Dunkles Feuer
Frederik lächelte bei dem Gedanken an den Spaß, den sie gemeinsam hatten. Er konnte sich gar nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so ausgelassen herumgealbert hatte, wie in den letzten Tagen mit Elisabeth.
Doch auch ihr schlug das düstere Regenwetter aufs Gemüt. Als er sich vor ein paar Tagen darüber beschwert hatte, im Haus eingesperrt zu sein, hatte sie ihn mächtig angefunkelt.
»Ihr sorgt Euch tatsächlich nur um Euch selbst«, hatte sie ihm anklagend an den Kopf geworfen.
Als sie seinen betroffenen Gesichtausdruck sah, entschuldigte sie sich sofort. »Ich hätte meinen Zorn nicht an Euch auslassen sollen, da er sich eigentlich gegen mich selber richtet.«
Auf seinen fragenden Blick hin, erklärte sie es ihm. »Natürlich kann ich Euer Empfinden nachvollziehen, auch ich habe mich oft innerlich beklagt, dass das Wetter uns hier eingesperrt hält. Dabei geht es uns hier doch so unendlich besser als den armen Bauern, die sich einerseits den Luxus, zu Hause zu sitzen, nicht leisten können und darüber hinaus ihre Ernte und ihren Lebensunterhalt durch den Regen gefährdet sehen. Und ich schäme mich für meinen Egoismus, der mich wehklagen lässt, während ich satt und trocken im Warmen sitze.«
Frederik war von ihrer Aufrichtigkeit und Sorge zutiefst gerührt. Ohne weiter nachzudenken, hatte er ihre Hand ergriffen.
»Ihr seid das selbstloseste Geschöpf, das mir jemals begegnet ist, Euch egoistisch zu nennen grenzt an Blasphemie, Elisabeth! Es ist Euch doch sicher bewusst, dass niemand sonst auch nur einen Gedanken an diese Bauern verschwenden würde.«
Prüfend sah sie ihn an. »Nicht einmal Ihr?«
Er hielt ihrem Blick mutig stand. »Ich ganz bestimmt nicht, und das wisst Ihr auch. Zumindest nicht, bevor Ihr es erwähntet«, fügte er der Wahrheit halber hinzu und wurde mit einem kleinen Lächeln belohnt. »Ihr wisst doch, die Sorgen der Landwirtschaft sind mir derart fremd, dass ich dachte, der Regen wäre gut, vor allem, weil Ihr ihn so sehnsüchtig erwartet habt.«
»Ja, schon. Regen ist gut, doch zuviel Regen ist es nicht. Wenn es so weiter geht, wird das Getreide noch in den Ähren verfaulen. Aber vielleicht haben wir ja Glück, und die Regenfälle hören bald wieder auf.« Dabei hatte sie hoffnungsvoll in den Himmel geblickt.
Doch wenn seine Sinne ihn jetzt nicht täuschten, war Elisabeths Hoffnung vergeblich gewesen, es regnete weiter.
Als Frederik zum Frühstück herunterkam, fand er nur Elisabeth, nicht jedoch ihren Vater vor. Als er sich nach ihm erkundigte, erinnerte sie ihn, dass der Graf, der geschäftlich einige seiner größeren Pächter besuchen wollte, voraussichtlich erst am nächsten Tag zurück erwartet wurde.
»Frederik, es tut mir leid, aber Ihr müsst heute leider auf meine Gesellschaft in der Bibliothek verzichten. Eben ist ein Bote von Sir Winston angekommen, dass ein fahrender Händler bei ihm eingekehrt ist, der morgen auch zu uns kommen wird. Deswegen muss ich mir einen genauen Überblick darüber verschaffen, was wir jetzt noch brauchen, und was ich bei ihm bestellen soll, wenn er wiederkommt. Ich hoffe, dass wird nicht erst wieder im Frühling sein«, schloss Elisabeth nachdenklich.
Nach dem Frühstück machte Frederik sich missmutig auf, einen einsamen Tag in der Bibliothek zu verbringen. Doch kurz nach dem Mittag hörte der Regen auf, und einige zaghafte Sonnenstrahlen wagten sich durch die dunkle Wolkendecke. Diese Gelegenheit ließ Frederik sich nicht entgehen. Nachdem er Elisabeth angeboten hatte, ihn zu begleiten, was diese mit aufrichtigem Bedauern ablehnte, ließ er sich ein Pferd satteln und genoss die Möglichkeit, den Burgmauern für einige Stunden zu entkommen.
Obwohl ihn bei dem Gedanken an Elisabeth, die nun in stickigen Vorratskammern hockte, während er den frischen Wind im Gesicht genoss, das schlechte Gewissen überkam, ließ er sich seine Laune dadurch nicht verderben. Und so machte er erst nach einigen Stunden kehrt, völlig erschöpft und vom aufspritzenden Schlamm fast gänzlich bedeckt. Als er sich dem Schloss näherte, setzte der Regen bereits wieder ein und hatte schon nach kurzer Zeit die gewohnte Stärke erreicht. Das Tageslicht schwand aufgrund der sich immer weiter verdichtenden Wolken, und Frederik war froh, dass er das Schloss bald erreichen würde, vor allem, da es immer schwerer wurde, den Weg zu erkennen. Er freute sich, endlich nach Hause zu kommen, und fragte sich flüchtig, ob er nicht zu lange fort gewesen war. Er hoffte, dass
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