Dunkles Begehren
Francescas
Beschützerinstinkt ausdrückte. »Vielleicht waren es diese Eigenschaften, die
dich bisher scheitern ließen, Gabriel. Vielleicht war er klug genug, um zu wissen,
dass deine Erinnerungen dich besiegen würden, selbst wenn es ihm nicht
gelingt.«
Gabriel hob ihre
Hand an seine Lippen. »Ich weiß nur, dass er einst ein großer Mann war, den ich
sehr liebte. Wir waren zweitausend Jahre lang zusammen, Francesca, selbst in
den letzten Jahrhunderten, in denen wir gegeneinander gekämpft haben. Er war
immer da, suchte die Verbindung zu mir, teilte sein Wissen mit mir. Er war eine
Herausforderung in meiner ansonsten so leeren, trostlosen Welt. Es war Lucian,
der mich dazu brachte, mein Leben fortzusetzen, wenn die Finsternis mich zu
überwältigen drohte. Er war immer da, meine letzte große Mission. Ich kann es
nicht zulassen, dass ein anderer ihn jagt, denn ich habe ihm mein Ehrenwort
gegeben.« Gabriel schüttelte den Kopf. Sein Kummer war so groß, dass er schwer
auf ihm und Francesca zu lasten schien.
Gabriel?
Die Stimme
flüsterte in seinem Geist. Francesca hörte sie ebenso deutlich wie er. Sie
klang leise und wunderschön. Einsam. Besorgt. Sie ließ Francesca in tiefster
Seele erschauern. Wie war es möglich, dass das Böse über eine solche Gabe verfügen
konnte? Falls Lucian versuchen würde, mit seiner Stimme ihren Gehorsam zu
erzwingen, wäre sie wohl stark genug, ihm zu widerstehen?
Wenn du mich
suchst, Lucian, dann begib dich einfach aus deinem Versteck, damit ich schnell
zu dir kommen kann. Gabriel klang erschöpft, und Francesca sorgte sich
um ihn. Sie umfasste seinen Arm fester, da sie Angst hatte, Lucians faszinierende
Stimme würde Gabriel beeinflussen, sodass er nicht länger an seine eigenen
Fähigkeiten glaubte.
Du bist müde, Bruder. Ich
möchte mir keinen ungerechten Vorteil verschaffen, wenn es so viele
unterhaltsamere Dinge zu tun gibt. Ich werde dich ausruhen lassen.
Der Kontakt brach
so schnell und mühelos ab, wie er hergestellt worden war.
Gabriel barg das
Gesicht an Francescas Hals. »Verstehst du, was ich meine? Es war mein Kummer,
der ihn die Verbindung suchen ließ. Er scheint noch immer eng mit mir verbunden
zu sein, und ich kann nichts dagegen tun.« Er hob den Kopf, und blickte sie so
eindringlich an, dass Francesca es kaum ertragen konnte.
»Ich möchte, dass
du eines weißt, Liebste. In der kurzen Zeit, in der wir bisher zusammen waren,
hast du mich glücklicher gemacht, als ich es in all den Jahrhunderten zuvor je
gewesen bin. Ich fühle mich geehrt, dass das Schicksal mir eine so wundervolle
Gefährtin beschert hat, eine mutige, wunderschöne Frau, obwohl ich bislang nur
das Böse kannte. Ich habe noch nie ein Zuhause gehabt. Nun blicke ich mich in
deinem Haus um und erkenne dich überall wieder. Ich bin in das Zimmer gegangen,
das du für Skyler hergerichtet hast. Es war so schön, dass mir die Tränen
kamen. Ich berührte die Decke, die du für sie gequiltet hast. Du hast darin
deine Heilkräfte, dein Mitgefühl und deinen Mut hinterlassen. Der Zauber der
Decke sprach von Leben, Liebe und Lachen. Und ich entdeckte auch die
Bannzauber, die den Mustern innewohnen.«
Seine Worte
beschämten Francesca, sodass sie schnell den
Blick von ihm
abwandte. Außerdem ängstigte sie sich, denn Gabriel klang beinahe so, als sagte
er ihr Lebewohl. Er umfasste ihr Kinn mit der Hand, sodass sie seinem Blick
nicht länger ausweichen konnte. »Wende dich nicht von mir ab. Du verdienst
es, in mein Herz und meine Seele zu blicken, um die Wahrheit meiner Worte zu
erkennen. Auf der ganzen Welt gibt es keine andere Frau wie dich. Und ich würde
keine andere wollen. Wenn mir etwas geschieht, weiß ich, dass du in diesem
Leben ausharren wirst. Du bist stark genug, unser Kind in Liebe aufzuziehen,
auch ohne mich. Du wirst dafür sorgen, dass unser Kind weiß, wer ich gewesen
und wofür ich eingetreten bin.«
»Gabriel, nicht!«
Francesca zuckte vor ihm zurück. »Du sprichst über dich in der Vergangenheit.
Du wirst Lucian besiegen, das weiß ich genau.«
Er nickte langsam.
»Ja, mir bleibt keine andere Wahl.«
Francesca
umklammerte seinen Arm und schüttelte ihn leicht. »Du glaubst nicht, dass du zu
mir zurückkehren wirst.«
»Nein, denn Lucian
wird mich mit sich nehmen.« Gabriel umfasste Francescas Gesicht. »Ich trage dich
in meinem Herzen. Wohin ich auch gehe, werde ich die Erinnerung an dich
mitnehmen, bis du zu mir kommen kannst. Es genügt, wenn du, Skyler und unser
Kind in
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