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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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Schaffner der Großen Reichseisenbahn an, ihr ihre Kinder nicht zu entführen. Am Morgen kam die Sonne und brannte auf sie nieder, wie sie barhaupt dahinwanderte; da verkroch sie sich in die kühlen, Halme des Korns und kam nie mehr zurück; Ephraim und Hyem Benjamin suchten sie vergebens zwei Nächte lang.
    Der Ausdruck staunender Verwunderung, der beständig auf Ephraims Gesicht lag, vertiefte sich noch, aber er hatte eine Erklärung für das Vorgefallene: »Unser sind so wenige und des Volkes in der Stadt so viele«, sagte er; »kann sein, daß unser Gott uns vergessen hat.«
    In dem Haus am Rande der Stadt murrte das greise Ehepaar, Jackrael Israel und Hester, daß sich niemand um sie kümmere und Miriam ihrem Stamme untreu geworden sei. Ephraim ging umher und kassierte Rechnungen ein und abends rauchte er zusammen mit Hyem Benjamin, bis Hyem Benjamin in einer Dämmerungsstunde starb, nachdem er alle seine Schulden an Ephraim beglichen hatte. Jackrael Israel und Hester saßen da ganz allein in dem leeren Haus den ganzen Tag und, wenn Ephraim heimkam, vergossen sie die Tränen, die so leicht in die Augen alter Leute treten, und weinten sich in den Schlaf hinein.
    Eine Woche später sah ich Ephraim, unter einer Last von Lumpen und Kochgeschirr, zur Bahnstation wanken; er führte die beiden Alten durch das Getümmel, - sie wimmerten vor Angst und Verwirrung.
    »Wir gehen nach Kalkutta«, suchte er Hester zu beruhigen, die sich in ihrer Furcht fest an seinen Ärmel geklammert hatte, »dort sind mehr von unserm Volk und hier steht mein Haus verödet.«
    Er half der Greisin in das Kupee, wandte sich um zu mir und sagte: »Priester der Synagoge hätte ich sein können, wären unser nur zehn gewesen. Sicherlich: unser Gott hat uns vergessen.«
    Der Rest der winzigen Kolonie fuhr hinaus aus der Station dem Süden zu. Der Schalterbeamte, über seine Akten im Buchungsraum gebeugt, mußte wohl die letzten Worte Ephraims gehört haben, denn er summte zerstreut den Kehrreim eines Couplets vor sich hin: »Die zehn kleinen - die zehn kleinen Niggerbuben.«
    Es klang fast so feierlich wie ein Totenmarsch.
    Das war der Grabgesang für die Juden in Shushan.

Serang Pambés Harren und Hoffen
    Faßt man alle Einzelheiten des Falles ins Auge, so drängt sich einem die Überzeugung auf: Pambé, der Serang, konnte nur so und nicht anders handeln. Freilich: er wurde dafür so lange am Halse aufgehängt, bis er starb; aber Nurkeed ist tot!
    Vor drei Jahren, als der Elsaß-Lothringer Dampfer »Saarbrücken« bei geradezu fürchterlich heißem Wetter Kohlen in Aden einnahm, erbat sich Nurkeed, der große, dicke Sansibar-Heizer, der den ungeheuren Kessel rechts unten, dreißig Fuß unter dem Deck, bediente, Urlaub, um ein wenig an Land zu gehen. Als nüchterner »Sidi-boy« - so heißen die Heizer - verließ er das Schiff, aber zurück kam er als Vollblut-Sultan von Sansibar - als Seine Hoheit Sayyid Burgash, mit einer Flasche in jeder Hand. Dann fläzte er sich auf das Lukengitter des Vorderdecks hin, fraß Salzfisch mit Zwiebel und sang die Lieder eines fernen Landes dazu. Eigentlich gehörte das Mahl Pambé, dem Serang oder Oberhaupt der indischen Matrosen, der es soeben erst für sich selbst gekocht hatte und nur einen Augenblick weggegangen war, um sich das nötige Salz dazu auszuborgen. Als er zurückkehrte, war es zu spät: Nurkeeds schmutzige Finger steckten bereits in der Schüssel!
    Ein Serang ist ein Würdenträger, verglichen mit einem Heizer, obgleich er schlechter bezahlt wird. Er leitet den Chor: »Hya! Hulla! Hi-ah! Heh!«, wenn die Gig des Kapitäns an den Davits an Deck gezogen wird; er handhabt sogar das Tieflot! Zuweilen, wenn an Bord nichts zu tun ist, zieht er schneeweißes Musselin an und eine große rote Schärpe und spielt mit den Kindern der Passagiere auf dem Quarterdeck. Dafür bekommt er Trinkgelder, die er sorgfältig zusammenspart für eine Orgie in Bombay oder Kalkutta oder Pulu Penang. »Ho! Du schwarzes dickes Ofenrohr, du frißt ja mein Essen!« sagte Pambé in dem gewissen Lingua-Franca-Jargon, der dort beginnt, wo die Levantesprache aufhört, um dann vorzuherrschen, von Port Said angefangen ostwärts, bis der Osten zum Westen wird und die Seglerbriggs der Kurileninseln mit den verstreuten Hakodate-Dschunken schwätzen.
    »Sohn des Iblis, Affenschnauze, vertrocknete Haifischleber, Schweinekerl, - ich bin der Sultan Sayyid Burgash und Oberbefehlshaber an Bord! - Da hast du deinen Dreck wieder!« schrie

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