Dunkles Feuer
ein denkendes Wesen war und nicht nur die Tochter des Grafen. Und was konnte schon so falsch daran sein, einen Freund zum Reden zu haben?
Sie beendeten den Spaziergang schweigend. Keinem der beiden war nach belangloser Konversation zumute, und ernstere Themen schienen tabu zu sein. Bevor Elisabeth sich jedoch von Frederik verabschiedete, fiel ihr noch etwas ein.
»Ihr hattet den Mangel an gesellschaftlicher Aktivität beklagt, Earl.«
Es freute ihn, eine Andeutung von Humor in ihrer Stimme zu hören. Aus Angst, diesen wieder zu verjagen, hob er nur fragend die Brauen.
»Wie ich sehe, widersprecht Ihr mir nicht. Wie auch immer, glücklicherweise kann ich dem abhelfen. Lord Winston, einer unserer Nachbarn, hat uns am Samstagabend zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen. Ich hoffe, Ihr habt noch keine anderweitigen Verabredungen an diesem Abend, Earl?«
»Mit Sicherheit nicht, Mylady. Ich würde Euch äußerst gerne zu diesem Fest begleiten.«
Mit einem Knicks verabschiedete Elisabeth sich. Beim Weggehen rief sie noch über die Schulter: »Dann werdet Ihr ja endlich sehen, wie so ein Dorffest aussieht.« Als sie seinen verdutzten Gesichtsausdruck sah, lachte sie schallend und lief ins Haus.
Ein leises Trommeln weckte Elisabeth. Sie schlug die Augen auf. Dämmeriges Licht fiel durch das Fenster in ihr Schlafzimmer. Sie räkelte sich genüsslich, es schien noch recht früh zu sein, noch nicht ganz hell. Normalerweise wurde sie immer durch die ersten Strahlen der Morgensonne auf ihrem Gesicht geweckt. Sie wollte sich gerade auf die Seite drehen, um noch einige Momente länger an der angenehmen Schläfrigkeit festzuhalten. Doch ihr langsam erwachender Verstand fragte sich plötzlich, was das für ein Trommeln war, das sie an der Schwelle zwischen Traum und Wirklichkeit vernommen hatte. Plötzlich wusste sie es.
Elisabeth sprang auf und lief barfuss zum Fenster. Es regnete! Der Himmel war ganz mit bleiernen Wolken bedeckt, und endlich fiel Regen auf die trockene, durstige Erde.
Dieser freudigen Erkenntnis folgte blitzschnell eine andere. Es war bereits viel später, als sie angenommen hatte, die Dunkelheit war auf die Regenwolken und nicht auf die frühe Stunde zurückzuführen.
Sie spürte, wie ihr die Schamröte ins Gesicht schoss, sie hatte verschlafen! Etwas, das ihr schon seit Jahren nicht mehr passiert war, und das ausgerechnet, als sie einen Gast im Haus hatten. Sie stellte sich vor, wie ihr Vater und Frederik im Salon darauf warteten, dass sie endlich zum Frühstück erschien.
Elisabeth beeilte sich, sich fertig zu machen.
Als sie die Treppe hinunter hastete, erlaubte sich Frederik, der am Fenster stand, ein leichtes Lächeln, war aber zu höflich, um irgendetwas zu sagen. Ihr liebender Vater hatte diesbezüglich weniger Feingefühl. »Ah, da bist du ja, Liebes. Geht es dir gut? Der Earl und ich haben uns schon Sorgen um dich gemacht. Noch einige Minuten länger und ich hätte nach deiner Zofe geschickt.«
»Es geht mir gut, danke, Vater. Und ich bin froh, dass Ihr nicht nach meiner Zofe geschickt habt, ich habe dem Mädchen heute frei gegeben.«
»Ja, ja, ich weiß, Elisabeth. Du bist zu gut zu diesem jungen Ding, sie hat auch so fast gar nichts zu tun, so oft, wie du ihre Dienste in Anspruch nimmst.«
Verlegen blickte Elisabeth Frederik an, der ganz versunken in die verregnete Landschaft schien, aber trotzdem das kleine amüsierte Lächeln nicht verbergen konnte.
»Ich glaube nicht, dass wir das jetzt erläutern sollten«, flüsterte sie ihrem Vater zu, während sie seinen Arm nahm. »Wir sollten jetzt lieber zum Frühstück gehen.«
Nach dem Frühstück wartete Frederik, bis Elisabeth den Dienstboten die Anweisungen für den Tag erteilt hatte. »Wie ich sehe, hat sich Euer Wunsch nun doch endlich erfüllt, Mylady.«
»Welchen Wunsch meint Ihr, Earl?«
»Den Regen, natürlich. Oder ist Euch die kleine Wetteränderung noch nicht aufgefallen?«
»Oh ja. Es ist eine wirkliche Erleichterung, dass die Regenfälle endlich einsetzen. Doch ich fürchte, dass es Euch deswegen nun bald doch zu langweilig hier bei uns wird.«
»Wieso denn?«
»Nun, keine Ausritte mehr, keine Spaziergänge im Park, wenigstens keine, die Vergnügen bereiten.«
»Ihr glaubt also, dass der Regen anhalten wird?«
»Ich hoffe es, Earl. Ich hoffe es sehr. Wenigstens für eine Weile.«
»Sehr schön. Dann müssen wir uns eben auf andere Weise beschäftigen. Wenn es der bezaubernden Lady Lerouge in all den Jahren hier nicht langweilig wurde, wie
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