Dunkles Begehren
verführerisches Flüstern in ihren Gedanken, sanft wie
Schmetterlingsflügel.
Francesca verlor
sich in seiner Wärme. Das Gefühl, ihn so nahe bei sich zu haben, erschien ihr
wie ein Geschenk. Wann hatte ein Mann sie je so in den Armen gehalten? Wann hatte
sie jemals die Nähe eines starken männlichen Körpers gespürt, der sie
beschützte?
Warum hat er mir
nicht gehorcht, als ich ihm den Befehl gab, das Zimmer zu verlassen? Es hatte sie
überrascht, ja sogar ein wenig geängstigt. Immerhin hatte sie es dem Kind
versprochen. Außerdem war ihr etwas Derartiges nie zuvor passiert. Bislang
hatten alle Sterblichen dem sanften Befehl in ihrer Stimme gehorcht.
Gabriel verstand
ihre Besorgnis und wusste, dass sie sich schwere Vorwürfe wegen ihres
angeblichen Versagens machte. Du bist ein Wesen des Lichts, meine Geliebte. Ich
dagegen bin die Finsternis selbst. Thompson war durch und durch böse. Zwar ist
es möglich, das Böse im Zaum zu halten, doch es gelingt dir nicht, in seinen
Kern vorzudringen, weil es für dich keine Verbindung gibt. Die meisten
Sterblichen sind gut und böse zugleich. Mit ihnen kannst du telepathischen
Kontakt aufnehmen, weil du die Güte in ihnen spürst. Ich dagegen trage die
Finsternis in mir. Es gehört zu meiner Natur. In mir lauert ein Dämon, den ich
ständig daran hindern muss, die Kontrolle über mich zu übernehmen. Es ist kein
Tag meines Lebens vergangen, ohne dass ich das Böse gesehen hatte. Und wenn man
gelernt hat, es in der eigenen Seele zu kontrollieren, ist es nicht mehr
besonders schwierig, es in anderen zu zerstören. Gabriel schien
seine Leistung gleichgültig abzutun. »Du bist nicht weniger wert als ich,
Francesca. Niemals. Du rettest Leben, während ich sie beende. Was davon ist
wohl wichtiger?«
Unwillkürlich legte
ihm Francesca die schlanken Arme um den Hals. »Du hast unser Volk gerettet. Und
die Sterblichen. Nicht nur ein Mal, sondern immer wieder. Und es war deine
Natur, die es dir ermöglichte.« In ihren geflüsterten Worten lag aufrichtige
Bewunderung, die Gabriel als überaus verführerisch empfand.
Die winzigen
Bartstoppeln an seinem Kinn verfingen sich in Francescas seidigem Haar, als er
sich zärtlich an sie schmiegte. »Du musst dich jetzt nähren, Liebste. Du kannst
dich ja kaum noch auf den Beinen halten.«
»Brice steht vor
der Tür. Sie haben es inzwischen aufgegeben, Thompsons Leben retten zu wollen.
Er könnte jeden Augenblick hereinkommen.« Ihre sanfte Stimme berührte ihn wie
eine Liebkosung. Doch Gabriel hielt sich zurück. Im Augenblick brauchte
Francesca Trost und Fürsorge, keine weiteren erotischen Übergriffe.
»Nimm dir, was du
brauchst. Ich bin durchaus in der Lage, es vor den Sterblichen zu verbergen.«
Ein rauer Unterton lag in seiner Stimme, der von Sehnsucht und Einsamkeit
sprach. Francesca gab ihren Widerstand auf. Gabriel brauchte das Gefühl, für
sie sorgen zu können.
Instinktiv wandte
Francesca ihr Gesicht seinem Hals zu, atmete seinen männlichen Duft ein. Sein
Herz schlug stark und kräftig im Gleichklang mit dem ihren. Das Blut rauschte
durch seine Adern und lockte sie.
Als ihr warmer Atem
über seine Haut strich, erwachte eine so tiefe, schmerzliche Sehnsucht in
Gabriel, dass er die Zähne zusammenbiss und seine Hand unwillkürlich in
Francescas Haar tauchte.
Ihre Lippen glitten
über seine Haut, weich, sinnlich, verführerisch. Das Verlangen erwachte so
plötzlich und übermächtig in Gabriel, dass er erbebte. Francescas Zähne
strichen über die Stelle, an der sein Puls klopfte, während sie ihn mit der Zungenspitze
liebkoste. Gabriel presste sie fester an sich, und als Francesca sein
drängendes Verlangen spürte, senkte sie die Zähne tief in seine Haut. Sie
entzündete ein glühendes Feuer in ihm, das nie wieder erlöschen würde. Es
brannte in seinem Körper, in seiner Seele und tanzte in seinem Blut.
Die Hitze breitete
sich aus wie geschmolzene Lava. Er sehnte sich nach Francesca. Es ging nicht
allein um das körperliche Verlangen, das ihn quälte, sondern weit darüber
hinaus. Sie war ihm so nahe und war wie für ihn geschaffen. Gabriel erinnerte
sich an die Tränen, die sie über Skylers Schicksal vergossen hatte, und an
ihren Mut, mit dem sie dem Bösen in Gestalt des Vaters gegenübergetreten war.
Und Gabriel verstand, dass Francesca viel mehr war als nur die Erfüllung
seiner erotischen Träume und die Rettung vor der Finsternis in seiner Seele.
Er nahm Brice
draußen im Flur wahr. Der Arzt runzelte die
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