Dunkles Begehren
verbunden war,
spürte Francesca, dass die Kleine plötzlich große Furcht empfand. Sie hatte
keine Angst vor Francesca. Im Gegenteil, ihre gequälte, verborgene Seele hatte
sich Francesca gegenüber ein wenig geöffnet. Skyler schien die Anwesenheit
ihres Vaters zu spüren. Er musste sich irgendwo im Krankenhaus aufhalten und
sich dem Zimmer nähern.
Francesca fing die
Furcht der jungen Frau auf. Es wäre unmöglich gewesen, sie zu übersehen.
Francesca verfügte über immense Selbstbeherrschung, entstanden in vielen
Jahrhunderten des geduldigen Wartens. Sie besaß Fähigkeiten, mit denen sie
auch gefährliche Situationen überstehen konnte, sie musste sich jedoch wie eine
Sterbliche verhalten. Francesca hatte sich selbst beigebracht, in ihrem
Verhalten den Sterblichen niemals unnormal zu erscheinen. Nur diese Vorsichtsmaßnahmen
hatten sie vor Angriffen eines Vampirs bewahrt. Und außerdem hatte sie so die
karpatianischen Männer davon abgehalten, sie zu finden. Selbst wenn man in
ihren Gedanken las, würde man sie als Sterbliche identifizieren, nicht als
karpatianische Frau. Und Francesca war niemals in der Lage gewesen, ihre
Kräfte ungeschützt einzusetzen, denn damit hätte sie Karpatianer und Untote
angelockt.
»Es ist schon gut,
Kleines. Ich werde nicht zulassen, dass er dich berührt. Ich weiß alles, alle
schrecklichen Dinge, die er dir angetan hat. Die Polizei wird ihn mitnehmen und
einsperren, damit er dir nie wieder zu nahe kommen kann.« Wieder setzte
Francesca ihre melodische Stimme ein, um Skyler zu überzeugen, damit sie das
Mädchen nicht ganz verlor, falls sein Vater das Zimmer betrat.
Langsam kehrte
Francesca in ihren eigenen Körper zurück. Wie immer war sie nach der Heilung
sehr erschöpft. Sie erhob sich mit ruhigen, anmutigen Bewegungen, öffnete die
Tür und winkte Brice zu sich. »Es ist ihr Vater. Er hat sich auf schreckliche
Weise an diesem Kind vergangen. Du musst die Polizei informieren und dafür
sorgen, dass sie ihn sofort verhaften. Frage nach Argassy, und nenne meinen
Namen. Richte ihm aus, es sei ein Notfall.«
Brice warf einen
Blick auf Skyler, die noch immer zusammengekrümmt im Bett lag und ausdruckslos
ins Leere starrte. »Wenn sie der Polizei nichts darüber sagen kann,
Francesca...« Er verstummte, als ihre Augen zornig zu funkeln begannen. Mochte
sie auch noch so sanft sein, manchmal flößte Francesca ihm Angst ein.
»Sie wird nicht
aussagen müssen.« Es war eine schlichte Feststellung. Francesca wandte sich von
ihm ab.
Kaum hatte Brice
nach dem Türgriff gefasst, wurde die Tür plötzlich heftig aufgestoßen, sodass
er rückwärts gegen das Bett geschleudert wurde. Ein großer, vierschrötiger Mann
taumelte ins Zimmer und betrachtete Brice und Francesca mit einem hasserfüllten
Blick. Seine Hände waren riesig und zu Fäusten geballt. Brice schenkte er kaum
Aufmerksamkeit, da er ihn nicht für eine Bedrohung zu halten schien.
Stattdessen konzentrierte er sich ganz auf Francesca, die noch immer Skylers
Hand hielt.
»Was ist hier los
?«, donnerte er. »Wie können Sie es wagen, das Zimmer meiner Tochter zu
betreten, obwohl ich jeglichen Zutritt verboten hatte? Wer sind Sie?«
Francesca senkte
die Stimme, bis sie so sanft und rein klang wie eine Sommerbrise. »Ich kümmere
mich um Skyler, Mr. Thompson. Sie ist sehr krank, und ich möchte, dass Sie
augenblicklich das Zimmer verlassen, ehe Sie Skyler noch mehr aufregen.«
Francescas Stimme
klang so hypnotisch, dass der Mann tatsächlich Anstalten machte, das Zimmer zu
verlassen. Doch dann fuhr er herum, schüttelte verwirrt den Kopf und betrachtete
Francesca hasserfüllt. »Von einer Schlampe wie Ihnen lasse ich mir doch nicht
vorschreiben, wie ich mit meiner eigenen Tochter umzugehen habe.« Er näherte
sich Francesca bedrohlich. Skyler war lebenswichtig für ihn, denn nur durch sie
gelang es ihm, sich Geld für seine Drogen zu beschaffen.
Skylers Vater
verstand es, andere Menschen einzuschüchtern, das musste Francesca ihm
zugestehen. Nach vielen Jahren der Übung an Skyler und ihrer Mutter war seine
Technik nun beinahe perfekt. Er war ein grausamer, brutaler Mann, der es
genoss, anderen Menschen Schmerz zuzufügen. Mühelos las Francesca seine
Gedanken und erkannte, wie sehr es ihm gefiel, andere zu quälen - Männer,
Kinder, Frauen, das war ihm gleichgültig. Er brauchte es einfach. Francesca
bemerkte auch, dass Brice sich so unauffällig wie möglich in die Zimmerecke
bewegte und versuchte, die Tür zu
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