Dunkles Feuer
Sie sollte wahrlich weniger über seine Vergangenheit nachdenken, dann würde sie auch nicht auf solche Gedanken kommen. Sie wusste ja nicht einmal, wie viel an den Geschichten dran war. Seit er hier war, hatte er sich jedenfalls wie ein echter Gentleman benommen, und das war alles, was zählte. Trotzdem gelang es ihr nicht ganz, das Bild seiner Hände, wie sie über einen weiblichen Körper strichen, aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie musste sehr vorsichtig sein.
Als Frederik am nächsten Morgen in die große Halle herunterkam, fand er weder Elisabeth noch ihren Vater vor. Etwas, das noch nie zuvor vorgekommen war. Leicht beunruhigt begab er sich auf die Suche nach ihnen. Als er erfolglos in dem Esszimmer und in der Bibliothek nachgeschaut hatte, konnte er einen vorbei eilenden Bediensteten erwischen und sich nach dem Verbleiben der Hausherren erkundigen.
»Ach, Mylord, habt Ihr es denn noch nicht gehört? Der Graf fühlt sich heute ausgesprochen unwohl. Wir wollten schon nach dem Arzt schicken, doch er wollte es nicht haben. Ich nehme an, Lady Elisabeth ist gerade bei ihm. Soll ich Euch den Weg zeigen?«
»Nein, ist nicht nötig. Ich weiß, wo die Gemächer des Grafen liegen.«
Bevor Frederik anklopfen konnte, hörte er durch die halb offene Tür die aufgebrachte Stimme Elisabeths. »Ich hatte Euch doch gesagt, dass Ihr lieber zu Hause bleiben solltet, Vater. Aber Ihr hört ja nie auf mich. Stattdessen reitet Ihr fünf Meilen im strömenden Regen und wieder zurück. Ihr könnt von Glück reden, wenn es bei einer Erkältung bleibt und Ihr Euch nicht ganz den Tod holt, so durchnässt und verfroren, wie Ihr hier angekommen seid.«
»Du weißt doch genauso gut wie ich, dass ich geschäftlich weg musste. Ich kann doch nicht alle wichtigen Angelegenheiten nur bei Sonnenschein erledigen.« Die Stimme des Grafen klang rau, aber recht kräftig. Frederik nahm an, dass Elisabeth sich nur deswegen so ereiferte, weil sie ihren Vater nicht in ernster Gefahr wusste.
»Dann hättet Ihr wenigstens die Kutsche nehmen sollen.«
»Ach was, bei dem gestrigen Regen wäre sie auf halben Weg stecken geblieben und ich wäre immer noch dort draußen, während du ...« Ein Hustenanfall unterbrach ihn. »Gib mir lieber einen Schluck Wein, ich bin sicher, dann geht es mir gleich besser.«
»Ihr meint wohl, einen Kräuteraufguss, wenn ich schon nicht nach dem Arzt schicken darf.«
Frederik beschloss, dem Grafen zur Hilfe zu eilen, der anscheinend nicht gegen den gerechten Zorn seiner Tochter ankam. Mit einem leichten Räuspern machte er seine Anwesenheit bemerkbar und trat ein. »Ihr solltet nicht so hart mit Eurem Vater sein, Mylady. Er braucht jetzt wohl eher die zärtliche Fürsorge einer liebenden Tochter, da der Schaden ja schon angerichtet ist«, sagte er mit einem Schmunzeln.
Der Graf lachte auf, wobei das Lachen wieder in einen Hustenkrampf überging. Elisabeth runzelte ihre Stirn, das gefiel ihr überhaupt nicht.
Doch der Graf schaute Frederik belustigt an. »Schön gesagt, mein lieber Frederik, wirklich schön gesagt. Aber ich merke gleich, dass Ihr noch keine Tochter oder Ehefrau habt, sonst würdet Ihr wissen, dass dies«, er wies auf Elisabeths aufgebrachtes Gesicht, »das Höchstmaß an zärtlicher Fürsorge ist, das man von dem schönen Geschlecht erwarten kann.«
»Aber nur, wenn die Herren der Schöpfung unseren Rat nicht beherzigen und sich somit alle Konsequenzen selber zuzuschreiben haben«, konterte Elisabeth.
»Seht Ihr, was ich meine, Frederik? Sie haben immer das letzte Wort.« Er blickte Elisabeth kurz an und sein Ton wurde sanfter. »Aber bei Gott, das ist es wert.«
»Ich hoffe einfach, dass es Euch bald wieder besser geht, Graf«, sagte Frederik, da er darauf nichts zu erwidern wusste.
»Bestimmt. Wenn Elisabeth mich dazu bekommt, auch nur die Hälfte von dem zu trinken, was sie mir unterjubeln möchte, bin ich in einzwei Tagen wie neugeboren. Doch ich fürchte, heute Abend werdet Ihr auf meine Gesellschaft bei dem Fest leider verzichten müssen.«
»Aber Vater, wenn Ihr nicht geht, bleibe ich selbstverständlich bei Euch. Ich bin sicher der Earl würde sich auch ohne mich prächtig amüsieren. Er wird bestimmt einige Bekannte vom Hof treffen. Ich kann Euch doch nicht in diesem Zustand allein lassen.«
»Unsinn, bei einem Haus voller Diener bin ich wohl kaum allein. Außerdem, so krank bin ich nun auch wieder nicht.« Er tätschelte Elisabeths Arm. »Ich weiß doch, wie sehr du dich darauf gefreut hast, du kommst
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