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Dunkles Fest der Leidenschaft

Titel: Dunkles Fest der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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auf.« Unheilvolles Schweigen antwortete ihr. Sie hob den Kopf und machte einen Schritt auf ihn zu. Wenn er – wie gewöhnlich – versuchte, ihr einen Schreck einzujagen, würde sie ihm den Hals umdrehen. Die kleine Eule blieb regungslos und steif liegen. Skylers Hand flatterte zu ihrer Kehle, als Panik in ihr aufstieg. Sie hatte Angst, sich zu bewegen, Angst, das kleine Geschöpf zu untersuchen.
    »Josef!« Sie lief zu ihm, kniete sich in den Schnee und streckte eine Hand nach der Eule aus. Gerade als sie das Tierchen aufheben wollte, riss es die riesigen Augen und den scharfen Schnabel weit auf und fing an, heftig mit den Flügel zu schlagen. Skyler konnte den Schreckensschrei, der ihr unwillkürlich entfuhr, nicht unterdrücken.
    »Erwischt!« Josef setzte sich lachend auf.
    Skyler sprang auf. Ihr Herz klopfte laut. Am liebsten hätte sie etwas auf seinem Schädel zertrümmert, dabei war sie nie gewalttätig – na ja, fast nie. Josef brachte ihre schlechtesten Eigenschaften zum Vorschein. Er liebte es, anderen Streiche zu spielen, und sie schien das ideale Opfer zu sein. »Das ist überhaupt nicht komisch.«
    Das Lächeln auf seinem Gesicht verblasste. »Was ist in letzter Zeit bloß mit dir los, Skyler? Käuzchen fliegen oft in etwas rein und gehen zu Boden. Die Leute denken dann, sie wären tot, aber in Wirklichkeit sind sie nur k.o. Ich habe darüber gelesen und dachte, es würde dich zum Lachen bringen. Ehrlich, viel Spaß hat man mit dir nicht.« Er sprang auf und wich ein Stück vor ihr zurück. »Wir sind schließlich noch nicht erwachsen. Ab und zu mal einen Jux zu machen, ist total in Ordnung.«
    Er marschierte davon, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen. Skyler redete sich ein, dass sie froh wäre, ihn los zu sein, dass er unmöglich wäre, aber das Gefühl von Einsamkeit in ihrem Inneren wurde stärker. Sie lachte nicht wie andere Jugendliche – sie wusste nicht einmal, wie man von Herzen lachte. Wenn sie sich online mit Josef unterhielt, war es etwas anderes. Niemand konnte sie sehen oder anfassen, und sie konnte sich einfach entspannen und Spaß haben. Aber hier ... hier waren alle so nahe. Sie konnte jede Empfindung fühlen, und das riss an ihrer Haut und fraß sich in ihr Herz, bis sie sich so wund fühlte, dass sie am liebsten einfach aufhören wollte zu existieren. Manchmal schien sogar die Erde vor Schmerzen zu schreien und nach ihr zu rufen.
    In der Ferne heulte ein Wolf. Die einzelne, lang gezogene Note traf sie bis ins Innerste. Der Wolf war genauso einsam wie sie. Sie schloss ihre Finger um den Anhänger, der zwischen ihren Brüsten ruhte. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr eiskalt, sondern so warm an, dass er in ihrer Hand zu pulsieren schien. Sie war drauf und dran, einen Fehler zu machen, das wusste sie. Sie würde schrecklichen Ärger bekommen, wenn Gabriel und Francesca dahinterkamen, dass sie wieder allein losgezogen war, doch sie konnte nicht anders.
    Skyler schlang ihren weißen, pelzgefütterten Parka enger um sich und lief in leichtem Trab in die Richtung, aus der das Wolfsheulen gekommen war. War es Dimitri? Bei dem Gedanken machte ihr Herz einen Satz. Seine Augen waren so blau gewesen, so eindringlich – und so schmerzerfüllt. Sie wusste, was Schmerz war – und sie kannte die Menschen. Sie verbargen furchtbare Neigungen und schreckliche Geheimnisse hinter einem falschen Lächeln. War sie besser als all die anderen, wenn sie diesen Mann so sehr leiden ließ, nur weil sie Angst hatte?
    Trotz der warmen Jacke fröstelte sie. Gabriel würde böse auf sie sein, und sie mochte es gar nicht, wenn er wirklich wütend war. Meistens warf er ihr nur einen einzigen Blick zu, doch wenn er zornig war, bestand er darauf, sie zu bestrafen. Dann musste sie für gewöhnlich mehr mit Jugendlichen in ihrem Alter zusammen sein. Für andere wäre das kein Problem gewesen, aber für sie war es die Strafe, die sie am meisten fürchtete.
    Ihre Füße schleppten sich durch den Schnee, und sie blieb noch einmal stehen, um in Richtung Haus zu schauen. Sie konnte es nicht mehr sehen, weil sie bereits die Baumgrenze erreicht hatte. Wieder heulte der Wolf, diesmal fast flehend, als wäre auch er auf der Suche nach Antworten.
    Skyler straffte die Schultern und ging weiter, indem sie versuchte, in den Schneeverwehungen dem schmalen Pfad zu folgen, der entlang des Flussbettes verlief. Ihre Nasenspitze wurde kalt, ebenso ihre Ohren, und sie zog die Kapuze enger um sich, um die Kälte abzuwehren. Es war

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