Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
wieder zu seinem kleinen Meißel. » Eigentlich ist das gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Schon irgendwie faszinierend, wenn man es sich recht überlegt.«
Schön zu wissen, dass wenigstens einer hier sich amüsierte.
Eine halbe Stunde später standen sie wieder um die Leiche herum. Haffenden hatte sich inzwischen dem Rumpf zugewandt und legte gerade die linke Schulter und den Oberarm frei.
» Schwierig wurde es in dem Moment, als ich auf das erste von den Dingern gestoßen bin. War ein bisschen mühsam, sie rauszumeißeln, ohne etwas zu beschädigen.« Er zeigte auf die Schulter, wo zehn oder zwölf Metallnägel aus Polmonts Jacke ragten, deren Stoff dunkelbraun gefleckt war.
Isobel hielt zum Vergleich eine der Röntgenaufnahmen hoch. » Hervorragende Arbeit.« Sie beugte sich vor und berührte mit dem behandschuhten Finger das Ende eines Metallstifts. » Eindeutig Nägel.« Sie hielt ein Lineal an den Arm und wartete, bis der Fotograf seine Aufnahmen gemacht hatte, ehe sie den Ärmel mit einem Skalpell aufschlitzte. Anschließend verfuhr sie ebenso mit dem Pullover und dem karierten Hemd darunter. Der Arm hatte das wohlbekannte angeschimmelte und verschmorte Aussehen, aber dort, wo die Nägel im Fleisch steckten, war die Haut dunkler.
Isobel legte die Fingerspitze an die Basis eines der Metallstifte. » Anzeichen von Hämatomen … diese Nägel wurden vor dem Tod ins Fleisch getrieben. Und sehen Sie hier diese Stellen? Da sind offenbar welche entfernt worden.« Sie zeigte auf ein schwarzes Loch in Polmonts Arm.
Logan nickte. » Er wurde gefoltert.«
Isobel ließ sich eine Zange reichen und zog einen der Nägel vorsichtig heraus, um ihn dann stolz zu präsentieren wie ein Miniatur-Excalibur. » Ein Vier-Zoll-Drahtstift, vermutlich aus einem Druckluftnagler. Nach dem Durchmesser zu urteilen, sind die Löcher in den Handflächen wahrscheinlich auf die gleiche Weise entstanden.«
Hinter ihnen sagte eine Stimme: » Vielleicht wurde er ja gekreuzigt?«
Logan erstarrte. Verdammter Mist – Steel.
Er drehte sich um, und da stand sie, nur einen Schritt hinter ihm, und starrte ihn über ihre Maske hinweg an. Eine massige Gestalt in einem Schutzanzug schob sich gerade durch die Eingangsöffnung des provisorischen Sektionssaals. Das leichte Hinken verriet ihn als DSI Danby. Der dicke Mann baute sich am Kopfende des Betonblocks auf.
Steel packte Logans Arm. » Sergeant McRae, können wir uns mal kurz unterhalten? Draußen.«
» Ich dachte, du bist im Urlaub?«
» Jetzt gleich.«
Der Parkplatz des Abholmarkts war so gut wie leer, bis auf eine kleine Ansammlung von Fahrzeugen der Spurensicherung, Logans schrottigen braunen Fiat, einen zivilen Einsatzwagen und einen fetten Kerl, der im Schneeregen mit hochgezogenen Schultern kistenweise Getränkedosen in einen Imbisswagen lud.
Steel riss sich die Maske vom Gesicht. » Sag mir bitte eins: War es wirklich so vermessen, zu hoffen, dass ihr Gurken mal lächerliche zwei Wochen lang ohne mich klarkommen könntet?« Ihr Gesicht hatte eine unnatürlich orangebraune Farbe, als ob sie sich mit Marmite eingecremt hätte.
» Ich hab nicht –«
» WAR ES DAS ?« Steel kehrte ihm den Rücken zu, marschierte auf eine Reihe extra großer Einkaufswagen zu und versetzte dem erstbesten einen Tritt. » Susan tobt. Heult und brüllt rum und macht mir das Leben zur Hölle, weil wir jetzt eigentlich in Puerto de la Aldea alkoholfreie Sangriaplörre in uns reinschütten und wie die Seeotter vögeln sollten!«
Logan trat einen Schritt zurück. » Und warum –«
» Aber wo bin ich stattdessen? Hocke hier in dem Scheiß-Aberdeen fest, und das nur, weil du unbedingt zu Finnie rennen und ihm die Ohren volljammern musstest!« Sie versetzte dem Einkaufswagen noch einen Tritt und drehte sich wieder zu Logan um.
» Aber –«
» War ja zu viel verlangt, dass du noch eine gottverdammte Stunde für diesen Harvey-Arsch aus Fraserburgh die Stellung hältst, wie? Wir waren schon am Flughafen! Noch vierzig Minuten, und wir hätten im Flieger gesessen, Mann!« Steel zog einen Stoß Papiere aus der Tasche und schleuderte sie nach Logan. Pässe, E-Tickets und Bordkarten flatterten von seinem Schutzanzug auf den schneematschigen Asphalt hinunter.
Logan sah einer Duty-Free-Quittung nach, die von einem Windstoß mitgerissen wurde. » Du kannst mich mal.«
Sie erstarrte, und die Augen fielen ihr fast aus dem Kopf. » Wie kannst du es wagen –«
» Ich hab dem Blödmann schließlich
Weitere Kostenlose Bücher