Dunkles Feuer
finden, soviel hatte sie schon über den Umgang mit ihm gelernt. Es war noch nichts verloren, sie konnte ja noch mit ihm reden, wenn sie vom Ausflug zurück war, so lange wird dieses Picknick nun auch nicht dauern.
Daniel beobachtete Julie, und ihm wurde klar, dass er in den letzten paar Wochen einen Traum gelebt hatte. Den Traum, dass Julie und er eine gemeinsame Zukunft besaßen. Er hatte sich gegen alle Vernunft gewehrt und versucht, einen Weg zu finden, um diesen Traum wahr werden zu lassen. Nun sah er endlich ein, dass dieser Weg nicht existierte. Sie lebten einfach in zu verschiedenen Welten, die sich durch einen glücklichen Zufall für einige Zeit berührten, bevor sie wieder auseinander drifteten.
Doch auch wenn es nur ein Traum war, Daniel beschloss, ihn so lange zu träumen, wie es ohne aufzuwachen nur möglich war. Er hatte noch einige Wochen, die er mit Julie verbringen konnte. Er wusste nicht, was danach geschah, doch er wollte nicht vernünftig sein und darüber nachdenken, sondern einfach die verbleibende Zeit genießen.
Es blieb nur die eine quälende Frage, für die er keine Antwort hatte.
Was empfand Julie wirklich für ihn?
Daniel fasste sich ein Herz und beschloss, sie einfach zu fragen.
»Julie«, er sah sie unsicher an. »Ich weiß nicht, ob es klug von mir ist, mit dir darüber zu sprechen.« Er brach wieder ab.
»Sag's mir ruhig.« Julie nahm seine Hände und drückte sie ermunternd.
Daniel sah ihr offen in die Augen. »Julie, ich habe mich in dich verliebt. Ich weiß, dass es die Situation nicht gerade einfacher macht, aber ich kann es nicht ändern, ich liebe dich.« Er schluckte schwer. »Ich wollte nur, dass du das weißt.« Erwartungsvoll sah er sie an. Wenn sie ihn auch liebte, ließ sich vielleicht doch noch eine Lösung finden. Sie mussten es nur beide wollen.
Julies Hand bedeckte ihren Mund, wie um einen erschrockenen Seufzer zu unterdrücken. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass es ihm so ernst war.
»Oh Daniel, nicht doch«, flüsterte sie.
Daniels Herz fühlte sich so an, als würde eine eisige Hand es ganz langsam und qualvoll zusammendrücken.
Verzweifelt sah er sie an. »Aber, du empfindest doch auch etwas für mich, oder nicht?« Er konnte es sich einfach nicht vorstellen, dass Julie die ganze Zeit über ein derart grausames Spiel mit ihm getrieben haben könnte.
»Aber natürlich empfinde ich auch etwas für dich.« Zärtlich strich sie über seine Wange. »Ich habe dich sehr gern, Daniel. Wir kennen uns einfach noch nicht gut genug, als dass ich schon von Liebe sprechen könnte. Ich habe schon seit Langem für keinen Mann mehr soviel empfunden, wie ich für dich fühle, und deine Freundschaft ist mir sehr teuer. Es geht mir bloß ein wenig zu schnell, verstehst du?«
Eindringlich sah sie ihm ins Gesicht, in die großen, ein wenig traurigen Augen, die sie mit bedingungsloser Hingabe anblickten. Und doch hatte sie Angst sich fallen zu lassen.
Daniel hingegen fasste neuen Mut. Er konnte es schaffen, das hatte sie selber fast zugegeben. Er hatte die Frau seines Lebens gefunden, dafür gab es bei ihm nicht den geringsten Zweifel. Und ihm blieben noch fast zwei Monate Zeit, sie davon zu überzeugen.
Daniel räusperte sich und bemühte sich um ein Lächeln.
»Freunde?« Er streckte Julie die Hand hin.
»Sehr gute Freunde«, antwortete sie und küsste ihn auf die Wange.
Daniel umarmte sie fest. »Sehr gute Freunde«, wiederholte er leise. Es war immerhin ein Anfang.
Da fiel Julie etwas ein. »Übrigens, danke für das schöne Gedicht«, sagte sie lächelnd.
»Welches Gedicht?« Daniel brauchte seine Überraschung nicht zu heucheln.
»Jetzt tu doch nicht so unschuldig. Du weißt genau, welches Gedicht ich meine.«
Daniels Miene zeigte nur Staunen.
»Das Gedicht, das du in meinem Schlafzimmer gelassen hast. Du musst dich doch erinnern.«
Daniel sah sie ernst an. »Julie, ich war noch nie in deinem Schlafzimmer und ich bin ein miserabler Dichter. Von wem auch immer du ein Gedicht bekommen hast, glaube mir, es war nicht von mir.«
Julie war wie vor den Kopf gestoßen. »Aber alle Hinweise deuteten auf dich.« Daniel schüttelte nur stumm den Kopf.
»Aber, wenn du es nicht warst, wer dann?«
Daniel beschäftigte die gleiche Frage. In seinem eifersüchtigen Blick konnte Julie die einzige logische Alternative lesen: Peter.
Aber das war unmöglich, und das wusste Julie genau. Von solchen Spielchen hielt er einfach nichts. Er sagte einem, und vor allem ihr, entweder direkt ins Gesicht, was
Weitere Kostenlose Bücher