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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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fast das Herz stehen. Das Scheinwerferlicht erhellte die Silhouette einer Person. Sie hatte ihr Gesicht an die Milchglasscheibe gepresst und beschattete es seitlich mit den Händen.
    Jemand stand vor dem Fenster und sah zu ihm herein!
    Gleich darauf war es wieder dunkel, das Auto war weitergefahren.
    Hastig schlang Jan das Badetuch um die Hüften und lief zur Tür. Das Badezimmerfenster befand sich gleich rechts neben dem Hauseingang, dennoch war es weit genug entfernt, dass der Bewegungsmelder nicht aktiviert wurde, wenn man davorstand. Das Licht sprang jetzt an, als Jan die Haustür aufriss.
    Beinahe gleichzeitig hörte er ein Rascheln im Vorgarten und sah eine Gestalt davonrennen. Es ging viel zu schnell, um sie erkennen zu können, aber Jan glaubte, die flatternden Schöße eines grauen Regenmantels zu sehen. Gleich darauf war die Gestalt um die Hausecke verschwunden. Sie lief in den hinteren Garten.
    »Halt! Warten Sie!«
    Barfuß und nur mit dem Handtuch um die Hüften rannte Jan ihr nach. Kalter Regen klatschte auf seine Haut, während ihn die Dunkelheit des Gartens umfing. Der Grasboden war nass und matschig, und Jan hatte Mühe, nicht auszurutschen. Schließlich blieb er stehen.
    Um ihn herum herrschte absolute Finsternis. Das Haus
schirmte jegliches Licht der Straßenleuchten ab. Nur Jans Keuchen und das Prasseln des Regens auf den Bäumen und Büschen waren zu hören.
    »Wo sind Sie?«
    Er erhielt keine Antwort.
    »Kommen Sie heraus. Ich will mit Ihnen reden.«
    Da! Ein Rascheln links von ihm.
    Vorsichtig ging Jan auf eine Reihe Wacholderbüsche zu, doch das Astwerk war viel zu dicht, und es war viel zu dunkel, um die Person zu sehen, die sich dahinter verbarg.
    Jan zitterte vor Kälte und Aufregung. Sein Puls raste.
    »Warum kommen Sie nicht heraus? Sie wollen doch zu mir, oder? Also, hier bin ich.«
    Wieder das Rascheln. Jan konnte förmlich spüren, wie ihn die Person beobachtete. Es war, als könnte er ihre Blicke wie Berührungen auf seiner nackten Haut fühlen. Aber sie sagte nichts.
    Dann auf einmal strich etwas Weiches an seinen Waden entlang. Jan stieß einen Schrei aus. Er wirbelte herum, stieß das weiche Etwas von sich, glitt aus und fiel zu Boden. Keinen halben Meter vor sich erkannte er einen kleinen dunklen Umriss, der ein empörtes Miauen von sich gab.
    Die Nachbarkatze, dieses neugierige Biest.
    Noch während ihm dieser Gedanke durch den Kopf schoss, stob die Gestalt aus den Büschen an ihm vorbei. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Jan den Luftzug ihres Mantels auf der Haut spüren. Er sprang auf und sah den schwarzen Schatten, der gleich darauf wieder im Dunkel verschwand. Sie lief durch den Garten und würde an der anderen Seite des Hauses entlang zurück auf die Straße rennen.

    Statt ihr zu folgen, hastete er zurück zum Hauseingang, wo sie sich unweigerlich begegnen mussten. Seine nackten Füße patschten durch das Gras und dann auf dem Asphalt des Bürgersteigs. Keuchend blieb er stehen und sah sich um.
    Niemand.
    Entweder war sie schneller als er gewesen, oder sie war unterwegs stehen geblieben und versteckte sich weiterhin im Garten. So oder so, es hatte keinen Sinn, ihr noch einmal nachzulaufen. Vor allem nicht, wenn er nur ein Handtuch um die Hüften trug.
    Er solle nicht den Helden spielen und lieber die Polizei alarmieren, sobald die Unbekannte wieder auftauchte, hatte Franco ihm geraten, und genau das würde er jetzt auch tun.
    Am Hauseingang sah Jan sich noch einmal um. Die Straße war menschenleer.
    Sie ist noch im Garten.
    Er schloss die Tür, nahm das Telefon vom Flurtisch und wollte gerade ins Badezimmer gehen, um sich etwas überzuziehen, als er Schritte aus dem Wohnzimmer vernahm. Erschrocken fuhr er herum.
    »Ach, hier bist du.«
    Julia Neitinger stand vor ihm. Jan starrte sie ungläubig an. Mit ihr hätte er am wenigsten gerechnet.
    »Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe«, sagte sie. »Die Tür stand offen. Aber ich habe geläutet.« Sie deutete auf das Handtuch und schmunzelte. »Warst du etwa so auf der Straße unterwegs?«
    Noch immer schlug Jans Herz wie wild. »Was willst du?«
    Ihr Gesicht wurde wieder ernst. »Ich bin gerade bei dir vorbeigefahren und dachte mir, ich sollte mich noch einmal
bei dir entschuldigen. Was da auf der Feier vorgefallen ist, war dumm von mir. Es ist mir schrecklich peinlich und tut mir wirklich leid.«
    »Ich hab doch gesagt, ist bereits vergeben und vergessen. «
    »Ja, ich weiß. Aber ich wollte es dir einfach noch

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