Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
Vom Netzwerk:
geeignete Zeitpunkt gekommen zu sein.
Nach dem, was am Vortag passiert war, wollte er unbedingt einige Zeit ungestört mit Julie verbringen, um herauszufinden, ob der Kuss für sie irgendetwas bedeutete. Und was wäre geeigneter als ein romantischer Ausritt durch die grüne Landschaft Nordenglands.
Er hatte auch einen Picknickkorb dabei, von seiner Haushälterin sorgfältig mit verschiedenen Leckerbissen gefüllt. Hinter diesen Vorbereitungen hatte er versucht, seine Nervosität und Unsicherheit zu verstecken.
Wie würde Julie wohl auf diese Überraschung reagieren? Ob sie ihn für zu aufdringlich halten würde, für zu forsch? Wie würde sie sich ihm gegenüber verhalten? Würde es ihr unangenehm oder peinlich sein, an gestern erinnert zu werden? In welchem Stadium befand sich wohl ihre Beziehung aus Julies Sicht? Fragen über Fragen.
Unwillkürlich schüttelte Daniel den Kopf. Da gab es nur eins: er musste es ausprobieren. In wenigen Minuten würde er Julie sehen, dann würde sich alles klären.
Hoffentlich fühlte Peter sich nicht ausgeschlossen. Daniel spürte, dass Peter ihr auch sehr viel bedeutete. Doch das hier war Julies freie Entscheidung. Und wer so viele Jahre in der Nähe einer derart bezaubernden Frau war, ohne etwas unternommen zu haben, war selber schuld. Daniel wusste jedenfalls, dass ihm nicht mehr sehr viel Zeit blieb, um Julie näher kennen zu lernen und ihre Beziehung auszubauen. Wenn es ihm nicht gelang, sie in den bleibenden Wochen für sich zu gewinnen, würde sie für immer aus seinem Leben verschwinden. Und er würde nie erfahren, was er dabei verlor.
Oder vielleicht wusste er es auch bereits nur zu gut.

Daniel stieg ab und band die beiden Pferde an einem niedrigen Gerüst fest. Bevor er in das Haus ging, streichelte er beruhigend über Stirn und Nüstern seines Tieres. Doch schien er mit dieser Geste eher sich selbst als seinen unruhig tänzelnden Hengst beruhigen zu wollen. Das Pferd schnaubte unzufrieden. Irgendetwas musste es aufgebracht haben, vielleicht ein ungewohnter Geruch.
Daniel war zu sehr in seine Gedanken vertieft, um näher darauf einzugehen. Er strich sein Hemd glatt und ging durch die Eingangstür, ohne den kaum erkennbaren dunklen Schatten zu bemerken, der sich von der Wand löste und auf die beiden verängstigt schnaubenden Pferde zuglitt.

»Sie ist oben«, erwiderte Peter kurz auf Daniels Gruß. Im nächsten Augenblick tat es ihm schon Leid, so unhöflich und kurz angebunden gewesen zu sein. Doch Daniel schien dies gar nicht gemerkt zu haben. Mit einem "Danke" rannte er schon die Treppe hinauf.

Julie hörte Daniels Schritte auf der Treppe. Sie hatte somit noch einige Augenblicke Zeit, sich zu überlegen, wie sie ihn begrüßen sollte. Nicht, dass sie es nicht schon mehrere Male durchdacht hätte. Den ganzen vorherigen Abend hatten ihre Gedanken nur um den Kuss und um Peters merkwürdiges Verhalten gekreist. Ob das irgendwie zusammenhing? Aber wie hätte Peter es wissen sollen? Und selbst wenn, es war immerhin nicht das erste Mal, dass sie einen anderen Mann geküsst hatte.

Als Daniel ins Zimmer kam, begrüßte sie ihn mit einer kurzen Umarmung und einem leichten Wangenkuss. Es war zwar nicht ganz das, was er sich erhofft hatte, aber immerhin mehr als vorher. Es war, fand er, ein guter Anfang, obwohl er sie gern etwas fester und länger umarmt hätte.
»Was führt dich denn hierher?« fragte Julie, nachdem sie sich aus der Umarmung gelöst hatte.
»Du meinst außer dem Vergnügen deiner Gesellschaft?«
Sie lächelte ihn kokett an.
»Ich wollte dich auf meinem Ross entführen.«
Julies Lächeln wurde breiter. »Hab' ich das richtig verstanden, du willst mit mir ausreiten? Das ist ja schön!«
»Eigentlich wollte ich dich erst in die Oper ausführen, aber das Theaterhaus im Dorf ist leider geschlossen«, er zog eine Trauermiene. Julie lachte, dann wurde sie wieder ernst.
»Aber dann bleibt Peter ja ganz allein hier.«
»Na und, er ist doch schon ein großer Junge.«
»Trotzdem.« Julie überlegte kurz, ob sie Daniel ihre Besorgnis bezüglich Peter mitteilen sollte. Ihm sagen, dass irgendetwas Peter furchtbar quälte und sie ihn in diesem Zustand nicht allein lassen wollte. Doch sie entschied sich dagegen. Es ging Daniel ja nichts an, und außerdem hatte sie das Gefühl, es wäre Peter auch nicht recht gewesen.
»Wir fragen ihn einfach«, meinte sie daraufhin.

Ihr fiel zum ersten Mal auf, wie müde und erschöpft Peter aussah. Warum hatte sie die schwarzen Ringe unter

Weitere Kostenlose Bücher