Dunkles Feuer
Elisabeth sich noch keine Sorgen um ihn machte, obwohl der Gedanke, dass sie sich tatsächlich um ihn sorgen könnte, ihm ganz verlockend erschien. Trotzdem rechnete er halb damit, sich eine Zurechtweisung anhören zu müssen, sobald er das Haus betrat.
Ein ganz besorgt wirkender Diener öffnete die Eingangstür, sobald er das Hufgetrappel auf dem Hof hörte. Hoffnungsvoll spähte er hinaus. »Miss Elisabeth, seid Ihr es?« Und als er seinen Irrtum erkannte, wandte er sich an Frederik. »Gott sei Dank, dass Ihr da seid, Euer Gnaden. Habt Ihr vielleicht Miss Elisabeth unterwegs getroffen?« Er blickte Frederik so hoffnungsvoll an, als glaubte er, Frederik könnte sie sogleich aus seiner Westentasche hervorzaubern.
Frederik wurde durch das merkwürdige Benehmen des alten Dieners zutiefst alarmiert. »Wo ist Lady Elisabeth? Sie ist doch nicht bei diesem Wetter irgendwo da draußen?« Der Wind hatte an Stärke zugenommen und peitschte nun die schweren Regentropfen Frederik ins Gesicht, ohne dass dieser davon Notiz nahm. Der Diener zog Frederik hastig in die Eingangshalle und schloss die schwere Holztür hinter ihnen. Er wollte Frederik den nassen Umhang abnehmen, doch dieser schüttelte seine Hände ab. »Nun sprich schon, Mann. Was ist geschehen? Wo ist sie?«
Nach und nach schaffte Frederik es, dem Mann die gesamte Geschichte zu entlocken. Anscheinend war, einige Zeit nachdem er das Haus verlassen hatte, ein Junge aus einem der Pächterdörfer angekommen und hatte verlangt, mit Elisabeth zu sprechen. Natürlich wollten die Hausdiener ihn nicht vorlassen, da er so verdreckt und erschöpft aussah. Doch er ließ sich nicht abwimmeln, und Elisabeth hatte den Lärm gehört und war heruntergekommen, um sich nach dem Grund zu erkundigen. Sobald er sie sah, schlüpfte der Junge an den Dienern vorbei und lief zu Elisabeth. Dabei hatte er vor sich hin gestammelt: »Mylady, ich bin so schnell hergekommen, wie ich nur konnte. Er hat sie diesmal fast tot geprügelt. Da sagte meine Ma, ich sollte ganz schnell zu Euch reiten. Ihr würdet schon wissen, was zu tun sei.«
Daraufhin hatte Elisabeth befohlen, ihr Pferd zu satteln und jemanden nach dem Arzt zu schicken, er sollte dann mit dem Jungen nachkommen. Fünf Minuten später war sie bereits unterwegs, natürlich nicht ohne ihre kleine Medizintruhe mitzunehmen. Nach dem Arzt wurde sofort geschickt, doch er war nicht zu Hause, und so ist der Bote auch wieder zurückgekehrt. Da das Wetter wieder schlechter wurde, hatte das Gesinde sich des Jungen erbarmt und ihm angeboten, das Ende des Regens abzuwarten und gegebenenfalls die Nacht in der Burg zu verbringen.
An dieser Stelle unterbrach Frederik den Redefluss des Mannes, indem er ihn energisch bei den Schultern packte und rüttelte. »Soll das heißen, dass Lady Elisabeth sich nun ganz allein wer weiß wo befindet, während dieser Faulpelz hier im Warmen liegt?! Was habt Ihr Euch bloß alle dabei gedacht, sie ganz allein weg reiten zu lassen, zu einer sterbenden Frau und ihrem verdammten prügelnden Ehemann? Und das bei diesem Wetter!«
»Es war uns auch nicht recht, aber sie war so schnell fort. Außerdem war das Wetter noch gar nicht so schlecht, als sie weg geritten war«, versuchte der Diener sich stammelnd zu verteidigen. »Außerdem sollte der Arzt ja nachkommen. Wir hätten nie gedacht, dass es so lange dauert, sie hätte schon längst wieder zurück sein müssen. Was machen wir denn jetzt bloß? Ihr glaubt doch nicht, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte?« Ängstlich blickte der Mann Frederik an.
Die Wut in Frederiks Augen war tatsächlich angemessen, um jeden Mann in Schrecken zu versetzen und zu hoffen, dass sie sich nicht gegen ihn wandte.
»An deiner Stelle würde ich beten, dass sie wohlauf ist«, presste Frederik zwischen fest zusammengebissenen Zähnen hervor. Ohne den Mann eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte er sich zur Tür.
»Aber Euer Gnaden, wo wollt Ihr denn hin?«
»Eure und Lady Elisabeths Torheit wiedergutmachen.«
»Wollt Ihr Euch denn nicht wenigstens etwas Trockenes anziehen?«
»Wozu denn, es regnet doch eh in Strömen.«
»Aber es wird doch schon dunkel, Ihr werdet Euch noch verirren.«
Frederik warf dem Mann einen vernichtenden Blick zu. »Ganz genau, es wird dunkel, es regnet, und es läuft ein Säufer herum, der sich heute bereits an einer Frau vergriffen hat. Und Lady Elisabeth ist all dem irgendwo dort draußen ausgesetzt.« Ohne weitere Zeit zu verlieren, stürmte Frederik zur Tür
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