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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Umhängetasche. Aber aus irgendeinem Grund sah ich nach wie vor die große Frau mit brauner Uniform und Diensthut vor mir, die eine natürliche Eleganz ausstrahlte. Ich öffnete die Seitentür und trat unter das Vordach.
    »Holla«, sagte ich.
    »Selber holla.«
    »Du hast dich ja verändert.«
    »Soll das eine Begrüßung sein?«
    »Komm rein.« Ich öffnete die Fliegengittertür.
    Sie zögerte. »Ich möchte dich nicht stören.«
    Wir schauten einander an, als wären wir uns gerade an einer Bushaltestelle begegnet.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Mary Beth. Ich habe eine telefonische Nachricht erhalten. Ansonsten war Brian Wilcox der einzige, von dem ich etwas über dich erfahren habe.«
    »Brian?«
    »Er hat sich einen Durchsuchungsbefehl besorgt und mein Haus auf den Kopf gestellt.«
    Sie wandte den Blick ab, wirkte gedankenverloren.
    »Ich dürfte eigentlich gar nicht hier sein. Meine Leute wollen mit dem Sheriff einen Deal arrangieren.«
    »Deine Leute?«
    »Ja.«
    Der Wind zerrte an den Locken in ihrem Nacken. Ich hörte das Blechdach der Scheune in der Hitze knacken, so als würden Drähte reißen.
    »Will dir die hiesige Polizei wegen der Schießerei etwa Scherereien machen?« fragte ich.
    »Dadurch sind sie fein raus. Und ich habe ihnen die Gelegenheit dazu gegeben.«
    »Sammy Mace war ein Polizistenmörder. Er hat es darauf angelegt«, sagte ich.
    »Können wir reingehen, Billy Bob. Wir waren heute morgen in Denver. Ich bin zu dick angezogen.«
    Sie setzte sich an den Küchentisch. Ich goß ihr ein Glas Eistee ein. Ich ließ mir kaltes Wasser über die Hände laufen, ohne zu wissen, warum. Das Scheunendach draußen gleißte in der Sonne wie ein Spiegeltelegraph.
    »Meine Dienststelle steht für alles gerade. Ich habe Mist gebaut, aber die stehen trotzdem für alles gerade«, sagte sie.
    »Ein gestandener Haufen. Handelt es sich um die DEA?« fragte ich.
    Ich sah, wie sich ihr Rücken straffte. Sie blickte aus dem Fenster, hatte die Hand auf einer Papierserviette liegen.
    »Ich war der Meinung, daß ich herkommen sollte. Aber ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll, Billy Bob.«
    »Können wir zusammen essen gehen? Können wir eine Zeitlang zusammensein, ohne uns über irgendwelche Verpflichtungen gegenüber einer Regierungsbehörde zu unterhalten? Meinst du etwa, du schuldest Typen wie diesem Brian Wilcox etwas?«
    »Darum geht es doch gar nicht. Nur weil du aus dem Dienst ausgeschieden bist, heißt das noch lange nicht, daß andere –« Sie beendete den Satz nicht. Sie ließ beide Hände in den Schoß sinken, legte dann eine auf ihre Umhängetasche.
    Ich machte den Kühlschrank auf und wollte den Krug mit dem Eistee herausholen. Ich schloß die Tür wieder und blieb wie benommen mitten im Zimmer stehen, hatte genau die falschen Worte auf der Zunge.
    »Ein englischer Schriftsteller, E. M. Forster hieß er, hat einmal gesagt, wenn er zwischen dem Dienst an seinem Vaterland und seinen Freunden wählen müßte, hoffte er, daß er den Mut habe, sich für seine Freunde zu entscheiden«, sagte ich.
    »Ich glaube, das haben wir im Englischunterricht nicht durchgenommen«, erwiderte sie und stand auf. »Kann ich mir von hier aus ein Taxi rufen? Ich hätte den Fahrer bitten sollen, daß er wartet.«
    »Entschuldige bitte. Geh nicht einfach so weg.«
    Sie schüttelte den Kopf, ging dann in die Bibliothek und telefonierte. Ich vertrat ihr den Weg, als sie zur Haustür gehen wollte.
    »Du hältst dich für einen Versager. Du hast Jura studiert. Du warst Texas Ranger und Bundesanwalt. Du kannst doch wieder Ordnungshüter werden, jederzeit, wenn du willst«, sagte sie.
    »Dann bleib hier. Ich bestelle das Taxi ab.«
    Ich legte ihr die Hand auf den Arm. Sah, wie sie zögerte, hin und her gerissen war, sich nicht entscheiden konnte, sah, wie sie schluckte.
    »Ich gehe jetzt lieber. Ich rufe dich später an«, sagte sie.
    »Mary Beth –«
    Sie ging mit hochroten Wangen aus der Tür, tastete mit den Händen hinter sich nach dem Knauf, damit sie sich nicht umdrehen und mir ins Gesicht schauen mußte.
    Doch am Montagmorgen war immer noch kein Anruf eingegangen. Statt dessen hielt ein verbeulter Spritschlucker vor meiner Kanzlei, und eine Frau mit platinblonder Perücke, Sonnenbrille und einem geblümten Sommerkleid stieg aus, schaute wie aus alter Gewohnheit einmal nach links und rechts und ging dann ins Foyer im Erdgeschoß.
    Eine Minute später meldete sich meine Sekretärin.
    »Eine Miss Florence LaVey ist da.

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