Dunkles Geheimnis
Putztag. Doch dann fiel mir ein, dass Sonntag war. Sie musste das Saubermachen aufgeschoben haben, weil gestern Nachbarschaftsputz gewesen war.
Ich befürchtete, sie würde mich zwingen, trotz meines unbrauchbaren Arms mein Zimmer aufzuräumen. Darum schlüpfte ich so leise wie möglich ins Haus. Aber als ich meine Jacke auszog, musste ich Wuffs Leine loslassen, worauf sie sofort in die Küche rannte, die Leine im Schlepptau.
„Hallooo, Süße! Meine feine Wuffimaus. Hallo, hallo! Na so was, warst du draußen? Komm her, dann nehm ich dir die Leine ab. Kommeli komm!“
Mama und Papa übertönten einander mit albernen Begrüßungen. Ein Glück, dass ich keine Freunde dabeihatte!
Ich wollte mich schon nach oben verdrücken, als der schwarzgesprenkelte Wirbelwind in die Diele zurückgerast kam und mich umtanzte. Als wollte sie sagen, schau mal, jetzt wissen sie, dass wir daheim sind! Bin ich nicht tüchtig?
„Verräterin!“, flüsterte ich ihr zu.
Da blieb mein Blick an etwas Rotem haften.
Wuff hatte Blut am einen Hinterlauf.
Papa kam in die Diele, die Leinendose in der Hand.
„Da bist du ja! Gerade rechtzeitig zum Aufräumen!“
„Och!“
„Hab bloß Spaß gemacht. Solange du den Gips hast, bist du entschuldigt.“
„Der Arzt hat gemeint, zwanzig Jahre oder so.“
„Na klar!“
Dann sah er, dass ich mich über Wuff beugte, um das Blut abzuwischen.
„Ist sie läufig?“
„Scheint so.“
Ich zog ihr die Schutzhose an.
„Stella!“, rief Papa. „Wann war Wuff das letzte Mal läufig?”
„Ist noch nicht lange her“, rief Mama von oben herunter. „Warum fragst du?“
„Weil sie blutet“, antwortete ich.
Plötzlich stand Mama oben an der Treppe.
„Ist es viel?“
„Nein, ungefähr so, wie wenn sie läufig ist.“
Sie seufzte und schüttelte bekümmert den Kopf.
„Wir werden wohl einen Termin in der Tierklinik vereinbaren müssen.“
Ich sah Wuff an, die, munter wie schon lange nicht mehr, in ihrem schwarzen Höschen umherhüpfte.
„Vielleicht ist es nichts Ernstes, aber sicherheitshalber sollte man schon nachschauen lassen“, meinte Papa ebenfalls. „Na, und was hast du heute vor?“
Trübsal blasen, dachte ich.
Doch dann musste ich daran denken, was Linus gesagt hatte. Es gab viele, die es cool fanden, dass ich in einer Jungenmannschaft mitspielte.
Das verlieh mir wieder Mut und Kraft. Wenn Anton und seine Kumpanen fies sein konnten, dann konnte ich das auch sein.
Ich würde es ihnen zeigen! Und dafür brauchte ich die Unterstützung der Leute, die es gut fanden, dass ich in der Mannschaft war.
Ranjan, Mohammed, Johannes, Patrick.
Vor allem Alexander.
„Ich werd Alex besuchen“, beschloss ich.
Das war einfacher, als ihn zu mir einzuladen. Dann konnte ich gehen, wann ich wollte. Vor allem, falls er anfangen sollte, mich „Schatz“zu nennen und nach Ausreden zu suchen, um mir nicht helfen zu müssen.
Ich rief weder an noch simste ich. War er nicht zu Hause, konnte ich auch nichts machen, aber ich wollte keine Lügengeschichten hören, er habe zu tun, obwohl er mich in Wirklichkeit nicht treffen wollte.
Ich ging runter ins Zentrum von Vårsta und nahm die Abkürzung über den Hof der Malmsjöschule. Hoffentlich freute Alexander sich, wenn ich kam. Dann wüsste ich endlich sicher, dass der schmerzende Stachel in meinem Innern nur Einbildung gewesen war. Dass seine ausweichenden Blicke und einsilbigen Antworten nur Zufall waren. Dann würde alles wieder so werden wie vorher, als er stolz darauf war, mich in der Mannschaft dabeizuhaben, und glücklich, weil ich seine Freundin war.
Aber irgendetwas sagte mir, dass es nicht so kommen würde.
Seine Mutter öffnete mir die Tür in Jeans und einem kurzärmligen Hemd.
„Hat es dir auch gefallen auf der Party?“, fragte sie, nachdem sie mich zur Begrüßung umarmt hatte.
Party?
Das versetzte mir einen Stich.
Alexander war auf einer Party gewesen!
Ohne mich!
„Mhm.“
Sie holte Luft, um Alexander herzurufen, aber ich hinderte sie daran.
„Ich will ihn überraschen.“
Lachend verschwand sie in der Küche. Ich schlich nach oben.
Alexanders Tür war geschlossen. Ich klopfte und öffnete sie, ohne eine Antwort abzuwarten.
Er saß vor dem Computer am Schreibtisch und drehte sich irritiert um.
Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
Erstaunt starrte er mich an.
Er stand nicht auf und bat mich auch nicht hereinzukommen.
Zwischen uns lagen nur zwei Meter, aber mir kam es vor, als wären es
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