Dunkles Begehren
etwas zu Leide tun,
Francesca. Natürlich willst mir helfen und würdest es auch nach Kräften
versuchen, doch du bist eine Heilerin. Du kannst niemandem Schaden zufügen.
Nicht einmal einem Vampir. Und Lucian ist nicht wie die Vampire, von denen du
gehört hast. Er ist nicht so abstoßend wie sie, doch tödlicher als alle anderen
zusammengenommen. Du würdest zögern, und das wäre dein Ende. Ich würde es niemals
zulassen.«
»Dann stelle dich
ihm nicht, bis wir einen Plan haben, der funktioniert«, erklärte Francesca
entschlossen. »Ich werde dich nicht so leicht aufgeben. Das kommt nicht
infrage, Gabriel. Du musst Lucian besiegen und den Kampf überleben.«
»Wir waren
zweitausend Jahre lang miteinander verbunden«, wandte er traurig ein.
»Doch nun sind wir
miteinander verbunden. Ich teile dein Schicksal. Und ich werde nicht zulassen,
dass er dich von mir nimmt«, entgegnete Francesca wütend. Ihr seidiges Haar
flog in alle Richtungen. »Er kann dich nicht haben, Gabriel! Er benutzt seine
Stimme, um dich zu besiegen. Er nutzt deine Empfindungen aus. Die Kraft deiner
Liebe ist unermesslich. Er weiß, dass du nach wie vor etwas für ihn empfindest,
während ihm das nicht vergönnt ist. Das ist sein Vorteil. Du musst den Verlust
deines Bruders von deiner Aufgabe trennen. Er ist nicht mehr Lucian, dein
Zwillingsbruder, dein Held. Er ist nun böse und unrein. Es war seine
Entscheidung.«
Gabriel schüttelte
den Kopf. »Ich wünschte, es wäre so, meine Liebste. Es würde meine Aufgabe
erleichtern, doch Lucian hatte keine Wahl. Er blieb lange bei mir, obwohl er
längst den Wunsch hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen. Er harrte aus, um
mich zu beschützen, obwohl er schon Jahrhunderte zuvor seine Empfindungen
verloren hatte. Um meinetwillen hat Lucian zu lange gewartet. Am Ende war er
nicht mehr in der Lage, eine rationale Entscheidung zu treffen. Die Finsternis
war zu nah. Eines Nachts erhob er sich ohne mich, und es war geschehen.«
Beschämt senkte Gabriel den Kopf. »Ich kämpfte mit dem Dämon. Er war immer bei
mir, flüsterte mir zu, ich sei verloren. Ich glaubte, die Finsternis würde mich
besiegen, wenn ich nicht die Morgendämmerung suchte. Wir waren von Tod und
Gewalt umgeben. Ich frage mich oft, ob mein Kampf zu viel für Lucian wurde.«
Francesca legte ihm
die Arme um den Hals. »Du darfst es nicht tun, Gabriel. Die Last, die du tragen
musst, ist schon schwer genug. Wir müssen nicht auch noch die der anderen auf
uns nehmen. Du musst Lucians letzten Wunsch erfüllen und ihn besiegen. Erinnere
dich an deinen Bruder, der zweitausend Jahre lang sein Leben mit dir teilte. Er
kämpfte darum, dich zu beschützen, damit du mich finden konntest. Das ist nun
geschehen. Dein Bruder würde wollen, dass du lebst.«
Zärtlich strich
Gabriel ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Du hast mich nachdenklich
gemacht, Francesca. Ich werde nach den schwächeren Vampiren suchen, die in die
Stadt eingedrungen sind. Sie sind wie ein fauliger Gestank in der Luft, den ich
nicht ignorieren kann.«
»Und ich werde die
fertigen Quilts und Buntglasarbeiten verschicken. Schließlich habe ich noch
ein Geschäft zu führen«, sagte Francesca. Sie bemühte sich, an alltägliche
Dinge zu denken, damit sie sich nicht ständig vor dem fürchtete, was Lucian
Gabriel antun könnte.
»Du brauchst dich
nicht zu sorgen«, versicherte er leise, und seine Stimme klang so schön und
klar, dass Francesca sich sofortbesser fühlte. Seine Stimme war wie eine
erfrischende Brise, die ihre schreckliche Furcht davonwehte.
Gabriel setzte
seine Stimme bewusst ein, um ihr zu helfen, das wusste Francesca. Sie legte die
Hand auf ihren Bauch und dachte an ihr Kind, um das Glücksgefühl zu verstärken.
Wie alle Karpatianer ging auch Gabriel davon aus, dass sie einen Jungen zur
Welt bringen würde. Doch Francesca wusste es besser: Sie trug eines der so
kostbaren Mädchen in sich. Sie würde eine Tochter bekommen. Zart und überaus
verletzlich. Francesca holte tief Atem. Lag es vielleicht an der Tatsache, dass
es ihr gelungen war, ihren Körper zu verändern? Sie hatte sogar die Sonne
aushalten können. Als Heilerin war es ihr besonders wichtig, eine Antwort auf
diese Frage zu finden. Weiblicher Nachwuchs war unter Karpatianern selten, und
nur wenige Kinder konnten ausgetragen werden. Und wenn das Mädchen geboren
wurde, musste es noch immer das gefährliche erste Lebensjahr überleben.
Francesca wollte nicht einmal daran denken, diese schwierige
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