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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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und ihnen. Sie konnte sich nicht erklären, woran das lag. Vielleicht an der Lautstärke der Musik? Das war durchaus möglich.
    Die Bedienung kam an ihren Tisch und stellte zwei Gläser vor Karen ab. Sie ging ohne ein weiteres Wort, jedoch nicht, ohne ihr einen weiteren missbilligenden Blick zuzuwerfen.
    Ziege, dachte Karen. Schließlich tat sie nichts weiter, als hier zu sitzen. Wenn das ausreichte, um sie für diese arrogante Schnepfe unsympathisch zu machen, bitte, dann soll es eben so sein.
    Sie griff nach einem der Gläser und hielt es ins Licht.
    Misstrauisch beäugte sie die dunkle Flüssigkeit, in der kleine Kohlensäurebläschen aufstiegen. Beinahe hätte sie laut gelacht. Was zum Henker erwartest du? fragte sie sich. Blut? Gott! Sie hätte sich ohrfeigen können. Jetzt geht deine Fantasie aber gehörig mit dir durch.
    Sie wollte das Glas zu ihren Lippen führen, um einen Schluck zu nehmen, als ein Schatten über den Tisch fiel. Als sie aufsah, stand Jarout neben ihr.
    Auf den ersten Blick bemerkte sie die Veränderung an ihm nicht. Erst als er den Kopf ein wenig schief legte, sodass das Licht von der Bar auf die linke Seite seines Gesichts fiel, erkannte sie, was er getan hatte.
    Seine feinen, bleichen Gesichtszüge reflektierten das wenige Licht und leuchteten wie von innen heraus. Er hatte diese glatte, übernatürliche Blässe unter dunklem Make-up verborgen, und jetzt hatte er es abgewaschen, um das, was darunter zum Vorschein kam, wie einen Zaubertrick vorzuführen. Und dieser Trick funktionierte. Besser als jede ausgefeilte Bühnenshow. Sie war mehr als beeindruckt. Er sah jetzt auf gar keinen Fall mehr menschlich aus. Sprachlos bestaunte sie seinen Auftritt, und das ließ ihn erfreut lächeln.
    «Weißt du, eigentlich hasse ich diese Maskerade», meinte er, und sein Lächeln nahm einen Zug an, der ihr um einiges zu überheblich erschien, als dass er ihr vorbehaltlos gefiel, «aber manchmal muss es einfach sein. Zu auffällig?» Dabei deutete er mit einer fahrigen Geste auf sein Gesicht. Dann streckte er seine linke Hand auffordernd in ihre Richtung und ließ aus der anderen einige Geldstücke auf die Tischplatte klimpern. «Wenn du willst, können wir jetzt gehen.»
    Karen versuchte zu antworten, doch ihr zugeschnürter Hals brachte keinen Ton heraus. Sie nickte nur stumm und wehrte sich auch nicht, als er einfach ihre Hand ergriff und sie hinter sich herzog. Unbeholfen stolperte sie in Richtung Ausgang hinter ihm her.

4. Kapitel
     
    «So, der Herr, det war der Letzte!», verkündete der junge Mann, den sie als Gepäckträger aus der Masse von Obdachlosen auf dem Bahnhof angeheuert hatten. Unter angestrengtem Stöhnen stemmte er den braunen Lederkoffer auf die Gepäckablage.
    «Ich danke Ihnen. Hier, das ist für Sie!» Lucas drückte ihm einen zwanzig Markschein in die Hand. Er musste ein Grinsen unterdrücken. Wer sich so nachdrücklich anstrengte, verdiente auch ein großzügiges Trinkgeld.
    «Mönsch! Vielen Dank ooch. Und jute Fahrt wünsch ick noch zu haben.» Mit einem schmuddeligen Taschentuch wischte er sich die dicken Schweißperlen von der geröteten Stirn, aber mit einem glücklichen Grinsen verließ er das Abteil.
    Ein amüsanter Kerl, auch wenn es Lucas denkbar schwerfiel, ihn aufgrund seines Akzents zu verstehen. Ihm gefiel die Art der Leute in dieser Stadt. Ihr robustes Gemüt, das düstere Laune nicht lange zuließ, obwohl sie leidenschaftliche Schimpfer waren. Immer verriet ihre Aufregung auch, wie viel Spaß ihnen die täglichen Querelen machten. Sogar denen, die hier in den Hallen des Bahnhofs herumlungerten, haftete so etwas wie trotziger Lebensmut an. Ihre Lebensfreude wirkte ansteckend, und wie immer fühlte er sich sehr wohl in der kurzen Zeit, die sie hier in Berlin verbrachten.
    Bei Seamus sah das anders aus. Er hielt die Leute in dieser Stadt für hoffnungslose Großmäuler und chronisch übellaunig. Darin war sein Freund Seamus ihnen gar nicht so unähnlich, fand Lucas, sprach das jedoch nicht laut aus. Und dort, wo Lucas Obdachlose und hungrige Kinder sah, sah Seamus Säufer und Junkies, die auf den Strich gingen und nur auf eine Gelegenheit lauerten, unschuldige Passanten anzufallen.
    Seamus war ganz in seinem Element, wenn er sich über die hier herrschenden Zustände auslassen konnte, und dazu fand er stets reichlich Gelegenheit.
    Jetzt saß er mit schlecht gelaunter Miene auf seinem Platz und blinzelte düster auf den hell beleuchteten Bahnsteig. Lucas fand

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