Dunkler Sturm - Roman
von dem jungen Mann, mit dem er zu Beginn dieser Nacht zusammengestoßen war, und erwähnte auch das Licht, das ihn beinahe an denselben schwarzen Ort zurückgeschickt hätte, zu dem die Nachtwandler verschwunden waren. Selbstverständlich färbte er die Geschichte ein wenig ein und ließ den Teil aus, in dem er seinen Schattenumhang beschworen hatte, um zu fliehen.
Titus bezweifelte allerdings ohnehin, dass sich alles so zugetragen hatte, wie Riel es schilderte. Dämonen waren von Natur aus ausgezeichnete Lügner. Dennoch war ihm klar, dass der Nimrod zum Leben erweckt worden war und mit ihm die Seele des verfluchten Bischofs. Das dumpfe Pochen in Titus’ Brust bestätigte das. Er hätte schwören können, dass er tief in seinem Bewusstsein wahrnahm, wie der Bischof ihn auslachte. Aber selbst wenn der Nimrod wieder aktiv war und die Seele des Bischofs sich rührte, war er noch nicht im Vollbesitz seiner ganzen Macht. Nur mit einem willigen und fähigen Wirt konnte der Bischof die Ebenen durchqueren. So bestand also immer noch die Chance, dieWaffe zu erbeuten, es sei denn, Riel hatte dieWahrheit gesagt, und der legendäre Nimrod hatte gewählt. So unwahrscheinlich das auch klingen mochte, Titus konnte das Gefühl der Macht dieses Artefakts, das ihn durchströmte, nicht ignorieren.
Während der letzten Jahrhunderte hatte der Nimrod fast durchgehend geschlummert. Er war durch viele Hände gegangen, und die meisten Menschen hatten ihn für das gehalten, wonach er aussah, für eine zerbrochene Mistgabel nämlich. Einmal war er kurz zum Leben erwacht, hatte aber den armen Teufel, der ihn aus Versehen geweckt hatte, verzehrt, bevor er wieder in tiefen Schlummer fiel. Sollte der Dreizack jetzt jedoch einen Herrn erwählt haben, so konnte das den Beginn eines neuen Krieges bedeuten. Und wenn sie tatsächlich an der Schwelle einer weiteren Siebentägigen Belagerung standen, dann würde Titus, wie er sehr wohl wusste, seine besten Dämonenkrieger an seiner Seite brauchen.
»Riel, du hast dem Orden jahrhundertelang treu gedient und dich zumeist als sehr wertvoll erwiesen. Nur aus diesem Grund werfe ich dich nicht zurück ins Feuer, auf dass du dich Belthon gegenüber verantworten musst«, erklärte Titus.
»Ich danke Euch, Meister.« Riel wäre beinahe vor Titus gekrochen.
»Deinen Dank brauche ich nicht, du Wurm. Ich brauche Ergebnisse. Es ist mir egal, ob du einen ganzen Friedhof erwecken musst, um den Jungen zu töten und den Dreizack zu erbeuten. Ich will dieWaffe!«
»Euer Wunsch ist mir Befehl«, antwortete Riel, während sein Bild im Spiegel verblasste.
»Inkompetent«, murmelte Flag. Titus sah den Magus an, als würde er sich jetzt erst bewusst, dass er nicht allein im Raum war. »Nicht Ihr, Lord Titus, ich meine Riel«, erklärte Flag hastig.
»Flag, Riel hat schon länger Blut vergossen – das von Menschen und das von Dämonen –, als du und ich am Leben sind. Und obwohl es ihm nicht gelungen ist, den Nimrod zu erbeuten, hat er uns soeben zwei sehr wichtige Dinge mitgeteilt.« Als Titus den verwirrten Ausdruck auf Flags Gesicht bemerkte, fuhr er erklärend fort: »Das Erste ist, dass der Nimrod erweckt ist, und das Zweite ist die Mahnung, niemals einen Gegner zu unterschätzen. Riel hielt seine Gegner für schwach, weil sie Menschen waren, doch Magie kann selbst ein ängstliches Schaf in einen wilden Löwen verwandeln. Dieser Sterbliche muss gefunden und der Nimrod erbeutet werden, bevor es dem Bischof gelingt, in dieser Welt Fuß zu fassen.« Die Nervosität in Titus’ Stimme war nicht zu überhören.
»Sollen wir Belthon informieren?«, erkundigte sich Flag und betete insgeheim, dass Titus seine Frage verneinen würde. Flags Meister war eine Bestie, aber neben dem Dämonenlord wirkte er wie ein Schmusekätzchen. Obwohl der Magus schon seit seiner Kindheit für den Dunklen Orden arbeitete, bereiteten ihm die mächtigeren Wesen immer noch Unbehagen, selbst wenn sie keine reinen Dämonen waren.
»Noch nicht«, entgegnete Titus. »Ich glaube nicht, dass ein einzelner Sterblicher mächtiger sein kann als die Armeen der Hölle, nicht einmal mit dem Dreizack. Wir müssen einen Plan schmieden, aber zunächst brauchen wir Antworten. Finden wir heraus, was Leah dazu zu sagen hat.«
»Herr, haltet Ihr es wirklich für notwendig, sie zurate zu ziehen?«, fragte Flag mit besorgter Miene.
»Flag, sind deine Vorurteile etwa so groß, dass du die Gesellschaft einer Fee nicht mehr erträgst?«, erkundigte sich
Weitere Kostenlose Bücher