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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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Nähe des Hauses seines Wohltäters einen Zuckerstand errichten zu dürfen, um beständig sein - das heißt mein - erhabenes Antlitz vor Augen zu haben und zu sehen, wie ich komme und gehe und die Welt erleuchte. Ich gewährte ihm gnädigst die Bitte und er ging von hinnen, den Kopf zwischen den Knien.
    Vom untersten Ende meines Gartens senkte sich, gekrönt von dichtem Gestrüpp, ein Abhang zur Straße hinab. Ein kurzer Fahrweg führt an dem Gebüsch vorbei von meinem Hause zum Korso. Am nächsten Tag sah ich, daß Naboth sich am Fuße des Abhanges hingesetzt hatte - mitten hinein in den Staub der Straße und in die volle Glut der Sonne, mit einem schmächtigen Korb schmieriger Süßigkeiten vor sich; er hatte offensichtlich mit meiner großmütigen Gabe als Betriebskapital wieder ein Geschäft angefangen. Ich war gewissermaßen der Schöpfer dieses Paradieses. Bei Anbeginn war die Erde ringsum wüst und leer gewesen, dann zeigten sich die Uranfänge in schwachen Umrissen: Naboth, ein Körbchen, grauer Staub und Sonnenschein, das war, ehe die Anzapfung meines Reiches anhub.
    Am nächsten Tage bereits hatte sich Naboth näher an mein Gestrüpp herangepürscht, nannte ein Palmenblatt sein eigen und wedelte damit die Fliegen von seinen Süßigkeiten weg, woraus ich schloß, daß er ein gutes Geschäft gemacht haben mußte.
    Vier Tage später bemerkte ich, daß er sich und seinen Korb bis in den Schatten des Gebüsches hinaufgezogen und ein isabellfarbenes Tuch als Baldachin zwischen den Ästen befestigt hatte, um von der Sonnenhitze nicht belästigt zu werden. Sein Korb enthielt eine große Auswahl Zuckerwerk. Der Handel scheint zu blühen, dachte ich bei mir.
    Sieben Wochen später erwarb die Regierung ein Stück Land ganz in der Nähe, um ein Gerichtsgebäude darauf errichten zu lassen. Etwa vierhundert Kulis wurden zur Aushebung des Grundes eingestellt. Naboth kaufte sich ein blau- und weißgestreiftes Tuch, einen messingnen Lampenständer und einen kleinen Jungen, um der geschäftlichen Flutwelle, die stündlich wuchs, begegnen zu können.
    Wieder fünf Tage später hatte er sich ein riesiges, dickbäuchiges, rotrückiges Buch angeschafft und dazu ein gläsernes Tintenfaß - was mir verriet, daß die Kulis auf dem besten Wege waren, seine Schuldner zu werden, und daß sich das Geschäft bereits dem legitimen Bankfach zubewegte. Auch sah ich, daß sich der eine Korb in drei verwandelt hatte, Naboth in das Gestrüpp eingedrungen war und dort eine niedliche Lichtung behufs gebührender Entfaltung des Warenvorrats, des Jungen und der Buchhaltung ausgehauen hatte.
    Nach zwölf weiteren Tagen stand eine Art Feldküche aus Lehm in der Lichtung und das rotrückige Hauptbuch machte einen hochträchtigen Eindruck. Er versicherte mir, Gott habe nur wenige Engländer meiner Art erschaffen und ich sei fraglos eine Verkörperung aller menschlichen Tugenden. Als Opfergabe spendete er mir ein wenig von seinem Zuckerzeug, und durch dessen Annahme setzte ich ihn sozusagen zum Vasallen im Bereich meines Schutzgebietes ein.
    Abermals drei Wochen und ich bemerkte, daß der Junge täglich für seinen Herrn ein warmes Mittagessen bereitete und Naboth selbst sich einen Spitzbauch anzulegen gedachte. Er hatte ein weiteres Stück meines Gebüsches »urbar« gemacht und sich ein zweites, noch dickeres Kontobuch angeschafft.
    Elf Wochen darauf hatte er sich beinahe durch das ganze Buschwerk durchgehauen, und eine Schilfrohrhütte mit einem Bett davor verschönte die Ansiedlung. Zwei Hunde und ein Baby schliefen auf dem Bett, woraus ich schloß, daß Naboth eine Gattin heimgeführt hatte. Er gab es ohne weiteres zu und sagte, er habe den Schritt getan in der Voraussetzung, daß es meine Gnade noch gestatten würde, zumal ich unendlich edler sei, als Krischna selbst. Nach Verlauf von sechs Wochen und zwei Tagen war eine Lehmmauer hinter der Hütte entstanden; Hühner liefen davor umher und es stank ein wenig. Der Munizipalsekretär stellte fest, daß sich infolge dieser Bautätigkeit bereits eine Senkgrube von Abwässern auf der Straße vor meinem Besitztum zu bilden begänne, die ich unbedingt beseitigen lassen müßte. Ich sprach mit Naboth. Er sagte, ich sei unumschränkter Gebieter über alle seine irdischen Güter und der Garten mein ausschließliches Eigentum. Als Huldigung und Opfergabe sandte er mir wieder einiges Zuckerwerk, eingewickelt in einen gebrauchten Wischlappen.
    Zwei Monate später begab es sich, daß ein Kuli bei einer

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