Dunkles Fest der Leidenschaft
unmöglich. Sie stolperte und wäre beinahe gestürzt. Die abrupte Bewegung schreckte sie auf, und sie schüttelte den Kopf, um die leisen, klagenden Rufe des Wolfes auszusperren, die sie einfach nicht losließen.
Lange Zeit hatte sie geglaubt, es wäre für sie die Lösung, in der Welt der Karpatianer zu leben, doch jetzt war ihr klar, dass sie dort nicht besser zurechtkam als in der Welt der Menschen. Sie rieb sich die Augen, um die Tränen wegzuwischen, die dort hätten sein sollen, doch es waren keine da. Sie fühlte sie tief in ihrem Inneren brennen, weggesperrt wie ihre Erinnerungen. Nur Francesca und Gabriel schienen fähig zu sein, sie mit all ihren Abweichungen und Unzulänglichkeiten zu akzeptieren. Sie würde ihre Vergangenheit nie bewältigen – und ihre übersinnlichen Fähigkeiten auch nicht. Dank ihrer Adoptiveltern hatte sie diese Gaben vielleicht besser im Griff, aber deshalb war sie noch lange nicht wie andere Leute.
Skyler trat auf einen Zweig, der unter der Schneedecke begraben war, schaute sich um und musste feststellen, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie sich befand. Mit gerunzelter Stirn drehte sie sich im Kreis. In welcher Richtung ging es nach Hause? Sie könnte nach Gabriel rufen, doch er würde wütend auf sie sein. Viel besser wäre es, den Rückweg selbst zu finden. Er würde sich immer noch aufregen, wenn er dahinterkam, dass sie sich allein vom Haus entfernt hatte, doch sein Zorn würde nachlassen, wenn er sie in Sicherheit wusste.
Ein fast menschlicher, qualvoller Schrei zerriss die Stille und jagte ihr kalte Schauer über den Rücken. Ihre Nackenhaare sträubten sich, und ihr gefror beinahe das Blut in den Adern.
Skyler schnappte nach Luft und sah sich panisch um. Es war sehr nahe, so nahe, dass sie das Knurren und Schnappen eines Wolfes hören konnte. Von einer unsichtbaren Kraft getrieben, rannte Skyler los und ließ sich vom Widerhall der Geräusche leiten.
Unter einem großen, verkrüppelten Baum kämpfte ein großer Wolf mit rötlichem Fell gegen das Eisen, das sich um sein Bein geschlossen hatte. Blut spritzte in den Schnee, als der Wolf sich selbst in die Pfote biss, um sich zu befreien. Als Skyler abrupt stehen blieb, fuhr das Tier herum, um sich der neuen Bedrohung zu stellen. Seine Lefzen waren zurückgezogen und entblößten seine gefletschten Zähne, und seine gelben Augen funkelten vor Bösartigkeit.
Skyler wich zurück, um auf Sicherheitsabstand zu dem Wolf zu gehen, der sich auf sie stürzte. Die Falle hielt ihn fest, und er fuhr winselnd herum und biss sich wieder in sein Bein, bevor er sich umdrehte und sie argwöhnisch musterte. Seine Flanken hoben und senkten sich, sein Fell war dunkel von Schweiß, und sein ganzer Körper wurde von Schauern geschüttelt. Sie konnte die Schmerzen fühlen, die wellenförmig von ihm ausgingen. Es war nicht Dimitri. Der Wolf konnte kein Formwandler sein, sonst hätte er sich befreit. Es war tatsächlich ein wildes Tier, das sich in einer heimtückischen Falle gefangen hatte. Als sie ihm in die Augen schaute, erkannte sie, dass er seine Freiheit zwar verloren hatte, sich aber weigerte aufzugeben. Der Wolf knurrte sie unablässig an und zeigte ihr die Zähne, ohne dass seine gelben Augen auch nur eine Sekunde von ihrem Gesicht wichen.
Hatte sie selbst bereits aufgegeben, während dieses prachtvolle Tier bereit war, sich die eigene Pfote abzubeißen, um zu überleben? Skyler, deren Mitleid bereits geweckt war, konnte den Wolf nicht im Stich lassen. Sie hielt ihre Hand mit der Innenfläche nach außen hoch. »Ganz ruhig«, redete sie ihm zu und versuchte gleichzeitig, ihr eigenes wild klopfendes Herz zu beruhigen, indem sie tief Luft holte und sie langsam wieder entweichen ließ.
Der Wolf ließ ein tiefes, kehliges Grollen vernehmen, hörte aber auf zu knurren. Skyler nickte, als unterhielten sie sich miteinander. »Ja, so ist es brav.« Manchmal konnte sie ein Tier, selbst ein wildes, ruhigstellen, während sie seine Verletzungen untersuchte, aber bei einem Wolf hatte sie es noch nie probiert. Dazu war die geistige Vereinigung von zwei völlig andersartigen Wesen erforderlich, und das war nicht einmal unter den günstigsten Umständen leicht. Sie konzentrierte sich ausschließlich auf das Tier, während sie unermüdlich versuchte, bis in sein Innerstes vorzudringen.
Der Wolf verstummte und starrte sie aus seinen Augen eindringlich an. Als sie näher trat, spürte sie wie immer vor einer geistigen Verschmelzung, wie sich eine
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