiner Auffahrt aus dem Taxi stieg. Sie trug ein ultramarinblaues Kostüm, Stöckelschuhe, eine weiße Bluse und eine beige

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