Dunkles Geheimnis
unerträglich. Wuff und ich, wir machten doch immer alles zusammen, essen, spazieren gehen und schlafen. Sie war immer an meiner Seite.
Wir durften sofort hereinkommen. Die Tierärztin drückte und tastete und fand schnell die Ursache für Wuffs Blutsturz.
„Sie hat einen Tumor im Unterleib.“
Ich wimmerte laut.
„Aber sie ist ein kräftiger Hund und in guter Verfassung“, beeilte sie sich hinzuzufügen. „Bestimmt wird sie eine Operation verkraften, aber …“
„Aber?“, fragte ich mit zittriger Stimme.
„Bei Tumoren kann man nie wissen. Er kann gestreut haben. Das merken wir erst während der Operation, und in so einem Fall müssen wir eine schnelle Entscheidung treffen …“
„Was bedeutet das?“, fragte Papa.
Die Tierärztin seufzte.
„Am schonendsten wäre es dann, sie endgültig einschlafen zu lassen, nachdem sie ohnehin schon auf dem Operationstisch liegt und schläft. Was sagen Sie dazu?“
Mamas Tränen strömten und ihre Lippen zitterten, als sie nickte.
„Mhm.“
Ich schluchzte laut.
„Wie … darf ich sie … dann gar nicht mehr treffen?“
„Schlimmstenfalls nicht. Für sie ist das am besten. Was meinst du?“
Die Tierärztin sah mich an und wartete geduldig auf meine Antwort.
Ich weinte so heftig, dass ich am ganzen Leib zitterte und streichelte Wuffs raues Fell. Sie sah mich mit ihren warmen braunen Augen an, hatte aber keine Kraft, meine Tränen wegzulecken.
Wuff nie mehr treffen zu dürfen …
„Ich kann nicht … ihr dürft nicht …“
Meine Stimme brach.
„Bitte, Svea“, sagte Mama mit bebender Stimme. „Nach der Operation wird sie schreckliche Schmerzen haben. Wenn man dann nichts mehr für sie tun kann, ist es am besten, sie darf einschlafen.“
Einschlafen.
Das heißt … sterben!
„Rufen Sie an … falls … bevor …“
Ich konnte es nicht laut aussprechen.
Bevor mein Hund sterben muss.
„Natürlich. Welche Nummer sollen wir anrufen?“
„Nehmen Sie meine“, sagte Mama und gab der Ärztin ihre Handynummer.
Ich wollte protestieren – rufen Sie lieber mich an – weinte aber zu sehr, um ein Wort herauszubringen.
„Wir melden uns auf jeden Fall.“
Die Tierärztin erklärte noch alles Mögliche, das ich nicht begriff, über Zeiten und Routinen, doch dann wandte sie sich wieder an mich.
„Du – Svea, heißt du doch? Du hast einen wunderschönen, kräftigen Hund. Du hast deine Wuff gut gepflegt. Wenn es ein begrenzter Tumor ist, wird alles sicher wieder gut.“
Ihre Stimme klang forsch und ermunternd.
Ich glaubte ihr nicht. Das sagte sie nur, damit ich nicht mehr weinte.
Ich hielt Wuff in den Armen, bis eine Schwester kam und sie abholte. Das machten sie immer so. Dann würde Wuff glauben, wir säßen immer noch draußen und würden auf sie warten.
Als die Schwester Wuff hinausführte und die Tür hinter ihnen zuschlug, brach ich zusammen. Ich sank auf den blutbefleckten Boden.
„Am besten, wir fahren jetzt nach Hause und versuchen zu schlafen“, sagte Mama sanft.
Sie hob mich mit Papas Hilfe auf. Meine Beine trugen mich nicht.
Sie mussten mich zwischen sich zum Auto hinausschleppen.
MITTWOCH
Ted versuchte Tea und Svea den ganzen Morgen telefonisch zu erreichen, aber beide hatten ihre Handys ausgeschaltet. Er versuchte es bis neun Uhr, dann musste er für das Vorstellungsgespräch zum Rektor.
Unruhe und Sorge blockierten jeden vernünftigen Gedanken in seinem Kopf. Er beantwortete die Fragen wie der letzte Volltrottel.
„In der Freizeit … ja, was mach ich da … äh, also, joggen.“
Sein Blick flackerte hin und her wie bei einem Kind, das beim Süßigkeitenklauen erwischt worden ist, und er schielte unentwegt auf die Uhr.
War Tea rechtzeitig losgefahren oder nicht?
Warum antwortete Svea nicht?
Der Rektor und der Personalchef verkürzten seine Qual. Schon nach zwanzig Minuten bedankten sie sich bei ihm dafür, dass er gekommen war und versprachen, später Bescheid zu geben.
Er nahm sich kaum Zeit, um sich zu verabschieden, rannte durch den Schulkorridor und stieß dabei mit einem Schüler zusammen. Von den Flüchen des Schülers verfolgt lief er weiter und trat vor dem Eingang mitten in eine Pfütze. Während seine rennenden Füße ihn zu seinem geparkten Auto trugen, gruben seine Hände schon in der Tasche nach dem Handy.
Immer noch keine Antwort.
Verdammt noch mal!
Warum antwortete sie nicht?
Und wo mochte Svea nur stecken?
Mit zitternder Hand drehte er den Zündschlüssel um, dann fuhr er mit aufheulenden
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