Dunkles Geheimnis
Reifen los.
Diesen Job konnte er vergessen!
Mist, Mist, Mist!
Aber vielleicht könnte er heute Abend anrufen und um eine neueChance bitten, erklären, dass er beunruhigt und unkonzentriert gewesen sei.
Jetzt schaffte er es nicht, noch länger daran zu denken.
Vor jeder Ampel trommelte er nervös aufs Lenkrad. Er hatte eine Autofahrt von fünf bis sechs Stunden vor sich.
Endlich auf der Schnellstraße angekommen, gab er Gas, brauste durch Wasserlachen und spritzte beim Überholen die anderen Autos voll. Er wechselte ständig die Spur, fuhr immer wieder über 160 und erwartete, jederzeit im Rückspiegel Blaulicht auftauchen zu sehen.
Ihm war übel. Eine von beiden müsste doch antworten. Wenigstens Svea, die versprochen hatte, ihm zu helfen.
Irgendetwas musste passiert sein.
Waren Nico und Liam vielleicht doch früher gekommen? Und sauer geworden?
Das Haus sollte leer sein, das hatte er versprochen.
Er hatte gesehen, wozu sie fähig waren, wenn es um jemanden ging, der sein Versprechen nicht hielt.
Ted brach der kalte Schweiß aus, als er sich Teas Angst vorstellte, wenn sie die fremden Stimmen hörte, zuerst draußen und dann drinnen im Haus.
Vielleicht war Svea auch dort! Sie wollte ja mit dem Fahrrad hinfahren, falls sie Tea nicht am Handy erreichte.
Hatten sie beide Mädchen geschnappt?
Warum antwortete niemand?
Was zum Teufel war passiert?
*
Meine Augen waren voller Sand, als ich sie aufschlug. Die Jalousie war heruntergelassen, ließ aber ein schwaches Licht herein. Ich sah die Umrisse meines Bücherregals, den Schreibtisch mit dem Computer.
Ganz automatisch streckte ich meine Hand über der Bettdecke aus. Statt auf raues Fell traf sie nur auf Luft.
Mein Gehirn suchte nach Erklärungen, bis die Erinnerung in meinem Kopf explodierte.
Wuff hatte einen Tumor!
Vielleicht war sie schon tot!
Ich streckte die Hand nach meinem Handy aus und schaltete es ein.
Fünf neue Anrufe und zwei SMS.
Die waren doch wohl nicht von der Tierklinik?
Nein, alle waren von Ted.
Im selben Moment fiel mir mein Versprechen ein. Ich hätte ja checken sollen, ob Tea rechtzeitig weggefahren war.
Doch darüber konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen.
Ich schaltete das Handy aus und sah auf die Uhr.
Zehn.
Die Tierärztin hatte Mamas Nummer, nicht meine. Außerdem würde Wuff erst um eins operiert werden, das hatte Mama mir gesagt, bevor ich ins Bett ging. Vor lauter Kummer und Tränen hatte ich das völlig vergessen.
Noch drei Stunden.
Wuff war stark, sie würde es schaffen.
Aber nur, wenn sich noch keine bösartigen Metastasen in ihrem Körper ausgebreitet hatten …
Denn dann hätte mein Hund nur noch drei Stunden zu leben.
Ganz allein, ohne mich.
Das ganze Zimmer schwankte, als ich mich allzu hastig aufrichtete, das Kissen an die Tür schleuderte und schrie.
Ich will meinen Hund wiederhaben!
„Svea?“
Mamas ängstliche Stimme vor der Tür. Warum stand sie vor der Tür? Hatte sie darauf gewartet, dass ich aufwache?
„Haben sie angerufen?“, schrie ich voller Panik.
Mama öffnete die Tür. Ihr Gesicht war blass, aber sie wirkte ruhig und beherrscht.
„Es dauert noch, bis sie sich melden. Frühestens in drei Stunden. Hast du ein bisschen schlafen können?“
„Mhm“, murmelte ich.
Ich hatte geweint, bis ich in einen angstvollen Dämmerschlaf versunken war, erfüllt von unruhigen Träumen.
Als ich mich an einen davon erinnerte, stiegen mir Tränen in die Augen.
„Ich hab von Wuff geträumt. Sie ist in einen dunklen Wald davongelaufen, obwohl ich hinter ihr her schrie, sie solle stehen bleiben. Schließlich hat sie gehorcht, dann hat sie mich angesehen … als ob … als ob sie sich verabschieden würde …“
Die Tränen steckten mir wie ein schmerzender Kloß im Hals, aber ich fuhr fort:
„… und dann drehte sie sich um und ging ruhig weiter in den schwarzen Wald hinein. Ich versuchte zu rufen und zu rennen, brachte aber keinen Ton heraus und kam nicht vom Fleck. Und dann … ist sie … in der Dunkelheit verschwunden …“
Tief aus meinem Hals stieg ein Schluchzen herauf, jetzt ließen sich die Tränen nicht mehr zurückhalten.
„Meine Kleine“, sagte Mama.
Ich weiß nicht, ob sie mich meinte oder Wuff.
Sie kam zu mir her und hielt mich in den Armen, während ich von Tränen geschüttelt wurde. Ihre Finger strichen mir leicht übers Haar. Genau so hat sie Wuff immer gestreichelt, dachte ich und weinte noch lauter.
„Willst du frühstücken?“, fragte Mama, als der
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