Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
eintritt. Die weiß auch nicht, wann es genug ist.
Er rührt sich nicht mehr. Jedenfalls nicht von selbst, nur dann, wenn Julies Fuß in seine Rippen kracht. Ein Zucken. Ein Reflex.
Sie krümmt sich, stützt die Hände auf die Knie, ihr Rücken hebt und senkt sich, und ihr keuchender Atem macht gewaltige Dampfwolken in der Luft. Sie deutet auf die Gestalt, die auf dem Gehsteig liegt. » Schau in … schau in seinen Taschen nach …«
Keuch, ächz, schnauf.
Neil filzt den Typen. » Acht Briefchen, ein paar Unzen Shit, und ungefähr …« Er blättert ein kleines Bündel Scheine durch. » Hundert oder hundertzwanzig Pfund.«
Julie streckt die Hand aus. » Gib mir ein Briefchen.«
Sie richtet sich gerade auf, entfaltet das kleine Alupäckchen, inspiziert den Inhalt und geht dann zum Wagen, um es in das offene Fenster zu halten. » Tony?«
Seufz.
Er nimmt das Briefchen. Sieht aus, als könnte es alles Mögliche sein: Mehl, Puderzucker, Rattengift. Tony befeuchtet die Kuppe seines kleinen Fingers, taucht sie in das Pulver, steckt den Finger in den Mund und reibt sich den Stoff ins Zahnfleisch.
» Scheiße, Mann …«
Es britzelt, bitter und schaumig. Tony spuckt aus dem Fahrerfenster, es klatscht auf die Tür und rinnt blubbernd runter wie Möwenkacke. Er zieht hoch und spuckt noch einmal. Spürt das wohlbekannte betäubende Gefühl, aber nur eine ganz leichte Dröhnung.
Noch eine Ladung landet auf dem verschneiten Asphalt. » Scheiß-Natron …«
Julie versetzt dem Typen noch ein paar Stiefeltritte.
» Hast du den Stoff selber verschnitten, oder war der schon so versaut?«
Der Junkie sagt nichts – kann nichts sagen, also versucht Julie, ihm mit ihren Cowboystiefeln noch ein paar Rippen zu brechen.
Rumms.
Rumms.
» Letzte Chance, Sweaty.«
Aber Tony hört nicht mehr zu. Er bekommt dieses alte, vertraute Gefühl. Anfangen tut es vielleicht mit Schäumen und Spucken, aber am Ende ist es, als ob eine warme Hand sich um deine Eier legt. Wird wahrscheinlich nicht lange anhalten, so verschnitten, wie der Stoff ist, also vergewissert sich Tony rasch, dass Julie und Neil noch mit Junkie-Boy beschäftigt sind, ehe er sich den restlichen Inhalt des Briefchens reinzieht.
Er leckt die Alufolie sauber. Dass es auf seiner Zunge schäumt, ist ihm egal. So gelangt es nur schneller in die Blutbahn, nicht wahr?
Tony lehnt sich in seinem Sitz zurück, umklammert das Lenkrad. Rülpst. Lässt sich von dem Gefühl überwältigen, während Julie sich die Arme und Beine von dem Typen vornimmt.
Tja, jeder Job hat so seine Vergünstigungen.
27
DI Steel kam in ihr Büro geschlappt, einen Becher Kaffee in der einen Hand und ein Bacon-Sandwich in der anderen, das Kinn mit einem kecken kleinen Tomatensauce-Bärtchen verziert. Sie blieb wie angewurzelt stehen und starrte den dürren, spitznasigen Typen an, der mit einem Schweizer Messer an der Verriegelung ihres Fensters herumstocherte.
» Was zum Henker soll das denn werden, wenn’s fertig ist?«
Angus Black blickte auf und zuckte mit den Schultern. » Ein Ausbruchsversuch.« Die eine Seite seines Gesichts war ein einziger farbenfroher Bluterguss – eine Erinnerung an seinen Sturz auf den Spülkasten in der Toilette des Dodgy Pete’s.
Logan lehnte sich mit dem Rücken an den Aktenschrank. » Betrachte es als ein vorgezogenes Geschenk zum Valentinstag.«
Angus legte sich noch einmal ächzend ins Zeug, dann sprang das Fenster auf, und ein kalter Luftzug wehte herein. Der Schnee wirbelte zwischen den Häusern herab; dicke, fette Flocken, die an den Mauern kleben blieben und sich auf dem Fensterbrett aufhäuften. Fünf vor sieben an einem dunklen, bitterkalten Montagmorgen, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich Logan wieder einigermaßen wie ein Mensch. Kein Kater. Kein flaues Gefühl im Magen. Nicht einmal Kopfschmerzen – jedenfalls, solange er nicht seine beiden Beulen berührte. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, für eine Weile auf den Alkohol zu verzichten.
Angus schwenkte das Fenster ein paar Mal auf und zu. » Hab’s Ihnen doch gesagt. Also, wir hatten einen Deal …?«
Logan zog eine Schachtel Benson & Hedges aus der Tasche.
» Spitze.« Angus nahm sich eine und begann seine Taschen zu durchwühlen. » Haben Sie Feuer?«
» O nein, das kommt überhaupt nicht in die Tüte!« Steel knallte ihren Kaffeebecher auf den Tisch und riss Logan die Schachtel aus der Hand. » Wenn jemand die erste Kippe in diesem Büro raucht, dann ich.«
Sie
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